Beim Plakatieren in Dresden: SPD-Europapolitiker Matthias Ecke ...

14 Tage vor

Ein Wahlplakat des sächsischen SPD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Matthias Ecke hängt an der Schandauer Straße im Stadtteil Striesen an einem Laternenmast: Der sächsische SPD-Spitzenkandidat zur Europawahl ist beim Plakatieren im Dresdner Stadtteil Striesen angegriffen und schwer verletzt worden. Foto: Robert Michael (dpa)

Matthias Ecke - Figure 1
Foto inFranken.de

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Der sächsische SPD-Politiker Matthias Ecke ist am Freitagabend (3. Mai 2024) in Dresden beim Kleben von Wahlplakaten angegriffen und schwer verletzt worden. Die Tätergruppe schlug auf den 41-Jährigen ein, wie Polizei und Partei am Samstag mitteilten. Ecke, der seit 2022 Europaabgeordneter und Spitzenkandidat der sächsischen SPD für die anstehende Europawahl ist, habe im Krankenhaus operiert werden müssen. 

Wenige Minuten vor dem Angriff hatte laut Polizei bereits eine vierköpfige Gruppe einen 28-jährigen Wahlkampfhelfer der Grünen ebenfalls beim Plakatieren attackiert. Beide Vorfälle ereigneten sich im bürgerlichen Stadtteil Striesen, der vor allem durch seine alten Villen geprägt ist. Mittlerweile hat nach Angaben des sächsischen Innenministeriums die "Task-Force Gewaltdelikte" des Landeskriminalamtes die Ermittlungen übernommen. 

Europapolitiker Matthias Ecke (SPD) beim Plakatieren in Dresdner Stadtteil angegriffen und schwer verletzt 

Laut Mitteilung der Polizeidirektion Dresden, die mit der Überschrift "Wahlkampfhelfer angegriffen - Staatsschutz ermittelt" versehen ist, ereignete sich die Tat am Freitag, 3. Mai 2024, gegen 22.30 Uhr in  Dresden-Striesen. Demnach seien am Freitagabend zwei Wahlkampfhelfer (28, 41) von Unbekannten im Dresdner Stadtteil Striesen attackiert und verletzt worden. "Der Staatsschutz der Polizeidirektion Dresden ermittelt", hieß es in der Erstveröffentlichung.

Der 28-Jährige sei dem Polizeibericht zufolge dabei gewesen, entlang der Schandauer Straße Wahlplakate der Partei Bündnis 90/Die Grünen aufzuhängen, als ihn eine vierköpfige Gruppe unvermittelt attackierte. Die Täter hätten den Mann geschlagen und getreten, der dabei Verletzungen. Minuten später hätten vier Unbekannte den 41-Jährigen an, der ebenfalls entlang der Schandauer Straße Wahlplakate für die SPD befestigte. Auch in diesem Fall hätten die Täter auf den Mann eingeschlagen und ihn verletzt, der 41-Jährige habe in einem Krankenhaus medizinisch versorgt werden müssen. "Aufgrund der übereinstimmenden Personenbeschreibungen sowie der zeitlichen und örtlichen Nähe der Taten gehen die Ermittler des Staatsschutzes von ein und derselben Tätergruppierung aus", so die Polizei, der um Zeugenweise zu den Taten und den vier Tätern unter Tel.  0351 483 22 33 bittet. 

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Samstagabend berichtet, handele es sich bei den Angreifern nach Polizeiangaben um junge Männer zwischen 17 und 20 Jahren. Alle vier seien Zeugenaussagen zufolge dunkel gekleidet gewesen, sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Ein Zeuge habe die Angreifer dem rechten Spektrum zugeordnet. Die Ermittlungen würden zeigen, ob das stimme.

