Westaustralien: Wie die radioaktive Kapsel wiedergefunden wurde

1 Feb 2023

Wissenschaft Tagelange Suche

Wie Australien die radioaktive Mini-Kapsel wiederfinden konnte

Stand: 12:13 Uhr | Lesedauer: 4 Minuten

Norbert Lossau

Radioaktive Kapsel im westaustralischen Outback gefunden

Eine radioaktive Kapsel, so groß wie ein Fingernagel – verloren gegangen auf einer 1400 Kilometer langen Strecke in Australien. Eine Woche lang suchten Spezialkräfte unter Hochdruck nach der Hülse, die offenbar von einem Lkw gefallen war. Nun geben die Behörden Entwarnung.

Quelle: WELT / Perdita Heise

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In Australien ging bei einem Lkw-Transport eine kleine Kapsel mit radioaktivem Cäsium verloren. Wer ihr zu nahe kommt, kann gesundheitliche Schäden erleiden. Die schwierige, tagelange Suche konnte jetzt erfolgreich beendet werden.

Eine kleine, nur sechs mal acht Millimeter messende Kapsel hat in Westaustralien für Aufregung gesorgt. Sie ist bei einer 1400 Kilometer langen Lkw-Fahrt von einer Mine in ein Depot, irgendwann zwischen dem 10. und 16. Januar 2023, unbemerkt vom Laster gefallen. Der Verlust war extrem besorgniserregend, weil die Kapsel radioaktives Cäsium-137 enthält und intensive Gammastrahlung aussendet.

Wer diesem Objekt zu nahe kommt und seiner Strahlung ausgesetzt wird, kann Hautverbrennungen erleiden und auch langfristige Strahlenschäden davontragen. Das Gesundheitsministerium von Westaustralien sprach eine Warnung aus, veröffentlichte ein Foto der Kapsel und empfahl einen Mindestabstand von fünf Metern einzuhalten. Das ist jedoch einfacher gesagt als getan, wenn eine Person an der fraglichen Wegstrecke gar nicht bemerkt, was da möglicherweise in seiner Nähe am Boden liegt.

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Eine Messstation für Radioaktivität des Bundesamtes für Strahlenschutz und ein Messwagen sind am Mittwoch (16.03.2011) auf dem Schwarzwald-Berg Schauinsland bei Freiburg zu sehen. Nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz, König, besteht in Deutschland nach den Atomunglücken in Japan keine Gefahr durch erhöhte Strahlung. Foto: Patrick Seeger dpa/lsw +++(c) dpa - Bildfunk+++ |

Bemerkt wurde der Verlust erst am 25. Januar beim Entladen des Lkws. Seitdem wurde intensiv nach der radioaktiven Kapsel gesucht, wobei sich der viel zitierte Vergleich mit der Nadel im Heuhaufen aufdrängt. Immerhin macht sich die Kapsel im Gegensatz zur sprichwörtlichen Nadel durch die ausgesandte Strahlung bemerkbar. Deshalb lässt sich die verlorene Kapsel grundsätzlich mit einem Messgerät aufspüren.

Bei einer Strecke von 1400 Kilometern war das jedoch eine gewaltige Herausforderung. Umso größer ist nun die Erleichterung, dass die gefährliche Kapsel nach tagelanger Suche tatsächlich aufgespürt werden konnte. Sie wurde von einem mit Strahlendetektoren ausgestatteten Suchfahrzeug entdeckt, das die Strecke mit einer Geschwindigkeit von 70 Kilometern pro Stunde abgefahren ist.

Ein höheres Tempo hätte den Erfolg wahrscheinlich verhindert, denn der Detektor muss sich schon eine Weile in der Nähe der Quelle befinden, damit sich die lokal erhöhte Strahlung aus dem allgemeinen Rauschen abheben kann. Die Suchfahrzeuge und -trupps hatten die im Lastwagen aufgezeichneten GPS-Daten genutzt, um den genauen Verlauf der Fahrtroute nachvollziehen zu können.

Ein Mitarbeiter des „Department of Fire and Emergency Services“ sucht mit einem Messgerät nach Cäsium.

Ein Mitarbeiter des „Department of Fire and Emergency Services“ sucht mit einem Messgerät nach Cäsium.

Quelle: dpa

Zwischenzeitlich war nicht ausgeschlossen worden, dass sich die kleine Kapsel im Profil eines Fahrzeugs festgesetzt haben könnte, das auf dem Great Northern Highway unterwegs war. Dann hätte die Kapsel irgendwohin verschleppt werden können. Kraftfahrer, die auf der besagten Route unterwegs waren, waren aufgefordert worden, die Reifen ihrer Fahrzeuge zu überprüfen – was sich aber leider nicht mit fünf Meter Mindestabstand bewerkstelligen ließ. Insgesamt war die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass man die Kapsel nie wieder aufspüren würde.

Die von Cäsium-137 ausgesandte Gammastrahlung wird in vielfacher Weise technisch und medizinisch genutzt. Sie wird etwa zur Bestrahlung von Tumoren in der Krebsmedizin eingesetzt, zum Kalibrieren von Strahlungsmessgeräten oder auch zur Messung der Dicke von Rohrwänden.

Cäsium-137 sendet neben Gammastrahlung auch sogenannte Betastrahlung aus, die aus hochenergetischen Elektronen besteht. Diese haben in Luft und erst recht in fester Materie nur eine geringe Reichweite, sodass sie bei den technischen Anwendungen der Strahlung keine Rolle spielen und von ihnen auch eine deutlich geringere Gefahr, als von der Gammastrahlung ausgeht. Sie kann in den menschlichen Körper eindringen und dort aufgrund ihrer Energie Biomoleküle schädigen. Dadurch können Krebszellen induziert werden.

500 Gramm Cäsium-137 fielen auf Deutschland

Cäsium-137 entsteht bei Kernreaktionen in Atomkraftwerken. Bei der Explosion eines Reaktors in Tschernobyl wurden 1986 größere Mengen Cäsium-137 in die Umwelt freigesetzt und mit östlichen Winden auch nach Westeuropa transportiert.

Experten schätzen, dass damals insgesamt 500 Gramm Cäsium-137 über Deutschland niedergegangen sind. Das klingt nicht nach viel, und doch gehen schon von kleinsten Mengen Gefahren aus. So waren etwa in den Jahren nach der Katastrophe die Pilze in Bayern so stark mit Cäsium-137 belastet, dass sie für den menschlichen Verzehr nicht geeignet waren.

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ARCHIV - 03.03.2019, Bayern, Neuschönau: Zwei Wildschweine stehen auf einem Plateau im Wald und beobachten die Umgebung. 35 Jahre nach der Reaktor-Katastrophe im ukrainischen Tschernobyl sind Wildschweine in einigen Regionen Bayerns noch immer radioaktiv belastet. (zu dpa: «Problem Sau - Radioaktiv verstrahlte Wildschweine nach Tschernobyl») Foto: Lino Mirgeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bis heute ist das durch Tschernobyl verursachte Cäsium-Problem nicht ganz verschwunden. Denn Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Das bedeutet, dass nach dieser Zeitspanne erst die Hälfe der Cäsiumatome verschwunden, weil zerfallen sind. 2016 gab es also hierzulande noch immer 250 Gramm Cäsium-137 aus Tschernobyl.

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