FDP-Vorschläge für Rente mit 63 und Bürgergeld: Folgen für ...

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Stand: 22.04.2024, 10:59 Uhr

Von: Amy Walker

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Christian Lindner

Christian Lindner befürwortet eine Abschaffung der Rente mit 63 © Bernd von Jutrczenka/dpa

Die FDP will härtere Sanktionen gegen Bürgergeld-Verweigerer und die Abschaffung der Rente mit 63. Doch welche Auswirkungen hätten diese Maßnahmen wirklich?

Berlin - Die FDP hat mit einem neuen Beschlussentwurf aus ihrem Parteipräsidium erneut eine Debatte über die Sozialpolitik der Ampel-Koalition ausgelöst. In diesem Entwurf plädiert die Partei für strengere Strafen beim Bürgergeld für sogenannte „Totalverweigerer“ und fordert das Ende der umgangssprachlich so bezeichneten „Rente mit 63“. Der Generalsekretär der SPD bezeichnete die Pläne im Gespräch mit dem Tagesspiegel als „Beschimpfung von Arbeitnehmern“.

Bürgergeld-Kürzungen für Totalverweigerer

Die FDP-Vorschläge betreffen das Bürgergeld und die „Rente mit 63“. „Wer seinen Mitwirkungspflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsweise zumutbare Arbeit ohne gewichtigen Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungskürzung von 30 Prozent rechnen müssen“, so der Wortlaut des Papiers, über das zuerst die Bild am Sonntag berichtete. Als zumutbare Arbeit werden in dem Dokument ausdrücklich auch „sogenannte Ein-Euro-Jobs“ genannt.

Das FDP-Präsidium fordert weiterhin, dass der Spielraum für härtere Sanktionen ausgeschöpft werden sollte, „bis hin zu einer vollständigen Streichung von Leistungen“. Zudem sollte das Leistungsniveau zunächst nicht weiter ansteigen und die Politik sollte für mindestens drei Jahre keine neuen Sozialleistungen beschließen.

Die FDP spricht sich gegen den möglichen Renteneintritt mit 63 Jahren aus, mit Verweis auf den Fachkräftemangel. Deutschland könne sich den vorzeitigen Ruhestand nicht leisten. Stattdessen befürworten die Liberalen Maßnahmen, um die Einstellung von Menschen im Rentenalter attraktiver zu gestalten, indem der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze gestrichen wird. Darüber hinaus bekräftigt die FDP ihre Forderung nach einer steuerlichen Besserstellung von Überstunden.

Rente mit 63: Jährlich gehen 250.000 Menschen in Frührente

Die Anzahl der „Totalverweigerer“ ist sehr gering. Die Auswirkungen der FDP-Vorschläge können natürlich nur spekuliert werden, da eine Umsetzung in der von den Liberalen geforderten Härte derzeit sehr unwahrscheinlich ist. Was die Kürzungen bei Bürgergeld-Empfängern betrifft, ist jedoch anhand statistischer Daten relativ deutlich erkennbar, dass nur sehr wenige Menschen betroffen wären. Neue Zahlen der Agentur für Arbeit, die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete, zeigen, dass nur etwa 0,4 Prozent aller Bürgergeldempfänger von Leistungskürzungen betroffen sein könnten, weil sie eine Arbeit ablehnen. Ähnliche Zahlen wurden in der Vergangenheit ermittelt: Der Anteil derer, die als „Totalverweigerer“ gelten können, liegt zwischen 0,8 und zwei Prozent.

Diese drastischen Leistungskürzungen hätten also faktisch keine Relevanz im Alltag der Bürgergeldempfänger.

Die Abschaffung der sogenannten „Rente mit 63“ stellt eine andere Situation dar. Laut der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) waren in den letzten Jahren etwa 30 Prozent der Neu-Rentner solche, die eine Frührente bezogen. Die Rente für besonders langjährig Versicherte kann von Personen in Anspruch genommen werden, die 45 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt haben. Wer so lange eingezahlt hat, darf vor der Regelaltersgrenze eine abschlagsfreie Rente beziehen. 2023 waren das also ungefähr 256.500 Menschen.

Bei einer Abschaffung der „Rente mit 63“ sind verschiedene Szenarien denkbar. Ein Teil der 250.000 Menschen, die eigentlich diese Frührente in Anspruch nehmen würden, wird sicherlich bis zur Regelaltersgrenze weiterarbeiten. Ein anderer Teil wird mutmaßlich aber stattdessen Abschläge in Kauf nehmen und sich einfach mit weniger Rente zufriedengeben. Es ist also offen, ob der Vorstoß der FDP wirklich dazu führen würde, dass mehr Menschen in Arbeit gehalten würden. Möglich ist nämlich auch, dass stattdessen mehr Menschen durch niedrigere Renten im Laufe ihres Lebensabends in die Altersarmut rutschen. Am wahrscheinlichsten wäre hier eine Mischung aus beiden Szenarien.

Mit Material von AFP

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