Film-Größe Vera Tschechowa ist tot | Kölner Stadt-Anzeiger

Die Schauspielerin und Regisseurin wurde 83 Jahre alt und starb am Mittwoch in Berlin nach schwerer Krankheit.

Vera Tschechowa - Figure 1
Foto Kölner Stadt-Anzeiger

Die grünen Augen waren ihr Markenzeichen. Für die Böll-Verfilmung „Das Brot der frühen Jahre“ bekam Vera Tschechowa 1962 den Bundesfilmpreis. Seit den 90er Jahren stand die Schauspielerin lieber hinter als vor der Kamera, porträtierte Filmkollegen wie Katja Riemann, Klaus Maria Brandauer und Michael Ballhaus. Nun ist sie nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 83 Jahren in Berlin gestorben.

Vera Tschechowa: Star der Wirtschaftswunderjahre

Die Zuschauer kennen sie aus Filmen wie „Zeit der Empfindsamkeit“, „Rausch der Verwandlung“ oder Fernsehserien. Mit ihrem damaligen Ehemann Vadim Glowna drehte sie in den 80er Jahren den Cannes-Beitrag „Desperado City“, die Max-Frisch-Verfilmung „Blaubart“ und den Dokumentarspielfilm „Tschechow in meinem Leben“ über ihre berühmte russische Familie.

Nach vielen Filmen hatte sie genug: „Irgendwann wurden die Drehbücher einfach nicht besser, sondern wesentlich schlechter.“ Unter ihrem Niveau wollte sie nicht arbeiten, sie konnte auch ohne Rampenlicht leben. Darum zog sie sich in den 1990er Jahren immer mehr vom Film- und Fernsehgeschäft zurück.

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Ihren letzten Kinofilm drehte sie 1991 mit „Liebe auf den ersten Blick“ neben Margarita Broich. 1993 war sie im MDR-Tatort „Bauernopfer“ zu sehen. 1996 drehte sie mit „Schuldig auf Verdacht“ ihren letzten Fernsehfilm. Bis dahin hatte sie in über 90 Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt.

2022 wirkte Tschechowa als Zeitzeugin in dem Dokudrama „Rex Gildo - Der letzte Tanz“ von Rosa von Praunheim mit. Ebenfalls 2022 erschien ihre Autobiografie „Überwiegend heiter: Mein ziemlich bewegtes Leben“.

Sowohl ihre Mutter als auch ihre Großmutter waren Schauspielerinnen. Ihr Urgroßonkel war der Dichter Anton Tschechow. Der große Name war für sie auch eine Bürde. Das spornte die Schauspielerin in jungen Jahren an. Irgendwann zwischen 30 und 40 fand sie zu sich selbst. „Eines Tages war ich dann Vera Tschechowa.“

Vera Tschechowa lernte Schauspiel in Berlin und München

Ursprünglich wollte sie Bühnenbildnerin werden. Die Schauspielerei erlernte sie in Berlin und München. Ihre Leinwandkarriere begann 1957 mit „Witwer mit fünf Töchtern“ neben Heinz Erhardt, einem typischen Film der Wirtschaftswunderzeit. Vera Tschechowa war eine der Schönheiten der jungen Bundesrepublik, ihr Gesicht wie geschaffen für Autogrammkarten.

In diese Zeit fällt auch eine Begegnung mit dem „King of Rock ’n’ Roll“ Elvis Presley. Die junge Tschechowa wurde einmal zu einem Fototermin mit Elvis eingeladen, als dieser als amerikanischer Soldat in Bad Nauheim stationiert war. Viel später kam es zu einer weiteren Begegnung mit der Musik-Legende: Als Tschechowa in München Theater spielte, hörte sie, dass ein einziger Mann die ganze Vorstellung gekauft hatte. Und so saß Elvis im Saal, die Füße auf die Rückenlehne gelegt, und verstand kein Wort, wie Tschechowa amüsiert erzählte. Presleys Werben widerstand sie.

Mehrere Jahrzehnte war sie mit dem Unternehmer Peter Paschek verheiratet, ihr Sohn Nikolaus Glowna ist ein renommierter Filmkomponist, der unter anderem die Musik für Kinofilme wie „Solo für Klarinette“ oder „Der Campus“ beisteuerte.

Ihr Leben sei immer schön gewesen, sagte die Schauspielerin einmal. Dazu nannte sie Beispiele aus der Familie: den sterbenden Anton Tschechow, der sich von seiner Frau ein Glas Champagner gewünscht habe. Oder die kranke Großmutter, die kaum noch trinken konnte und sich ein Glas Wein wünschte. Kurz vor ihrem Tod habe sie noch gesagt: „Das Leben ist schön“. Das fand Vera Tschechowa wunderbar. (mit dpa)

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