Berliner Tatort mit Corinna Harfouch am Sonntag: Das Horrorhaus in ...

7 Tage vor

Der Vorspann verschafft den Zuschauern einen kleinen Vorsprung vor den Berliner Kommissaren. Die vietnamesischen Namen zeigen gleich an, wohin die Reise gehen wird: Nach Fernost im Osten Berlins. Auch optisch wird klargemacht, dass hier Lichtenberger Gegensätze verhandelt werden: Von der Siedlung mit den Einfamilienhäusern mit Garten fällt der Blick auf die nahen Hochhäuser.

Corinna Harfouch - Figure 1
Foto Berliner Zeitung

Zwei Mädchen haben beim Drohnenfliegen im Nachbarhaus einen Mann entdeckt, der mit Dutzenden Messerstichen getötet worden war. Die demente Mutter des Toten bleibt verschwunden.

Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) statten dem blutigen Tatort nicht nur eine Stippvisite ab, sondern versuchen, die Geheimnisse dieses Geisterhauses zu ergründen, in dem die Zeit stehengeblieben scheint. Die schwankenden, schlierigen Bilder von Kameramann Moritz Anton spielen mit einer seltsam verschobenen Wahrnehmung.

In der Garage stoßen die Polizisten auf einen schallsicheren Raum, der als Folterstätte gedient hatte: Offenbar hatte sich die Gefesselte befreien können und ihren Peiniger getötet. Kommissarin Bonard erklärt dem Erstochenen auf dem Seziertisch genüsslich, dass die Notwehr gegen ihn nicht verfolgt würde. Kollege Karow muss sich auf einem Video die Quälereien ansehen – die Brutalität spiegelt sich allein in seinem entsetzten Gesicht.

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„Tatort: Am Tag der wandernden Seelen“: Tierärztin vermittelt junge Frauen

Damit ist der eigentliche Todesfall schon nach wenigen Minuten geklärt. Offen bleiben aber das Ausmaß der Folterungen und die Frage, welche Abhängigkeiten hier ausgenutzt wurden. Wie junge Frauen aus Fernost in die Fänge deutscher Triebtäter geraten können, das hatte vor knapp 30 Jahren schon einmal ein „Tatort“ gezeigt. „Frau Bu lacht“ von Dominik Graf zählt bis heute zu den besten „Tatorten“ aller Zeiten. Der aktuelle Berliner Fall handelt von Migrantinnen aus Fernost, die ihre Einreise mit illegalen Jobs abarbeiten müssen.

Corinna Harfouch - Figure 2
Foto Berliner Zeitung

Die Ermittler stoßen auf eine vietnamesische Tierärztin, die dem Peiniger aus privater Verbundenheit junge Frauen als Altenpflegerinnen vermittelt hatte – und die Frau Doktor Le Müller heißt und der Polizei bereits bekannt ist. Bevor sie ihr Veterinärstudium absolviert hatte, war sie wegen illegalen Zigarettenhandels verurteilt worden. Dieser Wandel klingt zwar etwas ausgedacht, doch andere biografische Details der Figur hat die Darstellerin mitgebracht. Mai-Phuon Kollath hatte 1992 die Angriffe gegen Vietnamesen in Rostock-Lichtenhagen miterlebt und engagiert sich bis heute in der interkulturellen Arbeit. Dass Doktor Le Müller der Polizei bis heute nicht traut, ist verständlich und gibt Corinna Harfouch die Gelegenheit, ihre Figur zu erklären: Susanne Bonard war während der „Baseballschlägerjahre“ von der Schule zur Polizei gewechselt.

Der Berliner „Tatort“ will aber nicht nur aufklären, sondern besitzt eine starke spirituelle Komponente, abzulesen schon am Titel „Am Tag der wandernden Seelen“. Regisseurin Mira Thiel hatte schon im Weimarer Abschiedsfall „Der feine Geist“ mit den übersinnlichen Beziehungen zu einem Toten gespielt – damals sprach Kommissarin Dorn tagelang mit dem toten Lessing. Hier tauchen Bonnard und Karow in die vietnamesische Kultur mit dem Ahnenkult ein. Die Pho-Da-Pagode in Hohenschönhausen wird zum farbenprächtigen Spielort, und dass Karow zunächst für einen Mann vom Amt gehalten wird, hat einen realen Hintergrund. Denn das Lichtenberger Bauamt wollte den kleinen buddhistischen Tempel an Rande eines Gewerbegebiets schon schließen – duldet aber nach Protesten die unscheinbare Pagode. Vielleicht hilft die Aufmerksamkeit eines „Tatorts“ ja, diesen besonderen Ort zu erhalten.

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Foto Berliner Zeitung

Tatort: Am Tag der wandernden Seelen. Sonntag, 5. Mai, 20.15 Uhr, ARD (+ Mediathek)

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