Auch Papst-Kritik bei Miosga: Trotz Kanzler-Basta: Baerbock für ...

11 Mär 2024
Auch Papst-Kritik bei Miosga Trotz Kanzler-Basta: Baerbock für Taurus-Lieferungen

Von David Bedürftig 11.03.2024, 00:57 Uhr Artikel anhören

Baerbock - Figure 1
Foto n-tv NACHRICHTEN

Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos | Feedback senden

In der ARD-Talkshow "Caren Miosga" spricht sich Annalena Baerbock indirekt für Taurus-Lieferungen an die Ukraine aus, einen Ringtausch hält sie für möglich. Auch gegen "psychologische Kriegsspielchen" Putins müsse Deutschland sich verteidigen. Volle Breitseite gibt es von Baerbock für den Papst.

"Diesen Gefallen werden wir Putin nicht tun." Mit diesen Worten schließt Annalena Baerbock die Sendung. Es geht an diesem Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Caren Miosga" um Russlands Angriffskrieg und Deutschlands Rolle, um Waffenlieferungen, vornehmlich die Taurus-Marschflugkörper und um europäische Sicherheit. Was die Außenministerin mit ihren abschließenden Worten meint: Russlands Präsident Wladimir Putin setze auf "eine Zermürbungsstrategie, dass uns die Luft ausgeht", auf Spaltung in Deutschland und der EU, doch auch wenn es "manchmal kracht bei uns in der Regierung", dürfe man diesem Plan Moskaus keinen Raum geben.

Krach gibt es in der Ampel-Koalition etwa beim Taurus-Thema. Sollte Berlin dem Wunsch der Ukraine nachkommen und den Marschflugkörper liefern? Bundeskanzler Olaf Scholz hat sein "Nein" deutlich mitgeteilt, was ein Großteil der deutschen Bevölkerung unterstützt, die Union möchte den Bundestag in dieser Woche erneut abstimmen lassen. FDP-Politiker kündigten bereits einen Aufstand an, Baerbock zeigte in der Talkrunde, dass sie durchaus anders denkt als der Kanzler.

Als Caren Miosga nach Taurus fragt, gibt sich die Grünen-Politikerin qua ihres Amtes diplomatisch. Ob Scholz mit seinem Machtwort innerparteiliche Linien wichtiger seien als die Ukraine, möchte die Talkmasterin wissen. "Ich werde nicht die SPD kommentieren", antwortet Baerbock, weil Putin eben genau auf solche Brüche abziele: "Wir dürfen nicht wieder naiv sein, sondern müssen klug sein. Wenn wir jetzt nicht Stärke zeigen, wird es keinen Frieden geben." Wenn man nicht weitere Waffen an Kiew liefere, "werden mehr Kinder sterben, mehr Frauen vergewaltigt, mehr Orte eingenommen", so die Außenministerin.

Baerbock - Figure 2
Foto n-tv NACHRICHTEN
Ringtausch "eine Option"

Während Scholz keine Taurus-Marschflugkörper liefern möchte, weil er keine deutschen Soldaten im Kriegsgebiet und eine damit einhergehende weitere Eskalation des Kriegs will, sagt Baerbock, dass eine Kriegsbeteiligung erst bestünde, wenn ein NATO-Soldat auf einen russischen Soldaten schießt. Miosga hakt noch einmal nach, was die Außenministerin denn nun konkret von Lieferungen der Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern halte. Die Grünen-Politikerin windet sich. Im Bundeskabinett müssten diesen Schritt alle unterstützen. Aber "auch Taurus" gehöre dazu, wenn man die Ukraine mit allem unterstützen wolle, "was wir haben, ohne dass wir Kriegspartei werden".

Baerbock hält etwa den von Großbritanniens Außenminister David Cameron vorgeschlagenen Ringtausch, den die Union ablehnt, "für eine Option". Wenig später fasst Miosga zusammen, dass Scholz zwar gegen Taurus-Lieferungen sei, Baerbock jedoch klar dafür, nur dass die Diplomatin dies nicht aussprechen dürfe. Die Außenministerin greift nicht ein, widerspricht nicht. Ein so stiller wie lauter Protest am Kanzler-Basta.

Umso deutlicher wird Baerbock, wenn es um Putin geht. Dieser spiele "ein perfides Spiel mit unserer Angst". Damit meint sie etwa die Kriegsbeteiligung. Reisen ins Baltikum hätten sie gelehrt, wie man sich nicht auf diese Spielchen einlässt, denn Putins "psychologische Kriegsspielchen sind dort viel präsenter". Auch auf höchster diplomatischer Ebene in der UN versuche Moskau, das Narrativ zu verdrehen. Es sei immer aufs Neue wichtig, Falschaussagen nicht stehenzulassen, "weil sich Lügen sonst verfangen", sagt die Außenministerin.

Baerbock versteht Papst nicht

Diese Strategie Russlands ist für Baerbock Teil einer "hybriden Kriegsführung". Fake News würden über sie schon länger verbreitet werden, speziell auf sie als Frau abgezielt: "Russische Bots, die behaupten, ich sei eine Prostituierte", erzählt sie. "Das Aushöhlen und Unterwandern von Prozessen und Kommunikation darf man nicht unterschätzen", fährt Baerbock fort, das würde "präzise von Putin als Kriegswaffe eingesetzt". Auch der Mitschnitt eines vertraulichen Gesprächs unter Bundeswehr-Offizieren, das in der vergangenen Woche in russischen Medien auftauchte, gehöre dazu. Deutschland sei bei diesem Thema noch "nicht so aufgestellt, wie es die brutale Kriegsführung erfordert", gibt die Außenministerin zu, "andere Länder sind da deutlich weiter".

Auch der Papst erfährt Kritik. Als Antwort auf Franziskus, der in einem Interview erklärt hat, die Ukraine solle den Mut zur "weiße Fahne" haben, erzählt Baerbock eine persönliche Geschichte. Sie habe mit in der Ukraine mit Kindern gesprochen, die von Russen aus der Schule verschleppt und später wieder befreit worden waren. Eines der befreiten Kinder haben ihr gesagt: "Frau Baerbock, bitte geben Sie Putin nicht nach. Meine ganzen Schulfreunde sind noch in Russland." "Wo ist da der Papst?", als das passiert ist, fragt die Außenministerin und ist ob seines Quasi-Aufrufs zur Kapitulation zum ersten Mal in der Sendung beinahe sprachlos: "Ich verstehe es nicht, ich verstehe es wirklich nicht", sagt sie und schlägt vor, Papst Franziskus müsste mal die Situation vor Ort sehen.

Natürlich laufen auch mit Beteiligung der Bundesregierungen diplomatische Verhandlungen. "Wir tun seit zwei Jahren alles dafür, dass morgen Frieden wäre", sagt Annalena Baerbock, doch "wir lassen uns nicht abschrecken, nicht einschüchtern". Ein Frieden, den niemand mehr wolle als die Ukraine. Nur ginge das mit Putin nicht. "Mit diesem Russland wird es auf absehbare Zeit keine Sicherheit geben, deshalb müssen wir uns verteidigen", fasst es die Außenministerin bei "Caren Miosga" zusammen. Ob mit oder ohne Taurus-Marschflugkörpern, wird wohl diese Woche zeigen.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten