Hast du gut zugeschaut, Nico?: Mats Hummels labert nicht, er liefert

08.05.2024, 07:15 Uhr

Mats Hummels liefert Nico Schlotterbeck Anschauungsunterricht.

(Foto: IMAGO/Ulrich Hufnagel)

Es war der perfekte Zeitpunkt für eine sportliche Demonstration: Mats Hummels köpft Borussia Dortmund ins Finale der Champions League. Er hatte es ja auch angekündigt: Ich zeige, wie Offensivkopfball geht. Beeindruckend!

Mats Hummels labert nicht - er liefert: Die Champions-League-Sensation von Borussia Dortmund hat ganz viel mit dem Routinier zu tun, der im Rückspiel nicht nur gewohnt heldengrätschig durch den Prinzenpark ackerte, sondern PSG mit seinem Kopfballtreffer in der 50. Minute auch noch persönlich den Todesstoß verpasste.

An der Seite von Nico Schlotterbeck brach Hummels in der Innenverteidigung die Wucht all der Wellen, die das mit Hunderten katarischen Öl-Millionen hochgerüstete Fußball-Unternehmen aus der französischen Hauptstadt aufs Dortmunder Tor schicken wollte. Die Pariser wollten das nächste Desaster - als nichts anderes wird ein vorzeitiges Scheitern in der Champions League angesichts des immensen Aufwands der Geldgeber vom Golf begriffen - mit großer Kraft vermeiden. Doch Superstar Kylian Mbappé prallte an der Dortmunder Wand ab und notfalls zerschellten die Bemühungen PSGs an Pfosten oder Latte.

Noch vor dem Spiel hatte Routinier Hummels von seinem elf Jahre jüngeren Kollegen geschwärmt: "Wenn er für die EM nominiert wird, würde ich mich für ihn genauso wie für mich freuen. Er kommt in der Gesamtwahrnehmung sowieso oft zu schlecht weg. Nico ist ein großartiger Typ, der die richtige Einstellung hat und ein Anführer geworden ist. An ihm wird Fußball-Deutschland noch viel Spaß haben", sagte der Weltmeister von 2014 über den 24-jährigen Schlotterbeck. Und dann schob Hummels noch nach: "Wenn er jetzt mit mir noch Offensivkopfball trainiert, bin ich vollends zufrieden." Es war - so könnte es im Rückblick fast scheinen - die Ankündigung einer sportlichen Demonstration.

Denn dann kam eben diese 50. Minute von Paris, in der Hummels mal wieder eine Masterclass in Sachen Offensivkopfball gab: Ein bisschen Platz hatte sich Hummels nach einer Ecke von Julian Brandt im Rücken von PSG-Verteidiger Beraldo verschafft, stieg hoch - und machte sich unbedrängt mit einem perfekt platzierten Kopfball zum ältesten deutschen Torschützen in einem K.-o.-Spiel in der Champions League. "Jule hat mir den schön auf den Kopf serviert", lobte Hummels. "Den nehmen wir natürlich gerne mit. Ich habe nicht viele Tore in der Champions League geschossen. Ich glaube fünf. Ein guter Zeitpunkt, etwas aufzustocken." Nico Schlotterbeck, der junge Kollege mit dem Nachholbedarf in Sachen Offensivkopfball, stand bei Hummels Kopfstoß wenige Zentimeter entfernt in der Luft und war nach der Landung einer der ersten Gratulanten.

"Wir haben vorher thematisiert, dass solche Spiele durch die Standardsituationen geöffnet oder sogar entschieden werden. Mats hat das herausragend gut gemacht", lobte Trainer Edin Terzić seinen Verteidiger, der schon 2013 dabei war, als der BVB zum bisher letzten Mal im Champions-League-Endspiel stand. Und der unmittelbar vor dem Bayern-Siegtor durch Arjen Robben in der 89. Minute haarscharf am Ball vorbeigegrätscht war.

Gemeinsam bringen Schlotterbeck und Hummels nun auch Julian Nagelsmann womöglich in Erklärungsnot: Der Bundestrainer hatte die beiden Dortmunder zuletzt nicht auf dem Zettel. Fehlen die beiden, wenn Nagelsmann am 16. Mai seinen EM-Kader verkündet, wird sich der Bundestrainer Fragen gefallen lassen müssen, warum er nicht auf das Duo setzt, das in 180 Minuten kein Tor gegen den WM-Torschützenkönig Mbappé zugelassen hat - und nun tatsächlich um den Henkelpott spielt.