Ärger um die Handspiel-Regel: „Skandal“ und Hoffnung für ...

Werder Bremen

„Skandal!„, hallte es durch die Interviewzone des Bremer Weserstadions, „ein Skandal ist das!“ Torsten Lieberknecht war auf 180. Zwei Tore hatte Schiedsrichter Florian Badstübner seinem SV Darmstadt 98 in Kooperation mit dem „Kölner Keller“ am Samstagnachmittag in Bremen aberkannt.

Das erste in der 79. Minute. Da stand Tim Skarke knapp im Abseits. Dann lief die siebte Minute der Nachspielzeit. Werder-Torwart Michael Zetterer wollte den Ball nach kurzen Kopfball-Rückgabe von Christian Groß nach vorn schlagen, schoss aber den heraneilenden Skarke an. Von dessen angelegtem Arm sprang der Ball an seinen Oberschenkel; das anschließende Laufduell gegen Zetterer gewann Skarke und schob den Ball über die Linie.

Eine Gefühlseruption bei den Darmstädtern folgte, die seit 15 Spielen auf einen Sieg warteten – bis der VAR eingriff und Skarkes Handspiel als regelwidrig einstufte. Nichts wurde es aus dem ersten Sieg seit vier Monaten. Am Ende schmeckte das 1:1 in Bremen schal. Nun sind es 16 Bundesliga-Begegnungen des Tabellenletzten ohne den vollen Ertrag.

„Was soll ich da machen?“

Immerhin hatte sich Lieberknecht eine halbe Stunde später in der Pressekonferenz beruhigt: „Das ist nun mal die Regel, und den Erfinder der Regel würde ich gern mal kennenlernen – aber nicht heute“, sagte der Trainer, der sichtlich bedient wirkte, aber mit etwas Abstand wohl seinem Torwart Marcel Schuhen recht geben musste, der sagte: „Man kann sauer auf die Regel sein, aber nicht auf den Schiedsrichter, der hat nämlich alles richtig gemacht.“

Tim Skarke sagte: „Der Torwart schießt mich aus 30 Zentimetern an, was soll ich da machen? Für mich war das ein reguläres Tor. Aber wir haben diese Regel und können sie nicht ändern. Ich finde, dieser Punkt sollte uns Mut geben für das Saisonfinale. Man hat heute wieder gesehen, dass wir eine absolut intakte Mannschaft sind.“

„Wir spielen erwachsener“

Überhaupt fiel auf, dass die Mannschaft des Tabellenletzten Leistung und Ertrag an der Weser positiver bewertete als der Trainer: „Wir spielen viel erwachsener als in der Vorrunde. Die Arbeit unter der Woche ist gut, das Team funktioniert. Das wäre nicht bei jedem Team so, dass wie wir seit Monaten auf einen Sieg wartet“, lobte Schuhen.

Lieberknecht hatte die Partie des 23. Spieltages von der Tribüne inmitten „lieber, netter Werder-Fans verbracht, die mit mir gelitten haben“. Er hatte vor einer Woche in Stuttgart seine vierte Gelbe Karte gesehen und war daraufhin mit einem Innenraumverbot belegt worden.

In Bremen vertraten ihn seine Assistenten Ovid Hajou und Kai Schmitz. War es deshalb ein besonderes Spiel? „Für uns ist es nicht groß anders“, sagte Torschütze Julian Justvan und schob entwaffnend ehrlich nach: „Es ist in solchen Stadien so laut, dass du ohnehin kaum hörst, was von der Bank gerufen wird.“

Justvan hatte mit seinem 1:1 in der 33. Minute die Hoffnung zurückgebracht, bei den formstarken Bremern etwas mitzunehmen. Die Werder-Führung durch Christoph Zimmermanns Eigentor aus der achten Minute war egalisiert, einige brenzlige Situationen waren überstanden, plötzlich war Darmstadt da. Nach dem Wechsel wirkte Werder obenauf, versäumte aber, etwas draus zu machen, und von der 70. Minute an wurde es ein wildes Spiel mit Darmstädter Vorteilen. Wie ein baldiger Absteiger wirkten die „Lilien“ an der Weser nicht.

„Da war pure Freude“

Nur die Krönung blieb aus, beziehungsweise, sie hatte keinen Bestand: „Als ich sehe, wir deren Torwart Tim abschießt, er losläuft und einschiebt, war da pure Freude“, schilderte Torwart Schuhen, „ich habe mir aber abgewöhnt, mich zu sehr zu freuen, seit es den VAR gibt, weil du nur den Fokus verlierst, wenn du dich danach wieder ärgern musst. Es war heute ein Spiel, in dem auch ein Bremer Ball noch hätte reinkullern können. Das wollte ich auf jeden Fall verhindern.“

So wurde es der siebte Auswärtspunkt der Darmstädter, einer, der vielleicht noch ganz wichtig sein kann: „Wir werden uns weiter einen battle liefern mit den beiden, die mit uns da unten sind“, sagte Trainer Lieberknecht, „dieser Punkt hier muss uns Stärke geben, denn wir waren sehr widerstandsfähig. Irgendwann werden wir uns belohnen.“ Es war also ein „Skandal“ mit halbwegs gutem Ausgang.

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