Nvidia kontert Rivalen mit neuem Superchip

Analyse Nvidia kontert Rivalen mit neuem Superchip

Nvidia-Chef Jensen Huang präsentiert in San José den neuen KI-Chip B-200. Er ist etwas größer als das Vorgänger-Modell H-100 – und vor allem sehr viel leistungsstärker

NVIDIA - Figure 1
Foto Capital - Wirtschaft ist Gesellschaft

© ASSOCIATED PRESS / Eric Risberg

Computerchips für Künstliche Intelligenz sind heiß begehrt, den Markt dominiert der US-Konzern Nvidia. Doch die Zahl der Konkurrenten steigt jeden Monat – weshalb Nvidia jetzt reagiert 

Kaum 18 Monate ist es her, da präsentierte der Chef des Chipherstellers Nvidia, Jensen Huang, ein kleines quadratisches Teil, das die Welt verändern sollte: H-100, ein so leistungsfähiger Computerchip, dass er es mit dem menschlichen Gehirn aufnehmen kann. Huangs Unternehmen war damals schon der Star unter den Tech-Unternehmen des Silicon Valleys, die Aktie kostete umgerechnet um die 130 Euro. Doch seit jenem September 2022 ist die Welt eine andere, nicht nur für Nvidia oder für Tech-Unternehmen allgemein, sondern für fast alle, die bereits auf die eine oder andere Art mit künstlicher Intelligenz zu tun haben oder bald zu tun bekommen könnten. Also wirklich für alle.

Was zwischen jenem Tag im Herbst 2022 und heute passierte, ist schnell erzählt: Wenige Wochen später präsentierte das Start-up Open AI das erste populäre KI-Tool Chat GPT, voll gepackt mit etwa 10.000 H-100-Prozessoren. Seither wollen alle die Nvidia-Chips haben. Oracle-Chef Larry Ellison berichtete im vergangenen Jahr von einem Abendessen mit Huang und Elon Musk – und wie Musk und er Huang bekniet hätten, endlich auch H-100-Chips zu erhalten: „Eine Stunde Sushi und betteln“, das sei wohl die beste Art, das Treffen zu beschreiben, so Ellison. 

Offiziell kosten die Prozessoren etwa 20.000 Dollar – tatsächlich rufen Händler aber auch schon mal das Doppelte auf. Umsatz und Gewinn von Nvidia steigen seither rasant von Quartal zu Quartal, der Aktienkurs hat sich versechsfacht und steht heute bei umgerechnet knapp 800 Euro. Das Unternehmen ist inzwischen nach Microsoft und Apple das drittwertvollste der Welt.  

NVIDIA - Figure 2
Foto Capital - Wirtschaft ist Gesellschaft
Neue Chips sind deutlich effizienter

Am Montag nun war erneut so ein Moment, Nvidia hatte zu seiner Entwicklerkonferenz im kalifornischen San José geladen. Und Huang hatte wieder ein kleines Teil dabei, etwas größer diesmal als der H-100 vor 17 Monaten: der B-200. Er soll etwa viermal leistungsstärker sein, und dabei deutlich weniger Strom verbrauchen – auch dies eine gute Nachricht für alle, die mit den Superchips arbeiten wollen. Statt 8.000 oder 10.000 Prozessoren brauche man für eine Anwendung wie Chat GPT künftig noch 2000 Chips der neuen Generation, beschrieb Huang die Vorzüge des B-200. 

Der neue Chip ist nach dem amerikanischen Mathematiker David Blackwell benannt (der Vorgänger wurde nach dem Mathematiker Grace Hopper benannt). Wenn es darum gehe, bestehende Rechenzentren auf KI umzurüsten und Inhalte künftig mit KI zu erstellen, sei das Blackwell-System 30 Mal besser als Hopper, erklärte Huang. Nvidia will damit auch den Einsatz sogenannter „digitaler Zwillinge“ vorantreiben, in denen Unternehmen ihr gesamtes Geschäft im Computer simulieren können. Bevor man etwas in der realen Welt baut, werde man es künftig zunächst digital simulieren, so Huang.

Wegen Spannungen zwischen China sowie den USA und Taiwan will die deutsche Wirtschaft Abhängigkeiten von Peking abbauen. Davon profitieren andere asiatische Staaten wie Malaysia und Südkorea – vor allem in der wichtigen Chipindustrie

NVIDIA - Figure 3
Foto Capital - Wirtschaft ist Gesellschaft

Das eigentliche Ziel von Huang mit dem neuen Chip dürfte aber sein, mögliche Wettbewerber auf Abstand zu halten und die eigene Dominanz im Markt für KI-Chips zu erhalten. So hatte etwa der US-Chiphersteller AMD zum Jahreswechsel seinen ersten KI-Chip, den MI 300 X, vorgestellt. Er soll etwa 2,5 mal so schnell und leistungsfähig sein wie Nvidias H-100 und dürfte noch dazu deutlich günstiger sein. In Erwartung eines massiven Zusatzgeschäfts war auch der Kurs der AMD-Aktie in den letzten Monaten rasant gestiegen. 

Jetzt zeichnet sich jedoch mehr und mehr ein verschärfter Wettbewerb um das Geschäft mit der Künstlichen Intelligenz ab – eine Entwicklung, mit der viele Experten bereits gerechnet hatten. Denn auch Intel hat angekündigt, den Markt mit einem eigenen KI-Chip namens Gaudi aufmischen zu wollen. Er soll in etwa so leistungsfähig sein wie der H-100 und dieses Jahr auf den Massenmarkt kommen. Zudem haben große Nvidia-Kunden wie Microsoft, Alphabet und Amazon angekündigt, eigene KI-Chips entwickeln zu wollen, um ihre Abhängigkeit von dem Unternehmen zu reduzieren. In diesem Wettrennen nun die Vormachtstellung halten zu können, ist für Huang, seinen Konzern und dessen hoher Börsenbewertung natürlich extrem wichtig – aber auch schwierig. 

Aktie gibt nach

Und so überrascht die Reaktion der Börsen zunächst nicht: Denn genau dort überzeugte Huangs neuer Chip und die Aussicht auf eine weiterhin hohe Nachfrage noch nicht. Der Aktienkurs von Nvidia verlor am Montag rund fünf Prozent und baute das Minus auch am Dienstag zunächst noch aus. Ähnlich sah es bei AMD aus, die Aktie lag rund 6 Prozent im Minus, Intel-Papiere kosteten knapp 3 Prozent weniger. Allerdings ist die Intel-Aktie einer der wenigen Tech-Werte, der in den vergangenen Monaten kaum von der KI-Phantasie profitieren konnte. 

Viele Analysten bescheinigten Nvidia zwar, mit dem neuen Chip die technologische Dominanz wahrscheinlich noch eine ganze Weile halten zu können. Doch das muss aus Sicht vieler Investoren und Anleger offenbar nicht zwingend bedeuten, dass Huang und sein Konzern auch das Umsatz- und Gewinnwachstum so fortsetzen werden wie bisher. 

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten