FC Bayern München: Niederlage beim VfB Stuttgart zeigt abermals ...

13 Tage vor

Der FC Bayern München verliert in Stuttgart ein für ihn belangloses Bundesliga-Spiel. Doch die Niederlage zeigt abermals die Baustellen, die den FCB schon länger begleiten. Vor allem der Kader ist ein Spiegelbild der tiefen Probleme des Rekordmeisters.

VfB Stuttgart - Figure 1
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Der FC Bayern München verliert beim VfB Stuttgart mit 1:3. Das war es. Mehr braucht es über dieses Spiel aus Perspektive des FCB nicht zu wissen. Es ist schlicht egal. Die Position in der Bundesliga ist unverändert, das große Ziel Meisterschaft schon längst abgehakt. Ob man am Ende Zweiter oder Dritter wird, ist ebenfalls fast egal.

Entsprechend ehrlich antwortete Thomas Tuchel auch bei Sky auf die Frage, was überhaupt für das wichtige Auswärtsspiel bei Real Madrid mitnehmen könne: "Nichts von heute, das können wir abhaken. Spätestens, wenn wir nachher im Bus sitzen und die ganzen Interviews hinter uns haben, habe ich vorher schon gesagt, erlaube ich keinem, noch eine Sekunde an das Spiel hier zu denken."

Wie der FC Bayern beim VfB aufgetreten ist, welches Ergebnis am Ende auf der Anzeigetafel steht, all das hat keinerlei Bedeutung für das große Finale vor dem eigentlichen Finale in der Champions League. Alles in München fokussiert sich derzeit auf Madrid und auf das große Ziel, die Saison mit einem Triumph in der Königsklasse doch noch positiv enden zu lassen.

Und doch gibt es eine große Erkenntnis aus dem Spiel gegen den VfB Stuttgart, das große Relevanz hat. Vermutlich weniger für Tuchel und schon gar nicht für die Mannschaft. Ganz sicher aber für Max Eberl und Christoph Freund. Denn am Samstagnachmittag wurde abermals deutlich, dass die Kaderzusammenstellung ein großes Problem ist.

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FC Bayern München: Rotation funktioniert in Stuttgart abermals nicht

Nun war das Spiel in Stuttgart zweifelsfrei keines, bei dem man als Trainer gerne rotiert. Der VfB spiele aktuell alle her, stellte Serge Gnabry hinterher richtig fest. Nur hatte Tuchel keine wirkliche Option. Sechsmal wechselte er im Vergleich zur Startelf gegen Real Madrid.

Unter anderem spielten Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting als Zehner, Linksverteidiger Raphaël Guerreiro im zentralen Mittelfeld und Stürmer Mathys Tel auf der rechten Außenbahn. Natürlich haben all diese Spieler diese Positionen schon oftmals bekleidet, doch es ist auffällig, wie oft Tuchel in dieser Saison Spieler positionsfremd einsetzen muss.

VfB Stuttgart - Figure 2
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Konrad Laimer als Rechtsverteidiger, Leon Goretzka in der Innenverteidigung oder Noussair Mazraoui auf der Linksverteidigerposition sind weitere Beispiele. Sei es durch Verletzungen oder Schonung: Tuchel musste für einen Trainer eines Topklubs schlicht zu viel improvisieren, wenn er Veränderungen an der Startelf vornahm.

Teilweise sah er sich sogar genötigt, die komplette strategische Ausrichtung des Teams zu ändern, um die Spieler in eine Grundordnung zu bekommen, die auf dem Papier Sinn ergibt. Besonders oft gelang ihm das nicht.

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Thomas Tuchel scheitert beim FCB auch am Kader

Ihn dafür zu kritisieren, ist legitim, gar notwendig. Doch Tuchel ist ein Weltklassetrainer, der bei verschiedenen Klubs bewiesen hat, dass er sehr anpassungsfähig ist. Überall schaffte er es, ein System zu etablieren, das funktioniert hat und erfolgreich war. Nur in München nicht.

Wie auch? Allein die Spielertypen sind derart unterschiedlich, dass bereits ein Wechsel eine Grundidee über den Haufen werfen kann. In Stuttgart startete mit Guerreiro ein Spieler im zentralen Mittelfeld, der sich vor allem über seine technische Qualität in ein Spiel einbringt. Kombinationsspiel, kurze Dribblings, enge Situationen auflösen - das sind seine Stärken.

