Atomausstieg: FDP nimmt Habeck nach Sondersitzung in Schutz

Wirbel um Atomausstieg Entscheidung „völlig logisch“: FDP-Politiker nimmt Habeck nach Sondersitzung in Schutz

Von dpa | 26.04.2024, 09:37 Uhr | Update vor 1 Std.

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Foto noz.de - Neue Osnabrücker Zeitung

Sind Informationen vor den Entscheidungen zum Atomausstieg im Wirtschafts- und Umweltministerium unterdrückt worden? Robert Habeck und Steffi Lemke haben ihre Sicht der Dinge heute in einer Sondersitzung dargelegt. Ein FDP-Politiker ist von Habeck überzeugt, die Unionsfraktion von Lemke dagegen nicht.

Nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck haben er selbst und sein Ministerium die Frage eines möglichen Weiterbetriebs der deutschen Atomkraftwerke sehr frühzeitig von sich aus geprüft. Das betonte Habeck am Freitag in Berlin nach einer Sondersitzung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, in der er den Abgeordneten Rede und Antwort gestanden hatte.

Habeck: Aufzeichnungen zeigen ein anderes Bild

Auslöser der Sondersitzung war ein Bericht des Magazins „Cicero“. Demnach sollen sowohl im Wirtschafts- als auch im Umweltministerium im Frühjahr 2022 interne Bedenken zum damals noch für den folgenden Jahreswechsel geplanten Atomausstieg unterdrückt worden sein. Beide grün geführten Ministerien weisen das zurück. Den Abgeordneten sollen nun weitere Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. 

„Und wenn die Abgeordneten die Unterlagen lesen, dann wird sich ein anderes Bild darstellen“, sagte Habeck. „Die Unterlagen erzählen eine andere Geschichte, als es kolportiert wurde, nämlich dass das Ministerium und meine Person, und zwar schon vor dem russischen Angriffskrieg, aktiv auf die Betreiber der Atomkraftwerke zugegangen ist, mit der Frage: Können eure Dinger länger laufen? Und hilft es uns was?“ Diese Beratungen hätten schon kurz vor dem russischen Angriff begonnen, als dieser sich abzeichnete, sagte eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage. Russland war zu diesem Zeitpunkt der wichtigste Gaslieferant Deutschlands. Der lange geplante Atomausstieg Deutschlands war für den Jahreswechsel 2022/23 geplant. 

Die Auskunft der AKW-Betreiber sei im Frühjahr gewesen, dass die noch vorhandenen Brennelemente der letzten drei deutschen Atomkraftwerke zum Jahresende ausgebrannt wären, sagte Habeck. „Später im Laufe des Jahres wurde diese Information korrigiert. Da hieß es dann, die können doch noch zwei, drei, vier, fünf Monate länger laufen und entsprechend wurde dann auch noch einmal die Laufzeit verlängert.“ Er versicherte: „Die Versorgungssicherheit hatte für mich absolute Priorität und das ganze Haus hat ohne Denkverbote, allerdings natürlich immer auf der Basis von Fakten, von Daten und auch von Rechtsnormen, gearbeitet.“

Im Entwurf eines Vermerks hatten Fachleute des Wirtschaftsministeriums Anfang März die Frage aufgeworfen, ob ein Weiterbetrieb nicht sinnvoll sein könnte, Argumente dafür aufgeführt und eine Prüfung empfohlen. Dieses Papier erreichte Habeck nach eigenen Angaben damals nicht. Es ging aber laut Wirtschaftsministerium später in einen Prüfvermerk ein, in dem Wirtschafts- und Umweltministerium sich gegen eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke aussprachen. Später war der Betrieb von drei Atomkraftwerken zur Sicherung der Stromversorgung doch noch bis Mitte April 2023 verlängert worden.

Grüne und FDP sehen Habeck als entlastet an

Die Sprecherin der Grünen-Fraktion für Klimaschutz und Energie, Ingrid Nestle, sah die Vorwürfe mit der Sitzung „öffentlich, transparent und vollständig ausgeräumt“. 

Auch der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Olaf in der Beek, hat sich mit den Erläuterungen des Bundeswirtschaftsministers zufrieden gezeigt. Es mache keinen Sinn, „über irgendwelche Rücktritte zu philosophieren“, sagte der Abgeordnete am Freitagmorgen.

„Und ich möchte auch sagen, so wie der Minister es heute dargestellt hat, ist es völlig logisch, wie er entschieden hat“, führte in der Beek aus. Im Moment sei Habeck kein Fehlverhalten nachzuweisen. Es gehe darum, dass die Parlamentarier wüssten, auf welcher Grundlage Entscheidungen getroffen worden seien. „Und ich glaube, hier Vertrauen, Transparenz zu schaffen, damit ist er auf einem guten Weg, und wir unterstützen das.“

Union von Lemke-Antworten nicht überzeugt

Anders sieht es bei der Unionsfraktion bezüglich der Antworten der Bundesumweltministerin Steffi Lemke aus, die diesbezüglich auch Vorwürfe erdulden musste. Die Fraktion hat ihre Äußerungen als ungenügend kritisiert. „Wir haben Fragen gestellt. Die Antworten waren unzureichend“, sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Steffen Bilger (CDU) am Freitag in Berlin. Die Ministerin habe aber zugesagt, weitere Fragen im Nachgang schriftlich zu beantworten und alle Unterlagen vorzulegen. „Die werden wir uns sehr genau anschauen, daraus unsere Bewertung ableiten, auch was weitere Schritte anbelangt.“

Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke hält die Vorwürfe für haltlos. Foto: dpa/Anne Stein

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Lemke selbst sagte: „Das war eine gute Ausschusssitzung, die der Umweltausschuss heute hier hatte. Ich habe betont, dass es gut und wichtig ist, wenn im parlamentarischen Raum Transparenz hergestellt wird über das, was gegenwärtig öffentlich diskutiert wird.“ Sie bestätigte, dass dem Ausschuss weitere Fragen beantwortet und Unterlagen übermittelt würden. 

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