Geert Wilders: Drauf und dran, Europa zu verspielen

16 Mai 2024

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Foto ZEIT ONLINE

Geert Wilders' Regierungsbeteiligung in den Niederlanden ist ein Tabubruch. Die Verantwortung dafür tragen auch die politischen Kräfte der Mitte in Europa.

16. Mai 2024, 18:28 Uhr

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Geert Wilders tritt in Den Haag vor die Presse, künftig regiert der Rechtsextreme in den Niederlanden mit. © Robin van Lonkhuijsen/​imago images

Geert Wilders, einem rechtsextremen Politiker, ist es gelungen, in den Niederlanden eine Regierung zu bilden. Er wird zwar nicht Ministerpräsident werden, aber Wilders ist zweifellos der Architekt der künftigen Koalition, die aus vier Parteien besteht. Verbot des Korans, Schließung aller Moscheen, Asylstopp, Austritt der Niederlande aus der EU – all das hat Wilders in der Vergangenheit gefordert. Auch wenn er diese Forderungen abgeschwächt hat, so muss man an dieser Stelle daran erinnern. Denn nur so lässt sich verstehen, dass diese Regierungsbildung in den Niederlanden kein normaler Vorgang ist. Sie ist ein Tabubruch von europapolitischer Bedeutung.

Wilders ist keine niederländische Besonderheit. Sein Erfolg ist ein weiterer Beleg dafür, dass Europa nach rechts rückt. Nein, falsch. Europa rückt nach Rechtsaußen.

Giorgia Melonis Fratelli d'Italia in Italien, Marine Le Pens Rassemblement National in Frankreich, die AfD in Deutschland, Herbert Kickls FPÖ in Österreich, André Venturas Chega in Portugal – in fast allen Mitgliedsländern der EU sind rechtsextreme Parteien auf dem Vormarsch. Da darf einem, so kurz vor den Europawahlen, schon der Schrecken in die Glieder fahren.

Strategische Entteufelung

Ja, gewiss, je näher die rechtsextremen Politikerinnen und Politiker an die Macht kamen, desto gemäßigter gaben sie sich. Das ist bei Giorgia Meloni der Fall, bei Marine Le Pen und eben auch jetzt bei Wilders. Daraus könnte man den beruhigenden Schluss ziehen, dass die demokratischen Institutionen eine zivilisierende Wirkung haben. Eine Sache ist es zu opponieren, eine andere zu regieren. Will sagen: Es wird schon nicht so schlimm kommen! Das ist die etwas altväterliche These.

Ist etwa Giorgia Meloni nicht das beste Beispiel dafür? Kaum wurde sie Ministerpräsidentin, verhielt sie sich auf der europapolitischen Ebene eher unauffällig. Innenpolitisch allerdings zeigt sie ein anderes Gesicht. Sie ist permanent im Kampfmodus. Kritiker zerrt sie vor Gericht. Dissens löst bei ihr eine allergische Reaktion aus. Sagen wir es mal so: Ihre Instinkte sind die einer rechtsextremen Politikerin geblieben. Bei Marine Le Pen, die seit Jahren die Dédiabolisation (Entteufelung) ihrer Partei betreibt, wird das nicht anders sein. 

Geert Wilders hat über seine extremen Forderungen gesagt, sie kämen jetzt mal in die Tiefkühltruhe – nicht auf den Müllhaufen, wohlgemerkt. Man wirft weg, was man nicht mehr gebrauchen kann oder will, man friert ein, was man später noch gebrauchen will.

Ob der Zeitpunkt dafür je kommt, dass Wilders und all die anderen ihre Schrecklichkeiten wieder hervorholen und in Politik gießen? Wir wissen es nicht. Aber man sollte gewarnt sein.

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