Gewalt gegen Politiker: Politiker und Polizeigewerkschaft verurteilen ...

12 Tage vor

Nach dem Angriff auf Franziska Giffey reagieren Berlins Bürgermeister und die Gewerkschaft der Polizei bestürzt. Die SPD-Politikerin sieht eine Grenze überschritten.

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Aktualisiert am 8. Mai 2024, 10:12 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP, kj, mcr, als

Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey musste nach einem Angriff im Krankenhaus behandelt werden. © Maja Hitij/​Getty Images

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat den Angriff auf die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) "aufs Schärfste" verurteilt. "Wer Politikerinnen und Politiker angreift, greift unsere Demokratie an", sagte der CDU-Politiker einer Mitteilung zufolge. "Das werden wir nicht hinnehmen. Wir werden uns jeder Form von Gewalt, Hass und Hetze entgegenstellen und unsere Demokratie schützen." Im Senat werde über Konsequenzen beraten, auch über härtere Strafen für Angriffe auf Politikerinnen und Politiker.

Giffey war am vergangenen Dienstagnachmittag angegriffen und dabei leicht verletzt worden. Nach Polizeiangaben hatte ein Mann sie in einer Bibliothek im Ortsteil Rudow von hinten mit einem Beutel attackiert, der einen harten Inhalt enthalten habe. Die SPD-Politikerin sei am Kopf und am Nacken getroffen worden, anschließend habe sich der Verdächtige entfernt.

Giffey bezeichnet Angriffe als Grenzüberschreitung

Giffey rief nach dem Angriff zu mehr Respekt gegenüber Menschen auf, die sich in der Politik engagieren. "Wir leben in einem freien und demokratischen Land, in dem jede und jeder seine Meinung frei äußern darf und kann", schrieb die SPD-Politikerin auf Instagram. "Und dennoch gibt es eine klare Grenze. Und das ist Gewalt gegen Menschen, die eine andere Auffassung vertreten, aus welchen Gründen auch immer, in welcher Form auch immer." Diese Angriffe seien durch nichts zu rechtfertigen. "Sie sind eine Grenzüberschreitung, der wir uns als Gesellschaft entschieden entgegenstellen müssen", schrieb Giffey.

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Die Polizeigewerkschaft GdP sprach von einem "hinterhältigen Angriff". "Die Attacken auf Mandatsträger haben in den letzten Jahren immer mehr zugenommen, im Social Media werden Hasskommentare abgegeben und mittels verbaler Gewalt der Nährboden für körperliche Gewalt gelegt", sagte Berliner Landeschef Stephan Weh.

Zu hetzen und zuzuschlagen, sei mittlerweile längst Normalität. "Politiker, Polizisten, Feuerwehrleute und Ehrenamtler stehen im Fokus, weil sie selbst zurückstecken, um sich für andere zu engagieren." Es werde Zeit, dass nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden, um sie zu schützen. "Wir brauchen einen besseren strafrechtlichen Schutz von Amts- und Mandatsträgern sowie eine personelle und technische Stärkung von Polizei und Justiz, damit sie nicht zur Zielscheibe werden."

Brandenburgischer Innenminister spricht von "Gewaltspirale"

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen verurteilte die Verrohung in den sozialen Netzwerken und Bedrohungen gegenüber Politikern. "Diese Spirale haben wir leider schon seit Jahren, und in diesem Jahr haben wir es mit einer Gewaltspirale physischer Angriffe auf Politikerinnen und Politiker zu tun, die mich extrem besorgt", sagte der CDU-Politiker im RBB Radio.

Stübgen sprach von einer Entwicklung, bei der in ganz Deutschland insbesondere auch ehrenamtliche Politiker und Wahlkampfhelfer, die keine besonderen Repräsentanten seien, massiv angegriffen würden. "Diese Bereiche sind nach unserer Auffassung nicht hinreichend geschützt über das Strafrecht. Deswegen bitten wir die Justizministerkonferenz, sich mit dieser Frage zu beschäftigen."

Staatsschutz hat Ermittlungen aufgenommen

Auch die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) reagierte entsetzt auf die Attacke auf ihre für Wirtschaft, Energie und Betriebe zuständige Parteikollegin. "Ich verurteile den Angriff auf Franziska Giffey und auf andere Politikerinnen und Politiker oder Wahlhelfende, die sich alle für eine streitbare Demokratie einsetzen, auf das Schärfste", schrieb Spranger auf der Plattform X.

Giffey hatte sich nach dem Angriff kurzzeitig zur ambulanten Behandlung der Kopf- und Nackenschmerzen in ein Krankenhaus begeben. Der Polizeiliche Staatsschutz nahm den Angaben der Polizei zufolge in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.

Angriff auf Grünenpolitikerin in Dresden

In Dresden wurde eine 47 Jahre alte Grünenpolitikerin beim Aufhängen von Wahlplakaten von zwei Personen attackiert. Polizisten stellten kurz darauf eine 24-Jährige und einen 34-Jährigen als Tatverdächtige, wie die Polizeidirektion Dresden am Dienstagabend mitteilte. Wer die Angegriffene ist, wollte ein Sprecher der Polizei zunächst nicht sagen.

Der männliche Angreifer habe die Politikerin gegen 18.50 Uhr beiseite gestoßen, sie beleidigt und bedroht, hieß es vonseiten der Polizeidirektion. Außerdem soll der Mann zwei Wahlplakate heruntergerissen haben. Die 24-jährige Frau kam den Angaben zufolge hinzu und bespuckte die Politikerin, die in Begleitung von Helfern und einem Drehteam war, unvermittelt. Die Polizei stellte die beiden in unmittelbarer Nähe.

Gegen den 34-jährigen Deutschen werde wegen Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung ermittelt, gegen die 24-jährige Deutsche wegen Körperverletzung.

Weil die beiden zuvor bei einer Gruppe gestanden haben sollen, aus der heraus der Hitlergruß gezeigt worden sein soll, werde außerdem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen sie ermittelt. Beide Verdächtige blieben auf freiem Fuß, wie der Polizeisprecher sagte.

Erst am Freitag war der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl in Sachsen, Matthias Ecke, in Dresden von vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren zusammengeschlagen worden, als er Wahlplakate anbringen wollte. Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen rechnet zumindest einen der Männer dem rechten Spektrum zu. Kurz vor dem Angriff auf Ecke hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe einen Grünenwahlkampfhelfer verletzt.

Am Dienstag hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern vor dem Hintergrund der Angriffe zu einer Sondersitzung getroffen und sich zum besseren Schutz von Politikern und Wahlkämpfern auch für eine Verschärfung des Strafrechts ausgesprochen.

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