SPD-Befürchtung: Die Saat der AfD und anderer Rechtsextremer geht auf 

Zahlreiche Landes- und Bundespolitiker verurteilten den Angriff auf Ecke am Samstag. Der Überfall sei ein "unübersehbares Alarmzeichen an alle Menschen in diesem Land", sagten die sächsischen SPD-Landesparteivorsitzenden Henning Homann und Kathrin Michel laut SPD-Erklärung. "Die Reihe von Angriffen durch Schlägertrupps auf Plakatierteams demokratischer Parteien sind ein Angriff auf die Grundfesten unserer Demokratie. Das gewalttätige Vorgehen und die Einschüchterung von Demokratinnen und Demokraten ist das Mittel von Faschisten."

Der Wahlkampf habe gerade erst begonnen und schon jetzt beobachte und erfahre man ein Ausmaß an Übergriffen, das unter keinen Umständen auch nur ansatzweise akzeptabel sei. 

Die Saat, die AfD und andere Rechtsextreme gesät hätten, gehe auf, so die Vorsitzenden der Sachsen-SPD weiter: "Deren Anhänger sind mittlerweile völlig enthemmt und betrachten uns Demokraten beim Ausüben ihrer Grundrechte offenbar als Freiwild". Das dürfe eine wehrhafte Demokratie nicht hinnehmen, bekräftigen die Politiker, die klarstellten: "Wir lassen uns nicht mundtot machen!"

Weitere Reaktionen auf den Angriff Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte ein geschlossenes Vorgehen gegen Rechts. Der Angriff auf Ecke sei bedrückend, sagte Scholz am Samstag bei einem Demokratiekongress zur bevorstehenden Europawahl in Berlin. "Die Demokratie wird von so etwas bedroht, und deshalb ist achselzuckendes Hinnehmen niemals eine Option", sagte Scholz. "Wir müssen gemeinsam dagegen stehen." Auch mit Attacken auf grüne Kandidatinnen und Kandidaten sowie Kommunalpolitiker und -politikerinnen dürfte man sich nicht abfinden. Dass so etwas geschehe, habe auch etwas mit Reden, die gehalten würden, und mit Stimmungen, die erzeugt würden, zu tun, sagte Scholz mit Blick etwa auf die rechtspopulistische AfD.  Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) teilte bei X (vormals Twitter) mit: "Es ist schockierend und ein Angriff auf unsere demokratischen Werte, die Attacke auf SPD-Spitzenkandidat Matthias Ecke entsetzt mich zutiefst und ist durch nichts zu rechtfertigen." Angriffe und Einschüchterungen von politischen Mitbewerbern kenne man aus den dunkelsten Epochen der deutschen Geschichte.  Sachsens Innenminister Armin Schuster hat den Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke und einen Wahlhelfer der Grünen verurteilt. "Schon die Übergriffe auf die Personen an sich sind völlig untragbar, aber es sind auch Angriffe auf den Kern unserer Demokratie, auf ehrenamtliche Amts- und Mandatsträger sowie Wahlhelfer, auf die wir im Wahlkampf alle angewiesen sind", sagte Schuster am Samstag. Diese Straftaten seien nicht zu dulden. "Jeder dieser Angriffe trifft uns alle, es geht um nicht weniger als unsere freien, gleichen, allgemeinen, unmittelbaren und geheimen Wahlen."  Die SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil verurteilten den Angriff scharf. "Dieser hinterlistige Angriff macht unsere gesamte Partei betroffen. Er ist ein Angriff auf alle Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer, die mit Leidenschaft für unsere Demokratie und den Rechtsstaat eintreten", hieß es in einer Erklärung vom Samstag. Die Grünen-Parteichefin Ricarda Lang schrieb auf der Plattform X, Gewalt im Wahlkampf sei ein Angriff auf die Demokratie und damit auf uns alle. Ihre volle Solidarität gelte Ecke. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sprach von Angriffen auf unsere Demokratie. "Sie sind der widerliche und unentschuldbare Ausfluss einer Verrohung von Sprache, Debatte und der Enthemmung in den sogenannten sozialen Medien." Auch der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla schieb auf X: "Physische Angriffe gegen Politiker aller Parteien verurteilen wir zutiefst. Wahlkämpfe müssen inhaltlich hart und konstruktiv, aber ohne Gewalt geführt werden." Der selbst aus Sachsen stammende Bundespartei- und Bundestagsfraktionschef wünschte Ecke "viel Kraft und rasche Genesung". EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sicherte Ecke nach dem Angriff auf ihn Unterstützung und Solidarität zu. Sie sei "entsetzt über den bösartigen Angriff", schrieb Metsola auf der Plattform X (früher Twitter). Die Verantwortlichen müssten vor Gericht gestellt werden. "Matthias, das Europaparlament steht an deiner Seite", fügte sie hinzu. Faeser kündigt hartes Vorgehen an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte ein hartes Vorgehen des Rechtsstaats an. Faeser sagte: "Wenn sich ein politisch motivierter Anschlag auf den Europaabgeordneten Matthias Ecke wenige Wochen vor der Europawahl bestätigt, dann ist diese schwere Gewalttat auch ein schwerer Angriff auf die Demokratie. Wir erleben hier eine neue Dimension von antidemokratischer Gewalt." Sie fügte an, Extremisten und Populisten, die mit völlig entgrenzten verbalen Anfeindungen gegen demokratische Politikerinnen und Politiker ein zunehmendes Klima der Gewalt schürten, trügen eine Mitverantwortung dafür, dass es immer häufigere Attacken gebe.

