Julian Assange im Porträt: Der Geheimnisbrecher aus Australien

21 Feb 2024

Porträt des Wikileaks-Gründers

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Julian Assange - Figure 1
Foto RND

Ein Unterstützer hält ein Plakat mit Julian Assange in den Händen.

Quelle: picture alliance / AA

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Wikileaks-Gründer Julian Assange lebt seit Jahren eingesperrt, seit fast fünf Jahren jedoch im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Sein Vergehen: Er hat Tausende geheime militärische und diplomatische Dokumente veröffentlicht und damit – unter anderem – Kriegsverbrechen aufgedeckt. Ein Porträt des berühmtesten Geheimnisbrechers unserer Zeit.

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Die einen verehren ihn als Held und bewundern seinen Mut, die anderen hassen ihn, betrachten ihn als Staatsfeind und Sicherheitsrisiko. Julian Assange ist einer der Menschen unserer Zeit, die wie Elon Musk oder Donald Trump zu Haushaltsnamen geworden sind und gleichzeitig die Gemüter spalten.

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Mit Wikileaks, einer Enthüllungsplattform im Internet, die er 2006 gründete, veröffentlichte der Australier Tausende Dokumente, die Unternehmen und Regierungen als geheim deklariert hatten und die Kriegsverbrechen, Spionagefälle und Korruption zeigten. Dabei geht es der Plattform darum, Ungerechtigkeiten und illegale Handlungen aufzudecken, die unter dem Mantel der Staatssicherheit vertuscht werden sollen.

Video zeigt brutale Ermordung von Zivilisten und Journalisten

Wikileaks neuartiger Journalismus, den Assange selbst „wissenschaftlichen Journalismus“ nennt, hatte auch andere alteingesessene Medien animiert, das Material auszuwerten, das vor allem für die USA rufschädigend ist. Dazu gehören der britische „Guardian“, die „New York Times“, „El Pais“ in Spanien und der „Spiegel“ in Deutschland. Besonders brisant sind Tausende geheime Dokumente über amerikanische Aktivitäten im Irak und in Afghanistan, die ihm vom damaligen Geheimdienstoffizier Bradley (heute Chelsea) Manning zugespielt worden waren und die er 2010 publizierte. Manning kam dafür ins Gefängnis, doch ein Großteil der Strafe wurde der ehemaligen Soldatin vom einstigen US-Präsidenten Barack Obama erlassen.

Julian Assange - Figure 2
Foto RND

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Unter dem veröffentlichten Material war ein US-Militärvideo, das zeigt, wie etliche unschuldige Menschen in einem irakischen Stadtteil von New Baghdad ermordet werden, darunter auch zwei Nachrichtenmitarbeiter von Reuters. Für diese Veröffentlichung geheimen Materials wollen die USA Assange vor ein US-Gericht stellen. Assanges Taten hätten die US-amerikanische nationale Sicherheit gefährdet und die namentlich genannten Personen einer großen Gefahr ausgesetzt, hieß es wiederholt von US-amerikanischer Seite.

US-Radar

Was die Vereinigten Staaten bewegt: Die USA-Experten des RND ordnen ein und liefern Hintergründe. Jeden Dienstag.

Die maximale Gefängnisstrafe für seine vermeintlichen Vergehen beträgt 175 Jahre. „Als seine Frau befürchte ich, dass er bis zu seinem Tod in der tiefsten, dunkelsten Ecke des US-Gefängnissystems begraben wird“, schrieb seine Frau Stella Assange einst in einem Beitrag für den australischen Sender ABC. Mit ihr hat Assange, der bereits einen erwachsenen Sohn aus erster Ehe hat, zwei Kinder gezeugt, als er noch in der ecuadorianischen Botschaft festsaß.

Immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt

Doch Assange ist bei alldem nicht unumstritten. Der 1971 in Townsville geborene Australier ist so hochintelligent wie er schwierig ist. Er hat Programmieren, aber auch Mathematik und Physik studiert, dabei aber nie einen Abschluss gemacht. Mit dem Gesetz geriet er dabei auch vor seinen Wikileaks-Aktivitäten bereits in Konflikt. Zwischenzeitlich wurde er wegen sexueller Delikte in Schweden angezeigt und von Interpol per Red Notice gesucht. Die Ermittlungen dazu wurden jedoch 2017 eingestellt.

Julian Assange - Figure 3
Foto RND

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Und auch während seiner recht nomadischen Jugend in Australien – er soll insgesamt 37 Schulen besucht haben – hatte er wegen seiner Hacking-Aktivitäten bereits Ärger mit der Polizei. Die britische Zeitung „The Guardian“ nannte ihn in einem Artikel einst „Australiens versiertesten Hacker“. Auch politisch versuchte er sein Glück. Er kandidierte bei den australischen Bundestagswahlen 2013 für die damals neu gegründete Wikileaks-Partei für den australischen Senat, konnte jedoch keinen Sitz gewinnen. Nach internen Streitereien gingen der Partei die Mitglieder aus und sie wurde 2015 wieder abgemeldet.

Wie es mit Julian Assange weitergehen könnte

Wird Julian Assange an die USA ausgeliefert? Darüber entscheidet der High Court in London. Je nachdem, wie Assanges Berufungsverfahren ausgeht, drohen ihm eine Haft, ein weiterer Besuch im Gericht oder die Freiheit. Fünf Szenarien im Überblick.

Bereits während seiner politischen Phase hielt sich Assange aus Angst vor einer Auslieferung an die USA in der Botschaft Ecuadors in London auf, die ihm vorübergehend Asyl gewährt hatte. Als er diese nach sieben Jahren schließlich verlassen musste, wurde er 2019 von der Londoner Polizei festgenommen. Seitdem sitzt der Australier im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und kämpfte sich durch das Gerichtssystem, um seine Auslieferung an die USA zu stoppen.

Julian Assange - Figure 4
Foto RND
Australien will Assange nach Hause holen

Diese wollte auch sein Heimatland Australien zuletzt verhindern. Der australische Premierminister Anthony Albanese sagte gegenüber Medienvertreterinnen und Medienvertretern, die Angelegenheit ziehe sich bereits zu lange hin. Im September 2023 reiste sogar eine Delegation mit Politikerinnen und Politikern aller Couleur von Australien aus in die USA, um für Assange vorzusprechen. Und im Februar stimmte das australische Parlament dann mit großer Mehrheit dafür, dass die USA und Großbritannien dem Wikileaks-Gründer die Heimkehr nach Australien ermöglichen sollten.

Der Fall Assange ist deswegen auch so brisant, da es sich zu keiner Zeit um einen „gewöhnlichen Auslieferungsfall“ gehandelt habe, wie Greg Barns, ein australischer Anwalt und Unterstützer von Assange, einst gegenüber der lokalen australischen Ausgabe von „The Guardian“ sagte. Der Fall Assange habe es Ländern wie China ermöglicht, ihn „als eine Art moralisches Äquivalenzargument“ zu nutzen. Laut Barns spielte der Fall den Chinesen geradezu in die Hände – vor allem nachdem „die USA gerne auf der ganzen Welt demokratische Standards und Menschenrechtsstandards“ predigen würden.

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