Der Portugiese verletzte sich in der Anfangsviertelstunde der Partie. Tuchel hatte die Wahl zwischen Konrad Laimer und Goretzka. Zwei ähnliche Spielertypen, die aber eher über athletische Attribute wie Laufstärke, Zweikampfführung und Dynamik im Spiel nach vorn verfügen. Wohingegen sie klare Schwächen im Spielaufbau oder im Auflösen von engen Situationen haben. Beides war in Stuttgart gefordert. Der VfB presste hoch und gut organisiert. Die Mittelfeldspieler des FCB hatten also wenig Zeit am Ball. Nicht Goretzkas Spiel.

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FC Bayern: Hoeneß und Rummenigge lähmen den Klub

Die Qualität der einzelnen Spieler ist riesig. Es wäre unsinnig, dem Kader zu unterstellen, dass ihm die Topspieler fehlen würden. Nur spiegelt die Zusammensetzung wider, was in den letzten Jahren in München passiert ist: Zahlreiche Wechsel auf der Trainerbank mit Trainertypen, die ganz unterschiedliche Ideen davon hatten, wie der FC Bayern Fußball spielen soll. Und obendrauf noch Wechsel in der Führungsetage und in der sportlichen Leitung.

VfB Stuttgart - Figure 3
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Tuchel wurde dabei in die für einen Trainer ungünstigste Phase hineinverpflichtet. Der 50-Jährige arbeitete mit verschiedenem Führungspersonal zusammen und erlebte das Machtvakuum, das sich gebildet hat, hautnah. Der Kader ist ein Resultat dieses über viele Jahre stattfindenden Prozesses. Eine Art Selbstfindungsphase nach der großen Ära von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge. Ein Selbstfindungsprozess, bei dem zu wenig klar wurde, was eigentlich das Ziel ist.

Und der schließlich sogar dazu führte, dass die beiden Alphatiere zurückkehrten und nach wie vor in das operative Geschäft eingreifen. Eine Situation, die den gesamten Klub eher lähmt, als ihn zukunftsfähig zu machen. Beide sollten eigentlich keinerlei Einfluss darauf haben, wer Trainer wird und wer nicht. Eigentlich. All das spiegelt der Kader, der voller Uneinigkeiten steckt, voller Kompromisse und dem nicht abzulesen ist, wofür er eigentlich stehen soll.

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Max Eberl und Christoph Freund müssen den FCB umkrempeln

Mit Tuchel hat sich nun also ein Weltklassetrainer die Zähne daran ausgebissen. Seine ständige Ratlosigkeit in Interviews war schonungslos ehrlich, wenngleich er zu Recht dafür kritisiert wurde, weil es ein desaströses Gesamtbild vollendete. Doch der Champions-League-Sieger von 2021 stand und steht vor einem nahezu unlösbaren Puzzle.

Je mehr er an der ersten Elf, vielleicht auch an den ersten 13 Spielern verändern musste, die er gerade so zu einem funktionierenden Gebilde zusammenbasteln konnte, desto größer wurden auch die Probleme.

Die Niederlage in Stuttgart mag komplett egal sein. Doch in der sportlichen Leitung des FC Bayern sollte man sich nicht vormachen, dass der Erfolg in der Champions League zeigen würde, dass es eigentlich in dieser Mannschaft steckt. Der Wettbewerb ist nicht mit dem Alltag und der Bundesliga zu vergleichen.

Für Eberl und Freund wird es darum gehen, die Probleme nach und nach aufzuarbeiten. Beginnend bei der Frage danach, wofür man in Zukunft eigentlich stehen möchte. Eine Frage, die intern längst beantwortet sein sollte.

Davon ausgehend wird es nach und nach darum gehen, wieder einen Kader auf die Beine zu stellen, der nach außen hin etwas repräsentiert - eine klare Idee und Philosophie. Ein Kader, mit dem der jeweilige Trainer mehr anfangen kann, als ständig nach Kompromissen suchen zu müssen. Das wird voraussichtlich länger dauern als nur einen Transfersommer. Es wird ein Prozess, der vom FC Bayern etwas erfordert, was er eigentlich nicht hat: Zeit.

Bei aller Kritik, die Tuchel berechtigterweise trifft, war es ihm nie möglich, in München wirklich etwas aufzubauen oder zu entwickeln. Er war von Beginn an in einer Defensivhaltung. Wo er eine Baustelle schließen konnte, öffnete sich woanders die nächste. Und dieses Problem wird sich allein mit einem neuen Trainer nicht lösen lassen.

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