"Der Rechtsstaat muss und wird hierauf mit einem harten Vorgehen und weiteren Schutzmaßnahmen für die demokratischen Kräfte in unserem Land reagieren. Ich werde darüber sehr schnell mit den Innenministerinnen und Innenministern der Länder beraten."

Die Grünen in Sachsen haben nach den Angriffen vom vergangenen Wochenende bereits reagiert und schicken ihre Mitglieder nicht mehr alleine zum Plakatieren. Auch in anderen Parteien gibt es solche Überlegungen und Vorgaben mittlerweile.

Zahlreiche Angriffe auf Politiker

Die Vorfälle von Dresden reihen sich ein in eine Folge von Angriffen auf Parteimitglieder im Vorfeld der Kommunal- und Europawahlen am 9. Juni. Erst am Donnerstagabend waren der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kai Gehring und sein Parteikollege Rolf Fliß nach eigenen Angaben nach einer Parteiveranstaltung in Essen attackiert worden. Am vergangenen Wochenende waren Mitglieder der Grünen in Chemnitz und Zwickau beim Anbringen von Wahlplakaten angegriffen worden. Im niedersächsischen Nordhorn wurde am Samstagmorgen ein Landtagsabgeordneter der AfD nach Polizeiangaben an einem Infostand geschlagen. 

Nach einer Studie für die Heinrich-Böll-Stiftung treffen die Beleidigungen, Bedrohungen und tätlichen Angriffe Frauen wie Männer und Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in ähnlichem Maße, und zwar sowohl in ost- als auch in westdeutschen Ländern sowie über alle Parteigrenzen hinweg.

Auffällig ist aber ein Trend, den die Bundesregierung jüngst auf eine Kleine Anfrage der AfD im Bundestag offenlegte - nicht speziell zu Kommunalpolitikern, sondern gemünzt auf alle politischen Ebenen: Waren noch 2019 vor allem Vertreter der AfD Ziel von Anfeindungen, so verlagerte sich der Hass vermehrt auf die Grünen. Für die AfD wurden 2023 nach vorläufigen Zahlen bundesweit 478 Fälle aktenkundig, für die Grünen 1219. Für alle Parteien zusammen wurden von 2019 bis 2023 nach Regierungsangaben 10 537 Straftaten gemeldet. red/mit dpa

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