Anstehendes Himmelsspektakel: Wie Sie die Sonnenfinsternis von ...

7 Apr 2024

Beobachter einer totalen Sonnenfinsternis in Exmouth in Westaustralien im April 2023

Foto: Aaron Bunch / AP

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Sonnenfinsternis - Figure 1
Foto DER SPIEGEL

Am Montag, dem 8. April, können Millionen Menschen in Mittel- und Nordamerika – von Mexiko bis Kanada – eine totale Sonnenfinsternis am Himmel beobachten, kurz SoFi genannt. Von Deutschland aus ist das Spektakel nicht zu sehen. Lediglich am westlichen Rand Europas – in Teilen Portugals, Spaniens, Irlands und Großbritanniens sowie in Island – wird der Mond die Sonne teilweise verdecken. Dabei könnte diese SoFi besonders dramatische Bilder liefern. Ob es so kommt, lässt sich hierzulande im Livestream oder – noch etwas eindrucksvoller – in einem Planetarium verfolgen.

Bei einer Sonnenfinsternis verdunkelt sich der Himmel plötzlich tagsüber wie in der Morgen- oder Abenddämmerung. Vögel verstummen zwischenzeitlich und wer im Totalitätspfad steht – auch »Pfad der Finsternis« genannt – kann bei klarem Himmel etwas sehen, das sonst verborgen bleibt: den äußeren Teil der Sonnenatmosphäre, die Korona, die sonst vom hellen Licht der Sonnen überstrahlt wird.

Was genau passiert bei einer Sonnenfinsternis? Wo lässt sich das Himmelsereignis in Deutschland verfolgen? Und wann ist hierzulande die nächste SoFi zu sehen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie entsteht eine Sonnenfinsternis?

Eine totale Sonnenfinsternis lässt sich nur beobachten, wenn der Neumond zwischen der Sonne und der Erde durchzieht und dabei die Sonne komplett verdeckt. Bei solch einem Event schaut man also zum Zeitpunkt der vollständigen Verdunklung nicht auf die Sonne, sondern auf den Mond. Schaulustige vor Ort sollten das Spektakel trotzdem nur mit speziellen Brillen verfolgen, die für die Netzhaut schädliche Sonnenstrahlen filtern. Das gilt auch beim Blick durch eine Kamera oder ein Teleskop. Sonst drohen dauerhafte Schäden.

Zwar befindet sich der Mond während jeder Neumondphase zwischen der Erde und der Sonne. Da die Umlaufbahn des Mondes um die Erde jedoch leicht geneigt ist, zieht der Mond meist nicht direkt vor der Sonne vorbei, sondern darüber oder darunter. Eine Sonnenfinsternis kann nur auftreten, wenn der Mond die Ebene durchquert, auf der sich die Sonne und die Erde befinden und sich in diesem Moment zudem auf einer Linie mit den beiden Himmelskörpern befindet.

Dass der kleine Mond dann die viel größere Sonne verdeckt, liegt an der Perspektive: Die Sonne hat einen etwa 400-mal größeren Durchmesser als der Mond, ist aber auch etwa 400-mal weiter von der Erde entfernt. Sind beide am Himmel zu sehen, erscheinen sie etwa gleich groß, der kleine Mond kann die große Sonne verdunkeln.

Damit ist die Erde ein Sonderfall. Kein anderer Gesteinsplanet in unserem Sonnensystem hat die richtigen Proportionen für eine Sonnenfinsternis: Merkur und Venus haben keine Monde, und die beiden Trabanten des Mars sind viel zu klein, sie können die Sonne nur teilweise verdecken.

Sonnenfinsternis - Figure 2
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Wie häufig ist eine Sonnenfinsternis zu beobachten?

Insgesamt sind solche Ereignisse gar nicht so selten. Etwa zwei bis fünf Sonnenfinsternisse gibt es weltweit jedes Jahr, darunter fallen allerdings auch partielle, also teilweise Verdunklungen. Eine totale SoFi kommt nur etwa alle ein bis zwei Jahre vor und ist dann nur innerhalb einer kleinen Region der Erde zu sehen. Im Durchschnitt kann man von einem bestimmten Ort unseres Planeten aus nur etwa alle 375 Jahre ein solches Ereignis beobachten. In Deutschland war das zuletzt im August 1999 der Fall, die nächste totale Sonnenfinsternis findet hier am 3. September 2081 statt.

Wo genau ist sie am Montag zu sehen – und welche Möglichkeiten gibt es von Deutschland aus?

Beginnend über dem Pazifik zieht sich der Kernschatten des Mondes über den Norden Mexikos, überquert die USA über 13 Bundesstaaten von Texas schräg nordöstlich bis nach Maine und streift schließlich den Südosten Kanadas. In der Zone liegen Großstädte wie Dallas, Indianapolis, Buffalo und Montreal, insgesamt leben dort mehr als 40 Millionen Menschen.

Nasa-Karte zeigt »Pfad der Finsternis«: Am 8. April zieht der Kernschatten des Mondes quer von Mexiko über die USA nach Kanada. Zu unterschiedlicher Zeit wird an zahlreichen Orten die Sonne für ein paar Minuten vollkommen verdunkelt sein.

Foto: Michala Garrison / Ernie Wright / Goddard Space Flight Center / NASA Scientific Visualization Studio

In Deutschland bieten einige Sternwarten Veranstaltungen an. Das Zeiss-Großplanetarium  in Berlin etwa lädt ein, die Sonnenfinsternis live in 360 Grad mitzuerleben und Detailbilder der Sonne in Full-HD zu sehen. Kostenlose Tickets sind am 8. April ab 18 Uhr an der Kasse erhältlich. Im Planetarium Hamburg  wird das Ereignis ebenfalls übertragen. Experten für Sonnenforschung sind vor Ort und erklären, was vor sich geht. Das Event ist kostenpflichtig.

