ESC: Generalprobe ohne den Niederländer Joost Klein

Joost Klein

Es hat Tradition, dass nach jedem Halbfinale und auch nach dem Finale beim Eurovision Song Contest (ESC) die Sieger eine Pressekonferenz geben. Meist findet sie spät in der Nacht statt. So auch am frühen Freitagmorgen, als die zehn qualifizierten Finalisten von der Presse befragt wurden. Ein polnischer Journalist stellte eine besonders perfide Frage an die Israelin Eden Golan: „Eine persönliche Frage, haben Sie nie darüber nachgedacht, dass Sie die anderen Künstler hier durch ihre Anwesenheit in der Öffentlichkeit gefährden?“

Damit spielte er auf die Boykottaufrufe gegen Israel an, die Proteste, die am Donnerstag bei einer Großdemonstration in Malmö ihren bisherigen Höhepunkt fanden. Gefordert wurde ein Ausschluss Israels vom Eurovision Song Contest. Etliche Künstler waren für ihre Teilnahme mit Hass und Hetze in sozialen Medien überschüttet worden, die erst zwanzigjährige Eden Golan hatte sogar Morddrohungen bekommen und hatte sich deshalb weitestgehend in ihrem Hotel versteckt. Auch andere Künstler waren gewarnt worden, sich nicht allein in die Öffentlichkeit zu begeben.

Eden Golan zögerte kurz, ihr Delegationsleiter sagte dann laut, dass sie auf die Frage nicht antworten müsse, wenn sie nicht wolle. „Warum nicht?“, rief der Niederländer Joost Klein dazwischen. Eden Golan antwortete, dass sie doch alle nur aus einem Grund in Malmö seien und die Europäische Rundfunkunion (EBU) alle Vorkehrungen getroffen habe, damit dies ein sicherer Ort für alle sei. Klein, der mit seiner Europa-Hymne „Europapa“, die sich für ein Miteinander und offene Grenzen einsetzt, zu den Favoriten in diesem Jahr zählt, war sichtlich genervt von der Antwort. Er zog sich demonstrativ die niederländische Fahne über den Kopf, als Zeichen seines Unmuts. Schon Anfang der Woche hatte er sich geweigert, mit Eden Golan für ein Foto zu posieren.

Warum war Joost Klein nicht anwesend?

Am Freitag stand dann die erste Generalprobe an. Joost Klein war in der Halle und lief auch zur sogenannten Flaggenparade über die Bühne. Als dann seine Startnummer fünf an der Reihe war, die Requisiten für seinen Auftritt standen schon bereit, kam nach kurzer Pause unerwartet Nummer sechs auf die Bühne, ausgerechnet die Israelin Eden Golan. Weiter ging es dann wie geplant, mit Litauen, Spanien und Estland.

Wenig später gab die EBU bekannt, dass sie einen Vorfall untersuche. „Wir untersuchen derzeit einen Vorfall, der uns gemeldet wurde und an dem der niederländische Künstler beteiligt war. Er wird nicht proben, bis weitere Informationen vorliegen. Wir haben keine weiteren Kommentare dazu und werden aktualisieren, wenn sich die Gelegenheit ergibt.“ Joost Kleins zuständiger Sender, Avrotros, gab danach ebenfalls eine Erklärung ab: „Die EBU hat nach einem Vorfall tatsächlich eine Untersuchung eingeleitet. Wir warten auf das Ergebnis dieser Untersuchung und wollen bis dahin nichts dazu sagen.“

Offenbar geht es dabei nicht um die Pressekonferenz, sondern um einen Zwischenfall, von dem die EBU erst während der Generalprobe erfahren hat. Spekuliert wird, dass Joost Klein auf der Bühne der Malmö-Arena vor Hunderten Journalisten bei der Generalprobe eine Stellungnahme abgeben wollte, was von der EBU abgelehnt worden sei. Die für den Abend vorgesehene, ebenfalls traditionelle Pressekonferenz der EBU mit den sogenannten Big-Five-Ländern, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigten Königreich, sowie Gastgeber Schweden wurde kurzfristig abgesagt. Die Teilnehmer wollten sich lieber auf ihre Proben konzentrieren, hieß es vonseiten der EBU.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche