Führerschein 2024: Diese wichtigen Änderungen werden diskutiert

20 Sep 2023

Die EU will 2024 eine neue Führerscheinrichtlinie verabschieden. Was sich beim Pkw-Führerschein, der Führerscheinprüfung und der Verlängerung des Führerscheins ändern könnte.

Führerschein - Figure 1
Foto ADAC

Stufenführerschein beim Pkw?

Tempolimit durch die Hintertür?

Gesundheitschecks für alle?

Seit März 2023 liegt der Entwurf der EU-Kommission zu einer 4. Führerscheinrichtlinie vor. Aktuell wird im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments über den Entwurf und die teils erheblichen eigenen Änderungsvorschläge der Berichterstatterin des Verkehrsausschusses kontrovers diskutiert. Auch die anderen Mitglieder des Verkehrsausschusses haben nun die Möglichkeit, Änderungsanträge zum Kommissionsentwurf einzubringen. Es werden weit über 1000 Anträge erwartet. Im Dezember wird dann über alle Änderungsanträge im Verkehrsausschuss beraten und abgestimmt.

Ein Überblick über die Änderungsvorschläge der Kommission für eine neue EU-Führerscheinrichtlinie und die jüngsten – vermutlich nicht mehrheitsfähigen – Vorschläge der Berichterstatterin.

Wichtig: Bevor Änderungen in Deutschland in Kraft treten, müssen sie erst in nationales Recht überführt werden.

Vorschläge nach dem KommissionsentwurfKlasse B: Ausnahmen bei Gewichtsgrenze

Derzeit umfasst der Autoführerschein der Klasse B nur Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen. Hier könnte es eine Änderung geben. Eine generelle Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts sieht der Richtlinien-Entwurf zwar nicht vor. Aber: Fahrzeuge, die mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden (auch Wohnmobile) mit einer zulässige Gesamtmasse bis 4250 kg sollen künftig mit der Klasse B gefahren werden dürfen. Vorausgesetzt man besitzt die Klasse B bereits seit 2 Jahren.

Fahrtauglichkeits-Checks ab 70

Künftig sollen Seniorinnen und Senioren über 70 Jahre möglicherweise alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen. In einigen EU-Ländern ist das bereits Praxis. Nach dem 1. Entwurf der Richtlinie müssen alle Mitgliedstaaten Führerscheine von Personen, die 70 Jahre alt sind, auf maximal 5 Jahre befristen. So können Verkehrstauglichkeitsüberprüfungen oder Auffrischungskurse in allen Mitgliedstaaten leichter eingeführt werden. Der Führerschein muss dann im Alter regelmäßig umgetauscht werden. Ob und inwieweit das auch in Deutschland umgesetzt wird und wie ein derartiger Check aussehen könnte, ist noch unklar.

Nicht nur eine Probezeit

Bisher wird nur beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis der Führerschein "auf Probe" erteilt. Bei den Klassen AM, L und T gibt es außerdem keine Probezeit. Informationen zur aktuellen Probezeit finden Sie hier.

Die EU plant eine neue Probezeitregelung: Mit jeder weiteren Klasse soll eine neue Probezeit beginnen. Wer sich also nachträglich überlegt, zusätzlich zum Pkw-Führerschein, noch einen Motorrad-Führerschein zu machen, dem droht dann eine erneute Probezeit.

Eine Ausnahme ist nur für den erleichterten Aufstieg beim Motorrad-Stufenführerschein vorgesehen, den der 1. Entwurf weiterhin vorsieht. Details sind hier noch nicht bekannt. Unklar ist deshalb, welchen Umfang die Probezeit für die erweiterte Klasse hat und ob Maßnahmen bei Verstößen (z.B. Aufbauseminar, Entziehung der Fahrerlaubnis) innerhalb der Probezeit für alle Klassen gelten. Die genauen Regelungen sind anhand des Entwurfs bisher nicht erkennbar.

Anerkennung von B17 im Ausland

Seit einigen Jahren kann der Pkw-Führerschein (Klasse B) in Deutschland bereits mit 17 Jahren erworben werden. Eine gute Nachricht für Führerscheinneulinge: Die Rahmenbedingungen für das begleitete Fahren sollen nach den ersten Vorstellungen der EU-Kommission vereinheitlicht und EU-weit anerkannt werden.

Fahrten im Rahmen des begleiteten Fahrens über die Landesgrenzen hinweg wären dann möglich. Es soll außerdem eine europaweite, einheitliche Probezeit von 2 Jahren eingeführt werden.

Lkw/Bus: Ausnahmen beim Mindestalter

In Deutschland kann die Klasse C für Lkw momentan erst mit 21 Jahren, die Klasse D für Busse erst mit 24 Jahren erworben werden. Der Entwurf sieht nur die Möglichkeit einer Absenkung im Bereich der öffentlichen Sicherheit, wie zum Beispiel der Feuerwehr vor. Eine generelle Absenkung des Mindestalters, wie ursprünglich diskutiert, ist nicht Teil des vorliegenden Entwurfs. Auch ein begleitetes Fahren im Rahmen des Lkw-Führerscheins (C17) soll künftig möglich sein.

Führerschein - Figure 2
Foto ADAC

Lesen Sie mehr zu den aktuellen Regelungen zum Erwerb von Lkw- oder Busklassen

Digitaler Führerschein und QR-Code
Der digitale Führerschein soll auch in Polizeikontrollen genügen© dpa/Christoph Dernbach

Mit der 4. Führerscheinrichtlinie soll auch der digitale Führerschein eine zweite Chance bekommen: Ziel ist es, dass bei einer Polizeikontrolle oder bei der Autovermietung die entsprechende App auf dem Smartphone reicht. Für die Führerscheinscheckkarte ist zudem ein QR-Code anstelle des heutigen Chips angedacht, um ihn fälschungssicherer zu machen.

Erfahren Sie mehr zum Stand des digitalen Führerscheins

Das könnte sich für Fahrschüler ändern
Führerscheinprüfungen in unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten sollen künftig möglich sein© imago images/U. J. Alexander

Bislang ist es nicht möglich, theoretische und praktische Führerscheinprüfung in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu absolvieren. Um der zunehmenden Mobilität der Bevölkerung Rechnung zu tragen und sprachliche Barrieren zu überwinden, soll das künftig erlaubt sein.

Der Entwurf der neuen Führerschein-Richtlinie enthält eine Vereinfachung der Wohnsitzregelung, sodass die Führerscheinprüfung künftig zum Beispiel auch in dem EU-Land, dessen Staatsangehörigkeit der Prüfling besitzt, abgelegt werden könnte.

Führerscheinentzug: EU-weite Anerkennung

Die Regelungen bezüglich der Entziehung, Einschränkung oder Aussetzung von Fahrerlaubnissen sollen künftig von den Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden.

Erfahren Sie mehr dazu, dass Fahrverbote zukünftig europaweit gelten sollen.

Wichtige Urteile, neue Verkehrsregeln. Direkt vom ADAC

Änderungsvorschläge der Berichterstatterin Ärztliche Untersuchung für alle

Der neue Vorschlag zielt darauf ab, dass jeder, der zukünftig einen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnisklasse stellt oder seinen Führerschein umtauscht beziehungsweise verlängert, eine ärztliche Untersuchung vorlegen soll. Betroffen wären auch Pkw- und Motorradklassen. Welchen Umfang die Untersuchung haben könnte, ist derzeit noch offen.

Der ADAC lehnt die verpflichtende ärztliche Untersuchung ohne Kenntnis über Umfang und Kosten bei jedem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis sowie bei deren Umtausch als unverhältnismäßig ab. Gleichwohl sind – wie bisher schon – bei definierten Anlässen oder Erkrankungen Maßnahmen zu ergreifen, um die Fahreignung sicherzustellen.

Änderung Klasse B: ab 18 Jahren nur noch bis 1,8 t

Derzeit umfasst der Autoführerschein der Klasse B Kraftfahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 3,5 Tonnen. Der neue und unter Umständen nicht mehrheitsfähige Vorschlag reduziert den Umfang der Klasse B erheblich und schlägt eine Stufenlösung vor. Das hat auch Auswirkungen auf das Mindestalter.

Die neue Klasse B soll nur noch Kraftfahrzeuge mit maximal 1,8 t zulässigem Gesamtgewicht umfassen. Für eine Reduzierung des zulässigen Gesamtgewichts in der Klasse B und einen Stufenführerschein B B+ gibt es aus Sicht des ADAC keine nachvollziehbare Begründung. Wie dadurch die Verkehrssicherheit gesteigert werden könnte, ist nicht erkennbar. Die Gewichtsgrenzen sind willkürlich gewählt.

