GA-Krimikritik: Der Tatort aus München Minutenlang schmerzt es

Bonn · Am besten ist der neue Münchner Tatort in der ersten Viertelstunde. Wer so vorlegt, muss irgendwann mal müde werden. Gut, dass sich der Tatort aus der bayerischen Landeshauptstadt auf sein Personal verlassen kann. Das hilft auch über den Rest des langatmigen Fernsehabends.

Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, l) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) in Aktion in einer Filmszene aus „Tatort München: Schau mich an“.

Foto: dpa/Linda Gschwentner

Die ersten 15 oder 20 Minuten des Münchener Tatorts sind schmerzhaft. Im positiven Sinne – wenn Schmerz und positiv überhaupt zusammengehen. Es fällt schwer, den Bildern im Video zu folgen. Auch wenn man nichts sieht, zumindest nicht die unmenschliche Brutalität, die Batic (Miroslav Nemec), Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Kalli (Ferdinand Hofer) in Worte versuchen zu fassen – der Zuschauer leidet mit. Mit der Frau, die als Torso unter München endet, mit den Welpen, die bestialisch gequält werden. Und man fühlt mit – mit den so lieb gewonnenen Ermittlern, die sich all das ansehen müssen.

Leider ist Sammy Scheuritzel mit Maske deutlich besser als ohne. Sein Lukas Wagner bleibt Leinwand für Klischees des Außenseiters, des künftigen Amokläufers. Einen eigenen Charakter entwickelt er bei aller Mühe nicht.

Das gelingt Aenne Schwarz als Lisa Berger deutlich besser. Sie ist am Ende die, die die menschliche Leinwand bemalt – mit den grausamsten Bildern, die man sich vorstellen kann, aber nicht vorstellen will.

Das Beklemmende, das Schockierende verliert der Tatort schnell, danach beobachtet man den bayerischen Tatort-Adel beim Ermitteln. Die Rolle des Kalli wird immer größer, und passend dazu ist aus dem Jungen ein Mann geworden, mit Dreitagebart und sportlichem Sprint durch den Wald. Die Kurve hin zum ernsthaften Ermittler ist ziemlich steil, könnte aber glücken. Auf eigene Faust ermitteln kann Kalli schon. Und duzen darf er den Ivo und den Franz jetzt auch.

Leider verfeuert der aktuelle Münchener Fall seine Kugeln zum großen Teil bereits am Anfang des Films, sodass man nach allem Erschrockensein zu Beginn doch tatsächlich ab Minute 70 auf die Uhr schaut, um zu sehen, wie lange man noch vor dem Bildschirm harren muss. Das ist schade, ändert aber nichts daran, dass die Münchener Ermittler – wie wirklich oft – sehr elegant über die Drehbuchlöcher (Christoph Stark, auch Regie) hüpfen. Diesmal haben sie beim Hüpfen sogar einen Dackel dabei – den Dackel vom Hackl.