Europas Börsen nach Konjunkturdaten unter Druck

9 Jan 2024
DAX

Frankfurt (Reuters) - Rezessionsängste nach enttäuschenden Konjunkturdaten haben die Aktienmärkte in Europa ins Minus gedrückt.

Der Dax gab am Dienstagnachmittag 0,4 Prozent auf 16.650 Punkte nach. Der EuroStoxx50 verlor 0,6 Prozent auf 4459 Zähler.

Auf die Stimmung drückte der erneute Rückgang der Industrieproduktion in Deutschland. Statt des erwarteten Anstiegs drosselten deutsche Unternehmen ihre Erzeugung im November überraschend den sechsten Monat in Folge. "Der Tiefpunkt bei der Produktion kommt wohl erst noch. Bei der Regierung müssten die Alarmglocken lauter schrillen denn je", kommentierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Auch Experte Thomas Gitzel von der VP Bank mahnte zur Vorsicht: "Die Kombination aus hoher Inflation und Zinsen bei einer gleichzeitig schwachen Weltwirtschaft ist ein giftiger Cocktail, der letztlich auch nur in einer Rezession münden kann."

Mit Spannung warten die Anleger nun auf die am Donnerstag anstehenden US-Inflationsdaten. Sie erhoffen sich daraus Hinweise auf den weiteren Zinskurs der US-Notenbank, die versucht, mit erhöhten Zinsen die Teuerungsrate einzudämmen. Die Futures für die wichtigsten US-Indizes notierten im Minus.

US-INFLATION UND BITCOIN IM FOKUS

Experten zeigten sich allerdings zurückhaltend. Sollte die für die Federal Reserve wichtige Kerninflation, bei der die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, auf 3,8 von zuvor 4,0 Prozent zurückgehen, sei dies immer noch doppelt so hoch wie von den Währungshütern gewünscht, sagte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Aus diesem Grund dürfte es auch nach den Daten ungewiss bleiben, wann die Fed 2024 zum ersten Mal die Zinsschraube nach unten dreht.

Auch mit Spannung warteten Börsianer auf eine Entscheidung der US-Regulierer zur Zulassung von börsengehandelten Bitcoin-Fonds. Marktteilnehmer gehen von einer Genehmigung in dieser Woche aus. Dies wäre ein Wendepunkt für die Branche, die seit einem Jahrzehnt versucht, das Produkt auf den Markt zu bringen. "Mit einem solchen ETF hätten normale Aktien-Depots Zugriff auf den Bitcoin-Handel, ohne ein separates Trading-Konto bei einem Krypto-Broker eröffnen zu müssen", sagte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Viele hofften, dass dann die Nachfrage nach Bitcoin dauerhaft anziehen werde.

Im Vorfeld der Entscheidung hielt sich die größte und bekannteste Cyber-Devise nahe dem am Vortag erreichten 21-Monats-Hoch von 47.282 Dollar. Mit rund 46.720 Dollar verbilligte sich Bitcoin am Dienstag um knapp ein Prozent. Die Aussicht auf die Zulassung von Spot-Bitcoin-Fonds (ETFs) durch die US-Wertpapieraufsicht hatte zuletzt für kräftigen Rückenwind am Kryptomarkt gesorgt. Auch auf Jahressicht war es ein einträgliches Investment: Vor zwölf Monaten war ein Bitcoin noch für rund 17.400 Dollar zu haben.

DÄMPFER FÜR HALBLEITER-INDUSTRIE

Bei den Einzelwerten sorgten düstere Prognosen von Chip-Konzernen in den USA und Südkorea auch in Europa für schlechte Stimmung. Gewinnwarnungen bei Microchip und Samsung Electronics setzen unter anderem Infineon unter Druck. Die Aktien des bayerischen Halbleiter-Herstellers waren mit einem Minus von 2,5 Prozent die größten Verlierer im Dax. Die Titel der italienisch-französischen STMicroelectronics gaben ebenfalls gut zwei Prozent nach. In Oslo rutschten Nordic Semiconductor knapp fünf Prozent ab.

Stark unter Druck geriet auch Grifols. Die Titel des spanischen Pharmakonzerns brachen um knapp 35 Prozent ein, nachdem der Hedgefonds Gotham City Research die buchhalterischen Praktiken des Unternehmens infFrage gestellt hatte. Der spanische Arzneimittel-Hersteller wies die Vorwürfe zurück.

In London flogen Jupiter-Papiere aus den Depots. Die Aktien des Fondsmanagers rutschten nach dem Rücktritt des renomierten Portfoliomanagers Ben Whitmore um knapp 16 Prozent ab.

(Bericht von Stefanie Geiger und Zuzanna Szymanska, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter [email protected])

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