Mehr als 70 Galeria-Filialen sollen fortgeführt werden: „Wir glauben ...

18 Tage vor
Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz will die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen. © picture alliance/dpa

Wieder droht ein Stellenabbau bei Galeria Karstadt Kaufhof. Doch der größte Teil der Warenhäuser dürfte unter den neuen Eigentümern Bestand haben. Noch ist die Vereinbarung aber nicht in Kraft.

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Update 10.4., 14.05 Uhr: Die neuen Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof sind überzeugt, die insolvente Warenhauskette zurück auf die Erfolgsspur bringen zu können. „Wir sind froh, dass unser Plan einstimmig angenommen und unterstützt wird. Wir glauben an die Zukunft von Galeria und haben nur einen Fokus: das Warenhaus“, das teilte einer der Investoren, der Unternehmer Bernd Beetz, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Essen mit.

Weiter betonte der 73-Jährige: „Wir wollen langfristig investieren, entwickeln und wachsen.“ Die nächsten Wochen seien entscheidend, um die Voraussetzungen für ein solides Geschäftsmodell zu schaffen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, „können wir Galeria auf einen erfolgreichen Kurs bringen“, so Beetz.

Bei den neuen Eigentümern handelt es sich um ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC des Unternehmers Richard Baker und der Gesellschaft BB Kapital SA von Beetz. Über sein Verhältnis zu Baker sagte Beetz: „Was uns verbindet, ist die Liebe zum Warenhaus. Es ist Teil der deutschen Lebenskultur.“

Mehr als 70 Galeria-Filialen sollen übernommen werden

Update 10.4. 13.35 Uhr: Die neuen Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof werden voraussichtlich mehr als 70 der 92 Filialen fortführen. Das teilte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Mittwoch in Essen mit. Diese Zahl ist demnach Teil der Investorenvereinbarung, die am Dienstag notariell beurkundet wurde. Bei den neuen Eigentümern handelt es sich um ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz. Dies war bereits am Dienstag bekannt geworden.

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Die unterzeichnete Vereinbarung über die Übernahme tritt jedoch nur dann in Kraft, wenn das Amtsgericht Essen und die Gläubigerversammlung dem von Denkhaus erstellten Insolvenzplan zustimmen. Wenn sie das nicht tun, kommt der Verkauf nicht zustande. Denkhaus will den Insolvenzplan bis Ende April vorlegen. Die Gläubiger kommen am 28. Mai in der Messe Essen zusammen, um darüber abzustimmen.

Das Insolvenzverfahren war in der vergangenen Woche eröffnet worden. Galeria hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Der bislang zur Signa-Gruppe des Österreichers René Benko gehörende Konzern beschäftigt rund 12 800 Menschen. Durch eine weitere Reduzierung der Anzahl der Filialen dürften Stellen wegfallen. Wie viele das sein werden, ist noch offen.

Galeria: US-Investor und Ex-Kaufhof-Aufsichtsratschef wollen kaufen

Erstmeldung: Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz will die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen. Zuvor hatte das „Handelsblatt“ berichtet.

Weder der Sprecher des Insolvenzverwalters Stefan Denkhaus noch ein Sprecher des Unternehmens wollten sich dazu auf Anfrage äußern. NRDC und Beetz, der Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim ist, reagierten nicht auf Bitten um Stellungnahmen.

Denkhaus hatte zuletzt mit zwei Bietern final über den Verkauf von Galeria verhandelt. Laut „Handelsblatt“ soll er am Montag den Gläubigerausschuss informiert haben, dass NRDC und Beetz den Zuschlag bekommen sollen. Die Verträge sollte am Dienstag unterzeichnet werden. Am Mittwoch möchte Denkhaus am Konzernsitz in Essen den neuen Investor vorstellen.

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Aktuell betreibt die Warenhauskette noch 92 Filialen. Wie viele es künftig sein werden, ist noch offen. Nach Angaben von Denkhaus soll es um eine Übernahme von mindestens 60 Filialen gehen. Wenn nach dem Verkauf 60 Standorte erhalten blieben, würde etwa jeder dritte schließen. Viele der insgesamt 12.800 Beschäftigten müssen deshalb um ihren Arbeitsplatz bangen. „Wir kämpfen wirklich um jede Filiale“, hatte Denkhaus zuletzt gesagt. Nach Informationen der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ will das Konsortium „mehr als 70“ der 92 Filialen erhalten. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete ebenfalls von „gut 70“ Filialen.

Die US-Firma NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker. Der 58-Jährige hat die Mehrheit an den Ketten Hudson Bay Company (HBC) und Saks Fifth Avenue, die in den USA und Kanada zahlreiche Warenhäuser betreiben. Baker war schon einmal Eigentümer von Galeria Kaufhof. HBC, das nach eigenen Angaben Nordamerikas ältestes Unternehmen ist, hatte die deutsche Warenhaustochter 2015 vom Handelskonzern Metro übernommen. Für Bakers Warenhauskette war es der erste Schritt auf den europäischen Markt.

