Attentat in der Slowakei: Was über den Angriff auf Robert Fico ...

16 Mai 2024

Der slowakische Regierungschef ist von einem Mann niedergeschossen worden. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. Was über das Attentat und die Folgen bekannt ist.

Robert Fico - Figure 1
Foto ZEIT ONLINE

16. Mai 2024, 3:55 Uhr

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Leibwächter bringen den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico nach dem Attentat in einem Auto vom Ort des Geschehens in Sicherheit. © Radovan Stoklasa/​dpa

In der zentralslowakischen Stadt Handlová sind nach einer Kabinettssitzung mehrere Schüsse auf den slowakischen Regierungschef Robert Fico abgefeuert worden. Der 59-Jährige erlitt schwere Verletzungen. Der mutmaßliche Täter wurde nach Polizeiangaben festgenommen. Ein Überblick zu dem Attentat:

Alle Fragen im Überblick: Was ist in Handlová passiert? Was wissen wir über die Hintergründe? Wie ist der gesundheitliche Zustand von Premierminister Robert Fico? Was ist über den mutmaßlichen Attentäter bekannt? Wie reagierten Mitglieder der Regierung? Welche politischen Positionen vertritt Robert Fico?
Was ist in Handlová passiert?

Das slowakische Kabinett tagte am Mittwochnachmittag in der Bergbaustadt Handlová. Beim Verlassen des Kulturhauses, in dem die Sitzung stattfand, wollte Premierminister Robert Fico gegen 14.30 Uhr Anhänger begrüßen und Hände von Passanten schütteln. Dabei wurden die Schüsse auf den Politiker abgefeuert. Das Lokalfernsehen RTV Prievidza veröffentlichte ein Video vom Tathergang: Zu sehen ist, wie sich ein Mann an den Zaun drängt und aus unmittelbarer Nähe auf den Regierungschef schießt. Begleiter brachten den verletzten Politiker in seiner Dienstlimousine in Sicherheit. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen. 

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Was wissen wir über die Hintergründe?

Die slowakische Regierung werte den Anschlag als einen Angriff auf die Demokratie und den Staat. Innenminister Matúš Šutaj-Eštok sprach von "einem klaren politischen Motiv" hinter dem Attentat. Auch Verteidigungsminister Robert Kaliňák, sagte, es gebe keinen Zweifel daran, dass der Attentäter aus politischen Gründen handelte.

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Wie ist der gesundheitliche Zustand von Premierminister Robert Fico?

Fico wurde von den Schüssen Medienberichten zufolge im Unterleib getroffen und zunächst in die Abteilung für Gefäßchirurgie des Krankenhauses von Handlová gebracht. Später wurde er mit einem Hubschrauber in die Klinik in der nahe gelegenen Stadt Banská Bystrica geflogen, da der Weg in die Hauptstadt Bratislava in Anbetracht der lebensgefährlichen Verletzungen zu lange gedauert hätte. Nach einer mehrstündigen Operation war Fico in den Morgenstunden laut slowakischen Medien wieder bei Bewusstsein. Nach Einschätzung von Ficos Stellvertreter Tomáš Taraba wird der Ministerpräsident das Attentat überleben. Taraba sagte dem britischen Sender BBC, die Operation sei gut verlaufen, Fico sei nicht in Lebensgefahr.

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Was ist über den mutmaßlichen Attentäter bekannt?

Bei dem mutmaßlichen Schützen handelt es sich laut Innenminister Šutaj-Eštok um einen 71-jährigen Schriftsteller aus dem Zentrum der Slowakei. Lokale Medien berichteten, er sei ein ehemaliger Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes. Der Mann stammt demnach aus der Stadt Levice, die etwa 80 Kilometer südlich von Handlová und rund 150 Kilometer östlich von Bratislava liegt. Er soll dort auch Gründer eines Literaturclubs sein. Den Berichten zufolge ist er zudem Mitglied der offiziellen slowakischen Schriftstellervereinigung. Die Autorenvereinigung schrieb auf Facebook, sollte sich der Verdacht bestätigen, werde die Mitgliedschaft "dieser abscheulichen Person" aufgekündigt. 

Recherchen der Nachrichtenagentur AFP zufolge veröffentlichte der Mann mehrfach politische Statements in Onlinenetzwerken. Vor acht Jahren schrieb er dort, die Welt sei "voller Gewalt und Waffen" und die Menschen schienen "verrückt zu werden". Er selbst habe eine "Bewegung gegen Gewalt" gegründet. Der Sohn des 71-Jährigen sagte dem slowakischen Nachrichtenportal aktuality.sk, sein Vater besitze legal eine Waffe. Medien berichteten, dass die Frau des mutmaßlichen Schützen von der Polizei verhört wurde.

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Wie reagierten Mitglieder der Regierung?

Innenminister Šutaj-Eštok rief nach dem Attentat zur Mäßigung auf. Es sei nun die gemeinsame Aufgabe aller in der Slowakei, die Verbreitung politischen Hasses sofort zu beenden. Auch die ehemalige Staatspräsidentin Zuzana Čaputová sprach von einem Angriff auf die Demokratie. "Jegliche Gewalt ist inakzeptabel. Die hasserfüllte Rhetorik, derer wir in der Gesellschaft Zeuge geworden sind, führt zu hasserfüllten Aktionen. Bitte, lasst uns damit aufhören." Die liberale Čaputová hatte sich trotz großer Beliebtheit nicht um eine zweite Amtszeit beworben, weil sie nach eigenen Worten "nach Jahren politischer Krisen und mehreren Regierungswechseln nicht mehr die Kraft" habe.  

Šutaj-Eštok kündigte verstärkten Polizeischutz für Politikerinnen und Politiker sowie für Journalisten an. Er rief Medien, Politiker aller Lager und die Öffentlichkeit auf, mit der "Hetze gegen politische Gegner in sozialen Medien" aufzuhören. Der liberale Oppositionsführer Michal Šimečka vertagte alle geplanten politischen Aktionen für unbestimmte Zeit. Auch eine für den gleichen Abend geplante Demonstration gegen die Regierung in Bratislava wurde abgesagt.

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Welche politischen Positionen vertritt Robert Fico?

Der 59-jährige Fico ist Mitglied der sozialdemokratischen Smer-Partei und hat die Außenpolitik des Nato-Mitglieds in den vergangenen Jahren prorussischer ausgerichtet. In Europa ist Fico wegen oft überspitzter Formulierungen zur Ukraine- und Russland-Politik der EU umstritten. Im Wahlkampf im Herbst 2023 sagte Fico, er wolle "keine Patrone" mehr an Waffen an die Ukraine liefern. Tatsächlich aber hat die Slowakei seit seiner Rückkehr an die Regierung im Oktober alle EU-Sanktionen gegen Russland mitgetragen und auch allen EU-Hilfen für die Ukraine zugestimmt. Fico hat mehrfach kritisiert, dass einige Sanktionen gegen Russland der von russischem Gas, Öl und Uran abhängigen Slowakei mehr schaden als Russland selbst. Er verlangt Sanktionen, die Russland empfindlicher treffen.

Ein Vertrauter von Fico, der regierungsnahe Parlamentspräsident Peter Pellegrini gewann Anfang April die Präsidentschaftswahl in der Slowakei. Gegen einen von Fico geplanten Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems wird seit Monaten demonstriert. Eine geplante Lockerung der Antikorruptionsgesetze wird ebenfalls kritisiert. Für Empörung sorgten zudem Äußerungen, mit denen Fico die Souveränität der Ukraine infrage stellte. Das Klima zwischen Regierung und Opposition gilt als vergiftet.

Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters

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