Vorwürfe gegen Habeck und Lemke: Union beantragt Ausschuss ...

9 Tage vor

Haben Vizekanzler Habeck und Umweltministerin Lemke interne Bedenken zum AKW-Aus ignoriert oder sich täuschen lassen? Die Unionsfraktion beantragt nach SPIEGEL-Informationen Ausschuss-Sondersitzungen.

Habeck - Figure 1
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25.04.2024, 18.03 Uhr

Keine Zukunft mehr: Kühlturm des stillgelegten Kernkraftwerks Isar 2

Foto: Armin Weigel / dpa

In der Unionsfraktion sieht man sich in der eigenen Einschätzung zu der damaligen politischen Entscheidung bestärkt – und verlangt nun Aufklärung. »Der alte Verdacht erhärtet sich: Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerung offensichtlich belogen«, sagte Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, dem SPIEGEL.

Und weiter: »Habeck sollte unverzüglich sämtliche Akten zum Aus der AKW auf den Tisch legen. In einem ersten Schritt beantragen wir eine Sondersitzung, die noch vor dem morgigen Plenum stattfinden sollte.«

Nach dem Willen der Unionsfraktion sollen die Bundestagsausschüsse für Wirtschaft sowie für Klimaschutz und Energie zu Sondersitzungen zusammenkommen. Man behalte sich, so ist zu hören, auch die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss vor.

Am 15. April 2023 hatte Deutschland den Atomausstieg endgültig vollzogen und die letzten drei Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland abgeschaltet. Der Rückbau ist eingeleitet und kann bis zu 15 Jahre dauern. Die Kraftwerke hätten ursprünglich bereits zum Jahreswechsel davor vom Netz gehen sollen, der Betrieb war aber zur Sicherung der Stromversorgung verlängert worden.

Die Union hält das AKW-Aus für einen Fehler und hatte die Pläne schon seinerzeit kritisiert. Die Grünen hatten sich lange gegen einen solchen Schritt gewehrt, schließlich aber Habecks Idee einer vorübergehenden, sogenannten Einsatzreserve für die letzten deutschen Atomkraftwerke unterstützt. Am Ende sprach Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort für den Weiterbetrieb.

Ergebnisoffen und transparent?

Dem »Cicero«-Bericht zufolge argumentierten Mitarbeiter von Habecks Ministerium im Entwurf eines Vermerks vom 3. März 2022, unter bestimmten Umständen könne eine begrenzte Laufzeitverlängerung der verbleibenden deutschen Atomkraftwerke bis in das folgende Frühjahr sinnvoll sein. Sie rieten dazu, diese Möglichkeit weiter zu prüfen.

In der Leitungsebene lag das Dokument laut Ministerium nur Staatssekretär Patrick Graichen vor – einem Parteifreund Habecks, der später nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft das Amt räumen musste. Den Minister hätte es damit nicht erreicht.

Das Wirtschaftsministerium sagt dazu, das Papier sei eingeflossen in einen später veröffentlichten Prüfvermerk der Ministerien für Wirtschaft und Umwelt, in dem diese sich gegen eine Laufzeitverlängerung aussprachen – unter Verweis auf die »sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken«, wie es in einer Pressemitteilung hieß.

Aus dem Ministerium heißt es, man habe sich seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob und inwiefern eine Laufzeitverlängerung der drei damals noch laufenden deutschen Atomkraftwerke die Energiesicherheit erhöhen könne. »Diese Prüfung erfolgte stets ergebnisoffen und transparent.«

Und weiter: »Abwägungen und Entscheidungen fußten dabei auf den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen sowie in Anbetracht der realen, sich erst im Laufe der Monate verändernden und zuspitzenden Lage.« Maßgabe aller Entscheidungen in der Energiekrise sei immer die Versorgungssicherheit gewesen.

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