Donald Trump: Hofft nicht auf die Justiz

20 Dez 2023

Ein Gericht schließt Donald Trump in Colorado von den Vorwahlen aus. Es ist verführerisch, sich auf die Justiz zu verlassen, um seine Wahl zu verhindern – und ein Fehler.

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20. Dezember 2023, 12:53 Uhr 12 Kommentare

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Donald Trump

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Hat erneut juristischen Ärger: Ex-US-Präsident Donald Trump © Jabin Botsford/​The Washington Post/​Getty Images

Donald Trump und die Gerichte. Das ist eine Geschichte historischen Ausmaßes. Vier strafrechtliche Verfahren laufen gegen den ehemaligen Präsidenten der USA, dazu kommen zivilrechtliche Klagen – und nun auch noch Colorado. In dem US-Bundesstaat hat der Oberste Gerichtshof mit einer Mehrheit von vier zu drei geurteilt, Trump von den Vorwahlen der Republikanischen Partei auszuschließen. Das ist beispiellos. Wieder einmal, wenn es um die Person Donald Trump geht.

Die Richterinnen und Richter stützen ihre Entscheidung auf den 14. Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten. Dieser wurde nach dem Bürgerkrieg geschaffen, um das Land vor aufständischen Südstaatlern zu schützen, die sich von der Union losgesagt hatten. Das Gericht in Colorado ist bei Trump nun nicht nur der Meinung, dass dieser am 6. Januar 2021 einen Aufruhr angestachelt hat, sondern auch, diesen Mob noch weiter unterstützt zu haben – indem er seinen damaligen Vizepräsidenten Mike Pence aufforderte, Joe Bidens Wahlsieg nicht anzuerkennen.

Mit der Entscheidung in Colorado ist allerdings nichts wirklich entschieden. Der Fall wird vor dem Supreme Court in Washington landen, Trumps Anwälte kündigten bereits Berufung an. Und sein Wahlkampfteam schickte noch in der Nacht Statements und Spendenaufrufe, in denen er das Urteil "tyrannisch" nannte und die Kläger eine "linke Gruppe, die sich im Namen des korrupten Joe Biden in eine Wahl einmischt". Für sich betrachtet ist das Urteil in Colorado historisch, aber im Zweifel für Trump irrelevant, denn er führt im Vorwahlkampf der Republikaner deutlich. Darüber hinaus war der Bundesstaat im Südwesten des Landes demokratisch dominiert, der Ex-Präsident wäre auf ihn bei der Präsidentschaftswahl nicht angewiesen.

Wie brisant die Richter in Colorado ihr Urteil und auch die Reaktion darauf einschätzen, lässt sich aus dem veröffentlichten Text entnehmen. Dort heißt es: "Wir kommen nicht leichtfertig zu diesen Schlussfolgerungen. Wir sind uns des Umfangs und des Gewichts der Fragen bewusst, die uns jetzt vorliegen. Wir sind uns auch unserer heiligen Pflicht bewusst, das Gesetz anzuwenden, ohne Furcht oder Bevorzugungen und ohne uns von der öffentlichen Reaktion auf die Entscheidungen beeinflussen zu lassen, die das Gesetz uns auferlegt." Die Akzeptanz juristischer Entscheidungen ist spätestens seit Trumps Präsidentschaft und dem Versuch, die Wahl 2020 nicht anzuerkennen, fragil.

Es ist ein strukturelles Problem, das die Vereinigten Staaten seit Jahren haben: Aufgrund der starken Polarisierung werden zentrale politische Entscheidungen nicht von Parteien gelöst, sondern an Gerichte auslagert. Die kontroversesten landen früher oder später vor dem Obersten Gerichtshof. Dieser sollte im Sinne des Systems der Checks and Balances neutral und unabhängig von Exekutive und Legislative entscheiden. Eigentlich, denn Demokraten wie Republikaner – letztere in deutlich skrupelloser Art und Weise – haben den Supreme Court zu einem politischen Player gemacht.

Dabei geht es vor allem um die Besetzung, die immer auf Lebenszeit erfolgt. Trump konnte während seiner Präsidentschaft drei der neun Richter auswählen. Die erste Benennung hätte eigentlich noch in Barack Obamas Amtszeit liegen müssen, doch die Republikaner im Senat blockierten das damals. Sie hofften auf einen Wahlsieg und damit die Chance, selbst über den wichtigen Posten bestimmen zu können. Die Folge ist eine derzeit konservative Mehrheit von sechs zu drei Richtern.

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