Gefahrstoff ausgetreten: Singener Innenstadt vorsorglich evakuiert

16 Mai 2024
Singen

Nach einem Gasalarm ist die Innenstadt von Singen am Donnerstag vorsorglich evakuiert worden. Am Abend hat die Polizei mitgeteilt, dass es sich jedoch nicht um Kampf- oder Gefahrstoff handelt.

In Singen (Kreis Konstanz) ist der Innenstadtbereich wegen eines Großeinsatzes von Feuerwehr, Polizei und anderen Einsatzkräften großräumig evakuiert worden. Offenbar ist dort ein bislang unbekannter Stoff ausgetreten. Um welchen es sich handelt, ist noch nicht vollständig geklärt. Doch die Polizei gab mittlerweile bekannt, dass es sich um keinen Kampf- oder Gefahrstoff handelt.

Die Polizei hatte am Nachmittag von einer unklaren Gefahrenlage gesprochen. Auch am Abend blieb der unmittelbare Gefahrenbereich im Bereich des Bahnhofs südlich der Ekkehardstraße nach wie vor gesperrt. Die Ekkehardstraße selbst wurde wieder für den Verkehr frei gegeben.

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Ein Polizeisprecher sprach von einer "niedrigen einstelligen Zahl" an Verletzten, genauere Angaben gab es zunächst nicht. Die Verletzten erlitten demnach Reizungen von Augen und Atemwegen, es gehe ihnen laut Polizei den Umständen entsprechend gut. Rund 20 weitere Menschen seien möglicherweise kontaminiert, hätten also Beschwerden, seien aber nicht verletzt. Vor Ort wurden den Angaben zufolge Einheiten zur Dekontamination und Behandlungsplätze eingerichtet, um die Betroffenen gegebenenfalls zu versorgen.

SWR-Reporter Thomas Wagner berichtet live aus Singen:

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Komplettes Einkaufszentrum evakuiert

Laut Polizei meldeten Anwohner gegen 13 Uhr Gasgeruch aus einer Tiefgarage. Bei einer ersten Überprüfung durch die Feuerwehr sei der Austritt eines unbekannten Gefahrstoffes festgestellt worden. Um eine Gefahr für die Bevölkerung auszuschließen, sei die Innenstadt daraufhin geräumt und abgesperrt worden, so die Polizei am Nachmittag. Teilweise seien Gebäude evakuiert worden, darunter das gesamte Einkaufszentrum CANO. 150 Menschen wurden nach dem Gasalarm aus der Innenstadt in die Stadthalle gebracht. Am Abend verließen die ersten die Halle offenbar wieder.

Den Angaben zufolge geht von dem ausgetretenen Stoff eine gesundheitsbelastende Wirkung aus. Dies hätten erste Messungen der Feuerwehr ergeben. Medienberichte, wonach es sich bei dem Stoff um das Nervengift Tabun handeln soll, bestätigte die Polizei bislang nicht.

Kampfstoff-Fachleute nach Singen unterwegs

Wie der SWR aus Sicherheitskreisen erfuhr, sind Kampfstoff-Experten aus Mannheim mit dem Helikopter unterwegs nach Singen, um das Gas zu untersuchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es der Nervenkampfstoff Tabun ist, sei relativ gering, hieß es. Die Kontamination mit Tabun sei nach einer halben Stunde tödlich. In Singen gebe es aber "nur" Atemwegsreizungen. Es könne allenfalls sein, dass es eine ganz geringe Dosis sei.

Zusammenhang mit Reizstoff-Attacke auf Kanzlei?

Anwohnerinnen und Anwohner wurden via Warn-App aufgefordert, Fenster und Türen zu schließen sowie Lüftungs- und Klimaanlagen abzuschalten. Geraten wurde per App auch, die Innenstadt zu meiden. In der Gefahrenmeldung um 14:36 Uhr war von einem "Gefahrgutunfall" die Rede. Die Feuerwehr sei dabei herauszufinden, um was für ein Gas oder Stoff es sich handelt, sagte ein Polizeisprecher in Singen. "So lange bleiben die Einsatzmaßnahmen aufrecht." Unter anderem waren Rettungssanitäter in Schutzanzügen zu sehen.  

SWR-Reporter Dirk Polzin über die Lage am Donnerstagnachmittag:

Die Ermittler prüfen, ob ein Zusammenhang mit einem Reizgas-Vorfall in einer Anwaltskanzlei am Vormittag besteht. Laut Polizei betraten gegen 10:40 Uhr zwei vermummte Täter die Kanzlei und versprühten dort ebenfalls einen noch nicht identifizierten Reizstoff. Anschließend flüchteten die beiden Männer. Im Rahmen der sofortigen Fahndung sei ein Tatverdächtiger festgenommen worden, so die Polizei. Über die Person machte sie bislang keine Angaben.

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