"Polizeiruf 110" Rostock: Hab' keine Angst, die ist nur tot

25 Feb 2024
Polizeiruf 110

Der Petrolismus feiert im ARD-Sonntagabendkrimi weiterhin große Erfolge. Hatte der Frankfurter Tatort zu Weihnachten Maßstäbe gesetzt bei der Dominanz der Szenefarbe, legt der neue Rostocker Polizeiruf: Diebe (NDR-Redaktion: Philine Rosenberg) noch eine Schippe drauf, wie es in der Sprache der Sportreporterin heißt. Hier haben sich nicht nur Szenen- (Sonja Strömer) und Kostümbild (Katja E. Waffenschmied) auf einen fancy grünblauen Matchplan geeinigt – auch das Licht-Departement (Benjamin Dreythaller, Markus Bleier, Angelina Hild, Ole Schmetzer) mischt munter bei der Erzeugung des bevorzugten Farbtons mit.

Ob verlassener Kleingartenbungalow oder Abendstimmung am Jachthafen – alles erstrahlt in Petrol, dem nicht mehr ganz so neuen Schwarz-Nachfolger als Ausweis eines guten Geschmacks. Das Ziel heißt Look und das Ideal Geschlossenheit, und es gibt bestimmt auch Leute, die das gut finden, weil der Kriminalfilm dann in jedem Bild nach sich selbst aussieht. Es ist nur leider auch so, dass damit vieles auf ähnlich getrimmt wird, was, bei anderem Lichte besehen, doch unterschiedlich sein soll.

Denn Diebe erzählt von mindestens zwei doch weit entfernten Sphären. Da ist die alleinerziehende Mascha Kovicz (Meira Durand), die in dem leer stehenden Kleingarten squattet und das Leben mit Tochter Holli (Mathilda Graf) und die eigene Drogensucht durch Diebstähle und Einbrüche finanziert. Und es gibt das Anlageberater-Paar Kai (der Drückerbuden-Guru aus dem letzten Kölner Fall: Robin Sondermann) und Alina Schopp (Monika Oschek), das im Garten vom frei stehenden Einfamilienhausneubau gerade das Privattrampolin für die Kinder aufbaut.

Verbunden sind beide Welten durch einen erzählerisch eigentlich interessanten Kniff: Mascha Kovicz ist in ein Haus eingestiegen, in dem Vera Bödecke tot im Zimmer rumlag, eine gewesene Wirtschaftsjournalistin, deren Vermögen zur Beute von Anlagebetrug geworden ist. Heißt: Das Verbrechen, das Mascha Kovicz begangen hat (Einbruch), ist nicht das Verbrechen, das die Polizei aufklären will (Mord). Und so hindert die selbst begangene Straftat die junge Frau schon mal daran, zur Polizei zu gehen, um nicht zugleich für die Mörderin gehalten zu werden.

Die Konstellation birgt also einiges an Spannung, aber eben nur eigentlich, weil der Polizeiruf von der möglichen Verwirrung keinen Gebrauch macht (Drehbuch: Elke Schuch). Schon nach 20 Minuten ist Kovicz durch Fingerabdrücke im Haus der Toten überführt, und nach einer guten halben Stunde hat sie sich bei der ersten Vernehmung durch Melly Böwe (Lina Beckmann) und Frau König (Anneke Kim Sarnau) als Mörderin disqualifiziert durch besseres Wissen: Mascha Kovicz liefert den Hinweis auf ein Kissen, das auf den gewaltsamen Erstickungstod von Vera Bödecke deutet.

Als Kissendrückerin wird sich final, das ist noch mal ein etwas pflichtschuldiger Twist, Alina und nicht der zuerst verdächtig erscheinende Kai Schopp herausstellen. Frau Schopp bringt am Ende auf gleiche Weise auch noch Mascha Kovicz um, die versucht hatte, ihre Kenntnisse von der Tat zu Geld zu machen. Dass Tochter Holli das Gewürge mit ansehen muss, lässt den zweiten Mord kurz vor Schluss noch mal überflüssiger erscheinen (gerade auch aus Sicht von Alina Schopp). Der einzige Vorteil für den Film dabei ist, dass er sich um die Zukunft der drogensüchtigen Mutter keinen Kopf mehr machen muss, sondern die Tote melancholisch am Strand von Rostock betrauern kann.

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