ARD-Sonntagskrimi: Der »Polizeiruf« aus Magdeburg im Schnellcheck
Darstellerinnen Claudia Michelsen (l.) und Hannah Schiller: Liebe, Trauer, Zorn und alle Emotionen dazwischen
Foto: Felix Abraham / MDRDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Das Szenario:
Mutterglück auf die martialische Tour. Nach dem Tod ihres Säuglings raubt Inga Werner (Franziska Hartmann) einer jungen Mutter (Hannah Schiller) deren kleines Mädchen aus dem Kinderwagen – und verteidigt die gewaltsam erzwungenen Babyfreuden mit allen Mitteln. Unter anderem zerschlägt sie ihrem Nachbarn, dem Kriminalrat Lemp (Felix Vörtler), die Kniescheibe, als der ihr auf die Schliche zu kommen droht. Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen) tappt bei ihren Untersuchungen im dunklen – während die echte Mutter in ihrer Verzweiflung mit Pistole zu einem Rachefeldzug aufbricht.
Der Clou:
Liebe, Trauer, Zorn und alle Emotionen dazwischen. Im Spiel verdichten die Schauspielerinnen die widersprüchlichsten Gefühlslagen oft für einen Augenblick. Der darstellerische und inszenatorische Furor trägt aber leider nicht immer über die unplausiblen Momente des Plots hinweg, in dem wirklich jede Figur durch Zufall mit der anderen Figur verbandelt ist.
Darstellerin Hartmann: dieser Schmerz! Diese Freude!
Foto: Felix Abraham / MDRDas Bild:
Die Kindesentführerin steht vor dem Bild ihres toten eigenen Baby, im Arm hält sie den kulleräugigen fremden Säugling. Dieser Schmerz! Diese Freude! Die grandiose Franziska Hartmann, bekannt aus dem ZDF-Mediathek-Hit »Neuland« , bringt das gekonnt in ein und demselben Moment auf den Punkt.
Der Dialog:
Die Mutter, deren Kind geraubt wurde, erzählt Kommissarin Brasch von einem Stalker, der ihr und der kleinen Tochter nachgestellt hat und heimlich Fotos von den beiden geschossen hat.
Mutter: »Er war in ihrem Zimmer.«
Brasch: »Und wo waren Sie, als er das Foto gemacht hat?«
Mutter: »’N Kaffee holen. Lucy hat geschlafen.«
Brasch: »Und wie ist er in Ihre Wohnung gekommen?«
Mutter: »Durchs Fenster. Wir wohnen im Erdgeschoss, und das Fenster stand offen. Ja, ich weiß schon, was Sie jetzt denken.«
Brasch: »Ich war alleinerziehend und auch mal einen Kaffee holen.«
Der Song:
Little Simz: »Venom« . Diesen harschen Konfro-Rap über Wut, Gewalt und Missbrauch hört die junge Mutter, während sie ihr Baby im Kinderwagen durch Magdeburg schiebt. Er gibt die Grundstimmung dieses »Polizeirufs« vor, in dem die Körper und Sehnsüchte schmerzhaft aufeinanderprallen: »I assume you'll be comin' for blood / That makes two of us«.
Die Bewertung:
6 von 10 Punkten. Mütter im Krieg, furios gespielt. Das Drehbuch reizt allerdings so sehr das Prinzip Zufall aus, dass man aus der Handlung auszusteigen droht.
Die Analyse:
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»Polizeiruf: Du gehörst mir«, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste