Berlin - Erdogan zu umstrittenem Besuch in Deutschland ...

17 Nov 2023

Der türkische Staatschef Erdogan ist zu seinem ersten Besuch in Deutschland seit drei Jahren eingetroffen. Themen des Besuches dürften unter anderem der Krieg im Nahen Osten, die Migration und die Rolle des türkisch geprägten, größten deutschen Islamverbandes Ditib sein.

17.11.2023

Der türkische Präsident Erdogan und Bundespräsident Steinmeier geben sich die Hand.

Der türkische Präsident Erdogan (l.) mit Bundespräsident Steinmeier in Berlin (AP / Markus Schreiber)

In Berlin will Erdogan zunächst Bundespräsident Steinmeier treffen. Anschließend steht ein Gespräch mit Bundeskanzler Scholz auf dem Programm. Die Abreise ist noch für den Abend geplant.

Die Deutschland-Visite ist auch wegen Erdogans Verbalattacken gegen Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs umstritten. Er hatte dem Land einen "Genozid" in dem palästinensischen Küstenstreifen vorgeworfen und die Terrorgruppe Hamas als "Befreiungsorganisation" bezeichnet. Scholz hatte die Äußerungen als "absurd" zurückgewiesen. Die SPD-Politikerin Özoguz, Vizepräsidentin des Bundestages, sieht dagegen eine Chance für eine Deeskalation im Nahost-Konflikt. Erdogan habe "unbestreitbar" Kontakte zur Hamas und könne beschwichtigend einwirken.

Trotz "gravierender Differenzen" zwischen Deutschland und der Türkei sei es gerade in der aktuellen Konfliktsituation deshalb wichtig, im Gespräch zu bleiben, betonte Özoguz im Rundfunk Berlin-Brandenburg.

Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Toprak, wirft der Bundesregierung einen "zutiefst bedenklichen Zweckpragmatismus" vor. Der CDU-Politiker sagte im Deutschlandfunk, Deutschland dürfe keinen Antisemiten hofieren.

Zentralrat der Juden erwartet "klare Worte"

Erdogan hatte Israel diese Woche als Terrorstaat bezeichnet und die Terrororganisation Hamas in Schutz genommen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, erwartet von der Bundesregierung klare Worte: Bundeskanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier müssten ganz eindeutig widersprechen, sollte Erdogan sich bei seinem Deutschlandbesuch ähnlich äußern, sagte Schuster dem SWR.

Erdogan habe großen Einfluss auf die türkische Gemeinschaft in Deutschland. Er hoffe, dass es gelinge, durch den Besuch und durch relativierende Äußerungen des türkischen Präsidenten ein "weiteres Aufstacheln" dieser Gruppe gegen Juden und Jüdinnen zu verhindern.

Höchste Sicherheitsstufe

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Sofuoglu, distanzierte sich von Erdogans Aussagen. Er sagte im BR-Hörfunk, die Hamas sei eine Terrororganisation, die als solche wahrgenommen und bekämpft werden müsse. Erdogans Parolen hülfen den Menschen nicht, weder im Gazastreifen noch in Israel. Dennoch sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben und auch in schwierigen Zeiten und abweichenden Meinungen auf Diplomatie zu setzen.

In Berlin gilt die höchste Sicherheitsstufe. Die Polizei wird mit etwa 1.500 Kräften im Einsatz sein. Mehrere Demonstrationen sind geplant. Die größte Kundgebung soll erst morgen stattfinden: Dann wollen 3.000 Kurden von Kreuzberg zum Brandenburger Tor laufen, um gegen das Verbot der Arbeiterpartei PKK zu protestieren. Aufrufe zu der Demonstration kommen auch von linksradikalen Gruppen.

Weiterführende Informationen

Diese Nachricht wurde am 17.11.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten