ARD-Sonntagskrimi: Der Rostocker »Polizeiruf« im Schnellcheck

25 Feb 2024

Böwe (Lina Beckmann, l.) und König (Anneke Kim Sarnau): »I’m going away«.

Foto: Christine Schroeder / NDR

Das Szenario:

Polizeiruf 110 - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

Heroinspritzen und Seifenblasen. Eine heroinabhängige Mutter (Meira Durand) nimmt mit ihrer Tochter in Kneipen Besoffene aus: Mama tanzt die Typen an, die Kleine bläst ihnen Seifenblasen ins Gesicht und klaut die Geldbörsen. Nach einem ihrer Beutezüge steigen Mutter und Tochter in eine Villa ein, in der eine Leiche liegt. Bei der Toten handelt es sich um eine Wirtschaftsjournalistin in Rente, die einen faulen Immobilienfonds im Visier hatte. Kommissarin Böwe (Lina Beckmann) übernimmt die Ermittlungen und entwickelt – angesichts der kaltherzigen Anlageberater und Rentenbetrüger, die befragt werden müssen – eine riskante Nähe zur Junkie-Mutter. Das kann Kollegin König (Anneke Kim Sarnau) nicht passieren: Sie schiebt gerade einen Riesengroll gegen ihren Schnorrervater und den Rest der Menschheit.

Polizeiruf 110 - Figure 2
Foto DER SPIEGEL

Der Clou:

Eltern als Albtraum. Auf zwei Erzählachsen spiegeln sich zwei schwierige Familienverhältnisse: Hier die süchtige Mutter, die ihre fünfjährige Tochter in ihr Elend zieht. Dort der über Jahrzehnte abgetauchte Vater von Kommissarin König , der seine 50-jährige Tochter um Liebe und Geld anbettelt. Die persönlichen Katastrophen sind feinnervig in Szene gesetzt – der nicht sehr originelle Kriminalfall wirkt umso klobiger.

Darstellerinnen Mathilda Graf (l.) und Meira Durand: Irgendwo hinter dem Regenbogen

Foto: Christine Schroeder / NDR

Das Bild:

Der Regenbogen in der Pfütze. Die Mutter stolpert vor der Tochter heroinberauscht in den Rinnstein, und im Wasser spiegelt sich die Straßenbeleuchtung in den schönsten Farben. Dazu haucht von irgendwoher eine Stimme den Judy-Garland-Klassiker »Somewhere Over the Rainbow«.

Polizeiruf 110 - Figure 3
Foto DER SPIEGEL

Der Dialog:

König, Böwe und Kollege Thiesler (Josef Heynert) am Tatort.

Böwe: »Die Ordnung hier ist doch seltsam. Das ist alle picobello aufgeräumt.«

Thiesler: »Jaja, ältere Damen haben ja gerne mal einen besonderen Sinn für Ordnung.«

König: »Achtung! Jetzt kommt Volkers geheimes Wissen über ältere Damen.«

Thiesler: »Tschuldigung, ich wollte hier jetzt echt nicht mansplainen. Da kennt ihr beide euch ja besser aus.«

Der Song:

»Face to the Highway« von Tom Waits . Der Song läuft, als König eine erste und möglicherweise letzte Umarmung mit ihrem Vater austauscht. Bei der Solo-Kriegerin König fühlt sich so eine Umarmung wie eine umständliche, ferne Kulturtechnik an. Und Waits raunt unbarmherzig: »I’m going away«.

Die Bewertung:

6 von 10 Punkten. Starke Bilder, schwache Handlung: Dieser »Polizeiruf« ist eher was fürs Gemüt als für den Verstand.

Kommissar-Karussell: Alle »Tatort«-Teams im Überblick

Foto: Marcus Glahn / rbb

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