Wer nicht das Haus verlassen will, hat online diverse Livestreams zur Auswahl. Gleich eine Handvoll Webcasts  bietet die amerikanische Weltraumbehörde Nasa an, darunter kommentierte Versionen und Übertragungen von mehreren Teleskopen in Nordamerika. Einen Stream finden Sie etwa hier:

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Sonnenfinsternis - Figure 3
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Die Nasa wird zudem den Flug von drei Forschungsraketen  streamen, die während der Sonnenfinsternis von Virginia aus starten sollen. Deren Mission: untersuchen, wie der plötzliche Rückgang des Sonnenlichts unsere obere Atmosphäre beeinflusst.

Auch die National Science Foundation wird die Sonnenfinsternis zeigen . Ergänzend sprechen Fachleute über die Erforschung der Sonne und geben Einblick in die Arbeit mit dem Daniel K. Inouye Solar Telescope auf Hawaii, dem größten Sonnenteleskop der Erde.

Hinzu kommen Angebote von diversen Observatorien: Das Lowell Observatory in Arizona  etwa überträgt den Blick auf die Sonnenfinsternis aus Waco, Texas. Das Exploratorium in Kalifornien  berichtet auf Englisch und Spanisch live aus Junction, Texas, und Torreón, Mexiko.

Weshalb könnte diese SoFi besonders dramatisch werden?

Die Sonne ist derzeit besonders aktiv – so aktiv wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr. Alle elf Jahre nimmt die Aktivität der Sonne zu und ab, wenn die magnetischen Nord- und Südpole ihre Plätze tauschen. Zu Beginn dieses Sonnenzyklus ist die Aktivität am geringsten, was als solares Minimum bezeichnet wird. In der Mitte des Zyklus nimmt die Aktivität zu, was als Sonnenmaximum bezeichnet wird, und sinkt dann wieder aufs Minimum.

Koronaler Massenauswurf: Bei einer Sonneneruption am 17. April 2021 wurde gut sichtbar Plasma ausgestoßen

Foto: STEREO-A / COR2 / NASA

In diesem Jahr nähert sich die Sonne einem Aktivitätsmaximum. Die Folge: Es wird mehr Sonneneruptionen und Sonnenstürme geben, was sich auch auf die diesjährige totale Sonnenfinsternis auswirken könnte. Während der Finsternis werde die Sonnenkorona womöglich sehr stachelig aussehen, wie ein »sehr gereizter kleiner Igel«, sagte der Sonnenphysiker Scott McIntosh gegenüber der »Washington Post«. 

Die Nasa beobachtet die besondere Sonnenfinsternis unter anderem mit Flugzeugen und Ballons. Ein anderes Forscherteam nutzt Instrumente am Boden, um die Dichte und Temperatur der Korona genauer als bisher zu bestimmen. Und wieder andere möchten einen riesigen, mit Instrumenten beladenen Drachen mehr als drei Kilometer hoch in den Himmel steigen lassen, sodass keine Wolke die Sicht stört.

Wie studieren Forschende sonst die Sonne?

Zwei Sonden – Parker Solar Probe der Nasa und der Solar Orbiter der europäischen Weltraumorganisation Esa – sind vor Ort oder wieder auf dem Weg zur Sonne. Sie arbeiten zusammen, um ein 65 Jahre altes Rätsel zu lösen: Wieso ist die äußere Atmosphäre der Sonne weitaus heißer als ihre Oberfläche?

Bild der Sonne: Röntgenstrahlen strömen von dem Stern ins All

Foto: JPL-Caltech / GSFC / NASA

Die Parker Solar Probe startete am 12. August 2018 zur Sonne – und drang so weit wie kein anderes Gerät zuvor in die Korona vor. Nur 10,5 Sonnenradien von der Sonnenoberfläche entfernt tauchte sie in deren äußere Atmosphäre ein. Das entspricht etwas mehr als sieben Millionen Kilometern. So konnte sie erstmals aus dieser Perspektive beobachten, wie die Sonne Masse ins All schleuderte .

Seit dem 10. Februar 2020 ist auch der Solar Orbiter aktiv. Er soll den Stern im Zentrum unseres Sonnensystems möglichst oft ablichten und hochauflösende Nahaufnahmen von den Polarregionen machen. Die beteiligten Wissenschaftler wollen während der Mission zudem messen, wie Sonnenwinde zusammengesetzt sind und was sie auf Geschwindigkeiten von Hunderten Kilometern pro Sekunde beschleunigt. Dafür soll sich der Solar Orbiter der Sonne zwischenzeitlich auf bis zu 42 Millionen Kilometer nähern, also 60 Sonnenradien.

Geplant ist außerdem die Esa-Weltraummission Proba-3 . Um die Sonnenkorona zu erforschen, sollen im September zwei Satelliten ins All starten und eine Sonnenfinsternis simulieren: Der erste Satellit hat ein Schild mit 1,40 Meter Durchmesser und spielt die Rolle des Mondes, der sich vor die Sonne schiebt. In der Dunkelheit dahinter kann der zweite Satellit Aufnahmen von den Gasen um die Sonne machen.

Ziel der Mission ist zudem »gigantische Wellen aus Plasma und Magnetfeldern« zu erforschen, die aus der Sonnenkorona ins All geschleudert werden, erklärte der Esa-Ingenieur Raphaël Rougeot am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Diese Ereignisse könnten Satelliten und Einrichtungen auf der Erde beschädigen, weshalb Forscherinnen und Forscher sie besser verstehen und rechtzeitig vorhersagen wollen.

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