Nach dem Kauf liefen die Geschäfte jedoch nicht rund. Im Frühjahr 2017 ging Konzernchef Oliver van den Bossche, der 2023 erneut die Führung von Galeria übernommen hat, von Bord. Im Sommer 2017 reduzierte der Kreditversicherer Euler Hermes überraschend die Kreditlimits für Lieferanten. Kaufhof hatte mit Umsatzrückgängen zu kämpfen und schrieb unter dem Strich rote Zahlen. Im Geschäftsjahr 2017/2018 lag der Jahresfehlbetrag laut Bundesanzeiger bei mehr als 97 Millionen Euro, im Jahr darauf sogar bei mehr als 400 Millionen Euro.

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Handelsexperte zur Übernahme von Galeria-Filialen

Der Handelsexperte Jörg Funder rechnet nicht damit, dass die neuen Eigentümer der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof einen Großteil der 92 Filialen mittelfristig weiterbetreiben. „Ich halte 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt und die Häuser für eine gewisse Zeit weiterbetreibt“, sagte der Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms.

Nach einer Übergangszeit sei davon auszugehen, dass die Investoren weitere Filialen dichtmachten und nur die wirklich profitablen Standorte weiterbetrieben, sagte Funder. Aus seiner Sicht könnte es bei den Schließungen vor allem kleinere Städte treffen. „Warum sollte man in einer Mittelstadt mit 100 000 und weniger Einwohnern ein Warenhaus betreiben? Ich glaube, das wird zunehmend schwierig.“

Funder erwartet nicht, dass die neuen Eigentümer das Warenhausunternehmen zurück in die Erfolgsspur führen können. „Wir wissen noch nichts über ihr Konzept, aber es scheint mir eher so eine Glücksritternummer zu sein. HBC hat sich damals nicht mir Ruhm bekleckert und ist mit der reinen Übernahme von Marken aus dem Ausland gescheitert.“

Funder zufolge benötigt Galeria einen Umbau der Filialen und ein neues Konzept. Ein zentrales Warenhausmodell mit 50 bis 60 Standorten sei schwierig umzusetzen. „Dafür braucht es mehr Personal, mehr Service, mehr Marken und mehr Erlebnis. Das gibt es nicht per Handauflegen. Man muss viel Geld investieren. Ich bin aber nicht sicher, ob die neuen Eigentümer das wollen.“

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2019 kaufte Benko Kaufhof von HBC

Die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko, die kurz zuvor Karstadt übernommen hatte, bemühte sich 2015 vergeblich um einen Kauf von Galeria Kaufhof. Anfang 2018 lehnte HBC ein weiteres Angebot zunächst ab. Im selben Jahr verkündeten Kaufhof und Karstadt dann jedoch ihren geplanten Zusammenschluss. Aufsichtsratschef von Kaufhof war damals Bernd Beetz, der ehemalige Chef des US-Kosmetikkonzerns Coty.

Im Dezember 2018 gab das Bundeskartellamt grünes Licht für die Fusion. HBC wurde daraufhin Minderheitseigentümer der neuen Holding, die Signa übernahm zunächst 50,01 Prozent des fusionierten Unternehmens und 2019 dann alle Anteile. Der neue Warenhausriese Galeria Karstadt Kaufhof, der europaweit mehr als 240 Standorte mit rund 32.000 Mitarbeitern hatte, rutschte im folgenden Jahr jedoch in die erste Insolvenz.

Im Januar 2024 hat Galeria erneut einen Insolvenzantrag gestellt, es war die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Anfang April eröffnete das zuständige Amtsgericht Essen das Verfahren.

Gläubiger entscheiden im Mai

Die Anzahl der verbleibenden Galeria-Standorte ist davon abhängig, wie die Gespräche mit den Vermietern laufen, die Denkhaus in den kommenden Wochen abschließen möchte. Der Insolvenzverwalter will die Mieten der Häuser reduzieren und strebt je nach Filiale eine Umsatzmiete von sieben bis elf Prozent an, bei besonders gut laufenden Geschäften auch etwas mehr. In den Filialen, die sich in Immobilien im Besitz der Signa befinden, sind die Mieten jedoch vielfach deutlich höher und liegen bei bis zu 30 Prozent.

Der Insolvenzverwalter will bis Ende April einen Insolvenzplan vorlegen. Dieser muss vom Gericht geprüft werden. Die letzte Entscheidung über eine Übernahme durch einen neuen Eigentümer trifft die Gläubigerversammlung. Diese wird am 28. Mai in der Messe Essen zusammenkommen, um über den Insolvenzplan abzustimmen. Nimmt die Gläubigerversammlung ihn an, muss er vom Insolvenzgericht erneut bestätigt werden. Anschließend kann das Gericht das Insolvenzverfahren aufheben.

dpa

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