Liverpool verspielt Tabellenführung: Manchester United versetzt ...

25 Tage vor

Liverpools Trainer Jürgen Klopp

Foto: Adam Vaughan / EPA

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Manchester United - Figure 1
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Szene des Spiels: Bevor Jürgen Klopp die Fäuste ballte, bevor Manchester Uniteds Torhüter André Onana in die falsche Ecke sprang, bevor Liverpool den längst überfälligen zweiten Treffer erzielte, hatte Mohamed Salah Probleme mit der Ballkontrolle. Wenn der Ägypter den Ball am Fuß hat, gehorcht er ihm in der Regel. Mit den Händen hatte er allerdings seine Schwierigkeiten, den Ball an der Kante des Elfmeterpunkts zu platzieren. Der Wind pustete ihn zurück in seine Richtung, als wäre das Wetter auf Uniteds Seite. Als der Ball dann ruhig blieb, tat Salah es auch und verwandelte den Foulelfmeter zum 2:2-Endstand.

Das Ergebnis: Am 32. Spieltag der Premier League hat Manchester United dem FC Liverpool ein 2:2 (0:1) abgetrotzt. Liverpool ging durch Luis Díaz in Führung (23. Minute), Bruno Fernandes (50.) und Kobbie Mainoo (67.) drehten die Partie für United. Den Ausgleich erzielte Salah in der Schlussphase (84.).

Anders in der Premier League: Dort wird der wohl spannendste Titeldreikampf der vergangenen zehn Jahre  mit jedem Spieltag aufregender. Manchester City hatte am Samstag zwar früh hinten gelegen, am Ende aber 4:2 gewonnen. Arsenal hatte sich durch ein 3:0, zu dem der deutsche Nationalspieler Kai Havertz einen Treffer beisteuerte, an die Tabellenspitze gesetzt. Weil Liverpool nun nur remis spielte, bleiben die Londoner auch dort – allerdings lediglich aufgrund des besseren Torverhältnisses. City ist mit einem Punkt weniger Dritter.

Die erste Hälfte: Während das sommerliche Aprilwetter im deutschen Profifußball mancherorts für Trinkpausen sorgte, startete die Partie in Manchester – wer es nicht weiß, ahnt es – in strömendem Regen. Im Hinspiel hatte ManUnited noch das getan, was im Englischen als »parking the bus« bezeichnet wird, also ohne Offensivambitionen gnadenlos verteidigen.

Manchester United - Figure 2
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Schon nach 70 Sekunden war klar: Der Mannschaftsbus wird in diesem Spiel eine untergeordnete Rolle spielen. Manchesters Alejandro Garnacho traf nach einem Konter, hatte zuvor jedoch im Abseits gestanden (2.). Nach fahrigen zehn Minuten, in denen jeder Ballverlust in Großchancen zu münden schien, übernahmen die Gäste die Kontrolle und trafen nach einer Ecke durch Luis Díaz zum 1:0 (23.). Dabei blieb es, obwohl Liverpool 15 Schüsse abgab, United keinen. Klopp kanalisierte seine Freude in seine Faust, das Gesicht blieb ausdruckslos. In der Weißbierwerbung wirkte er glücklicher.

Manchester im Regen

Foto: Paul Ellis / AFP

Liverpool vorgewarnt: United spielt eine durchwachsene Saison, fast ständig begleitet durch die Frage, ob Trainer Eric ten Hag nun der Richtige ist, um aus United wieder einen ernsthaften Titelkandidaten zu machen. In der Liga stehen sie derzeit auf Rang sechs, mit deutlichem Abstand zum Fünften. Trotzdem schafften es die Red Devils in dieser Saison bereits zweimal auf unterschiedlichste Art, Liverpool auf die Nerven zu gehen. Im Hinspiel erkämpften sie in Liverpool mit ultradefensivem Fußball ein 0:0. Immer noch ist es das einzige Spiel in dieser Saison, in dem Liverpool kein Tor erzielte. Vor drei Wochen, beim Aufeinandertreffen der beiden Klubs im FA-Cup-Viertelfinale, gab es dann das Kontrastprogramm: United gewann zu Hause ein Spiel voller Wendungen 4:3 in der Verlängerung, nachdem Liverpool zweimal vorn gelegen hatte. Es war die bislang wohl bitterste Niederlage in Klopps Abschiedssaison.

Die zweite Hälfte: Ten Hag kam nach der Pause erst spät aus den Katakomben und applaudierte in Richtung der Fans, damit diese in Richtung der Spieler applaudieren. Wenige Minuten später wurde es ohne sein Zutun erneut laut: Ohne gegnerischen Druck spielte Liverpools Innenverteidiger Jarell Quansah in seinem elften Premier-League-Spiel den Ball zu Manchesters Bruno Fernandes. Am Mittelkreis stehend zog er direkt ab, der Ball segelte am aufgerückten Torhüter vorbei ins Netz (50.). Es war Uniteds erster Torschuss.

Manchester United - Figure 3
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Ein Fehler und ein Tor: Kobbie Mainoo, 19 Jahre alt, ausgebildet in ManUniteds Jugend, stand zum ersten Mal in einem Premier-League-Spiel von Beginn an auf dem Feld. Im ersten Durchgang ließ er Díaz davonlaufen, bevor dieser zum 1:0 traf. In der 67. Minute war es dann Mainoo selbst, der im gegnerischen Strafraum zu viel Platz bekam. Aus rund 15 Metern zirkelte er den Ball ins lange Eck und brachte Jürgen Klopps Kiefer in Bewegung. Der 56-Jährige war sichtlich aufgebracht, gestikulierte an der Seitenlinie wild, während Mainoo an der Eckfahne jubelte. Schon im FA Cup gehörte Mainoo gegen Liverpool zu Uniteds besten. »Warum ist Kobbie Mainoo nicht in diesem Kader? Komm schon. Der Mann war unglaublich heute«, hatte England-Ikone Ian Wright danach bei X gepostet. Mainoo wurde daraufhin aus dem U21-Kader in die englische Nationalmannschaft befördert.

Kobbie Mainoo (Mitte) bejubelt mit seinem Teamkollegen das 2:1

Foto: Paul Ellis / AFP

Meisterliche Einwechslungen: Klopp ist öffentlicher Befürworter von weniger Spielen und mehr Einwechselungen. Zumindest Letzteres bekam er in der Saison 2022/23. Fünf- statt vier neue Spieler dürfen seitdem aufs Feld. Daraus macht Klopp zurzeit mehr als jeder andere Premier-League-Coach: Laut »The Athletic«  waren eingewechselte Liverpool-Spieler an 22 Ligatoren beteiligt. In Manchester wechselte Klopp kurz vor Uniteds Führungstreffer dreifach, wenig später schöpfte er sein Kontingent vollends aus. Klopps letzte Einwechselung, Harvey Elliott, holte in der Schlussphase den Elfmeter raus.

Theatre of Nightmares: Das Old Trafford, wo ManUnited seine Heimspiele austrägt, wurde von Sir Bobby Charlton einst das »Theatre of Dreams« getauft. Für Klopp luden die Reisen dorthin meist nicht zum Träumen ein: Nur zwei der elf Auswärtsspiele bei United konnte Liverpool in Klopps Amtszeit gewinnen. Auch sein letzter Auftritt im Old Trafford als Liverpool-Coach wird er wohl in keiner guten Erinnerung behalten.

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