Wer ist Thyssenkrupp-Investor Daniel Kretinsky?

11 Tage vor

Portrait

Investor bei Thyssenkrupp Steel Wer ist der tschechische Milliardär Kretinsky?

Stand: 26.04.2024 16:33 Uhr

Daniel Kretinsky Thyssenkrupp - Figure 1
Foto tagesschau.de

Daniel Kretinsky steigt ins Stahlgeschäft von Thyssenkrupp ein. Schon länger ist der tschechische Milliardär auf Einkaufstour in Europa - und mehr damit Macht und Einfluss.

Eigentlich hatte Daniel Kretinsky Grund zur Freude: Im Forbes-Ranking war er zur zweitreichsten Person in Tschechien aufgestiegen. Allerdings ist der 48-Jährige bei einem Geschäft mit seiner EPH-Holding nicht zum Zug gekommen, sondern der tschechische Staat - in Gestalt von Industrieminister Josef Sikela.

Der war während der Verhandlungen über den Verkauf einer Gaspipeline für die Boulevard-Zeitung Blesk plötzlich wichtiger als die üblichen Stars und Sternchen. "Ich gestehe, dass ich Blesk weder lese noch kaufe", so der Minister. "Aber Freunde haben mir geschrieben. Und ich habe herausgefunden, dass ich zurzeit öfter auf dem Cover bin als das Model Agata Hanychova."

Mediale Kontrolle und Meinungsmache

Blesk, der "Blitz", ist die meistgelesene Tageszeitung in Tschechien. Sie gehört zu einem der größten Medienhäuser, das wiederum zu einem großen Teil Daniel Kretinsky gehört. Der Presseprecher von Kretinskys Holding ist gleichzeitig der Pressesprecher des Verlages. Und er weist jede Einflussnahme auf Inhalte oder Ausrichtung der Zeitung schriftlich zurück. Der Journalist Vaclav Dolejsi vom Internetportal Seznam Zpravy sieht das anders: "Hier sind viele Medien im Besitz verschiedener Milliardäre, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass einer von ihnen seine Zeitung so für sein Geschäft missbraucht hätte", kritisiert Dolejsi.

In dem Boulevard-Blatt war auch zu lesen, dass die Energiepreise nun in die Höhe schnellen würden und der Energiesektor kollabieren könnte. Dolejsis Kollegin Lucie Stuchlikova bewertet das so: "Das ist eine Bestätigung dafür, worüber wir in Tschechien oft sprechen. Dass die Oligarchen die Medien wie eine Art Atomkoffer kaufen. Normalerweise wedeln sie damit herum, aber hier würde ich sagen, dass Kretinsky den Koffer geöffnet und den Knopf gedrückt hat."

Reich durch Investitionen im Energiesektor

Anlass der Berichterstattung war der Verkauf des Pipeline-Betreibers Net4Gas, auf den Kretinsky ein Auge geworfen hatte. Die tschechische Gasleitung führt von der Slowakei nach Deutschland. In der Slowakei besitzt sein Unternehmen schon fast 50 Prozent der Transportrechte, erklärt Radek Kubala von der Nichtregierungsorganisation Re-Set. Daher stamme das große Kaufinteresse von Kretinsky.

"Sein Unternehmen fußt auf Importen und auf Pipelines, durch die Gas aus Russland fließt", so Kubala. "Seit der russischen Aggression in der Ukraine wurde genauer untersucht, wer von solchen Geschäften profitiert. Vor dem Krieg war die EPH der größte Einzelimporteur von russischem Gas in Europa." Diese Einnahmen hätten Kretinsky seine Investitionen in Deutschland und anderen europäischen Ländern ermöglicht.

Klimaschutz im Visier der Medien

Das haben auch die Recherchen eines tschechisch-slowakischen Investigativ-Teams ergeben. Vor zehn Jahren kaufte sich der "Kohle- und Gas-Baron" Kretinsky zusammen mit einem Geschäftspartner in die tschechische Medienlandschaft ein. Von Ringier und Springer übernahm er eines der größten Verlagshäuser und gründete das Czech News Center. Es stehe für rund ein Drittel des Medienmarktes in Tschechien, so Kubala.

"Besonders in seiner Online-Zeitung info.cz häufen sich Angriffe auf die Klimabewegung und die Klimapolitik Deutschlands oder der EU. Der langjährige Chefredakteur prägte den Kampfbegriff 'Grüne Taliban' für Umweltaktivisten", erkläutert Kubala "Andere Medien wirken seriöser, wie die Wirtschaftszeitung E15. Aber deren Analysen ergeben auch immer das Gleiche. Außerdem gehört Kretinsky das Wochenmagazin Reflex. Und dort gibt es oft Karikaturen, die sich über Klimaschutz lustig machen."

Das sei lange nicht aufgefallen, so der frühere Greenpeace-Mitarbeiter Kubala. Kretinsky investiere besonders im Ausland - und meist häppchenweise. Mit einem Anteil von möglicherweise bald 50 Prozent am Stahlgeschäft von Thyssenkrupp könnte der Happen im benachbarten Deutschland ein ziemlich großer werden.

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