Zudem liegen viele "normale" Familienfahrzeuge über der neuen Grenze und dürften so von Führerscheinneulingen zum Erwerb von Fahrpraxis nicht gefahren werden. Weiterhin würden die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis B+, vergleichbar zur heutigen Klasse B, zunehmen, da damit ein zusätzlicher Aufwand verbunden wäre.

Neue Klasse B+: ab 21 Jahren bis 3,5 t

Nach Ablauf einer zweijährigen Probezeit und dem Erreichen des Mindestalters von 21 Jahren können Fahrerlaubnisinhaber der Klasse B dann die neue Klasse B+ machen. Mit der neuen Klasse B+ dürfen dann Kraftfahrzeuge bis 3,5 t gefahren werden. Eine Art Direkteinstieg in die umfangreichere Klasse B+ ist nicht vorgesehen.

Neue Regeln für Mindestalter

Nach den neuen Vorschlägen der Berichterstatterin dürfte die neue gewichtsreduzierte Pkw-Klasse B mit 18 Jahren erworben werden. Die Klasse B+ erst mit 21 Jahren.

Für die Motorradklasse A1 soll das Mindestalter auf 18 Jahre angehoben werden.

Bei der Klasse A2 beträgt nach dem neuen Entwurf das Mindestalter ebenfalls 18 Jahre, für die Klasse A 20 Jahre, da ein zweijähriger Vorbesitz der Klasse A2 erforderlich ist.

Bitter für Fahrfänger: Nach diesem Vorschlag dürften die Mitgliedstaaten das Mindestalter für die Prüfung nicht mehr senken. Es wäre nur noch eine Erhöhung erlaubt. Mit dieser Regelung würde das begleitete Fahren mit 17 Jahren nach bestandener Prüfung zukünftig nicht mehr möglich sein – ob das tatsächlich von der Mehrheit letztendlich so gewollt wird, ist nach der ersten Diskussion im Verkehrsausschuss mehr als fraglich.

Kein Direkteinstieg in Klasse A mehr

Um heute alle Motorräder und Dreiräder fahren zu dürfen, ist die Klasse A erforderlich, die entweder als Stufenführerschein oder durch Direkteinstieg (Mindestalter 24 Jahre) erworben werden kann. Die Möglichkeit des Direkteinstiegs könnte nach den Änderungsvorschlägen in Zukunft wegfallen, sodass ein Erwerb nur noch nach zweijährigem Vorbesitz der Klasse A2 möglich wäre.

Tempolimit durch die Hintertür?

Die in den Änderungsvorschlägen vorgesehenen Geschwindigkeitsbegrenzungen für die einzelnen Führerscheinklassen für die gesamte Dauer des Führerscheinbesitzes sind ein Thema, das nach Ansicht des ADAC nicht einer Regelung in der Führerscheinrichtlinie bedarf. Dies sollte dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten sein.

Nachtfahrverbot

Der Änderungsentwurf würde es den EU-Mitgliedstaaten ermöglichen, ein Nachtfahrverbot für Fahranfänger zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens einzuführen. Dies soll insbesondere Fahrten unter Alkoholeinfluss reduzieren, führt aber dazu, dass beispielsweise Schichtarbeiter in ihrer Mobilität unverhältnismäßig eingeschränkt werden.

Befristungen von Führerscheinen

Hier soll für alle Pkw- und Motorradklassen nach den Änderungswünschen der Berichterstatterin grundsätzlich eine Befristung des Führerscheins auf 10 Jahre (statt bisher auf 15 Jahre) erfolgen.

Im Gegensatz zum Vorschlag der Kommission sieht der Änderungsentwurf noch kürzere Fristen vor. So könnten für Führerscheininhaber eine Limitierung der Gültigkeit der Fahrerlaubnis ab 60 Jahren mit 7 Jahren, ab 70 Jahren mit 5 Jahren und ab 80 Jahren mit 2 Jahren drohen.

Die Fahreignung ist eine Frage der individuellen Gesundheit und nach Sicht des ADAC gibt es keine statistischen Anhaltspunkte für die im Entwurf gewählten Altersstufen bzw. Gültigkeitsdauern.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche