Michelin-Sterne 2023: Deutschland hat wieder zehn Drei-Sterne ...

26 Mär 2024

Im vergangenen Jahr war der Guide Michelin in ordentlicher Geberlaune und verteilte hierzulande so viele Sterne wie nie zuvor. Auch diesmal sagte Gwendal Poullennec, Internationaler Direktor des Guide Michelin, vor der Preisverleihung: "Das Engagement und die Leidenschaft der hiesigen Köche und Küchenteams ist ungebrochen." Das ließ aufhorchen. Denn es steht nicht gut um die Spitzenküchen Deutschlands. Ein Gourmettempel nach dem nächsten kündigte in den vergangenen Monaten aus wirtschaftlichen Gründen an, schließen zu müssen – die Krise in der Gastrowelt ist nicht mehr zu leugnen. Was also war von der diesjährigen Sterne-Verleihung zu erwarten? Wie sich herausstellte, eine ganze Menge.

Michelin-Sterne 2024 - Figure 1
Foto STERN.de

Faktoren wie steigende Kosten, Personalmangel und mangelnde Kaufkraft der Gäste sorgen dafür, dass die wirtschaftliche Lage vielerorts angespannt ist. Der Qualität in den Küchen scheint das keinen Abbruch zu tun. 340 Restaurants können sich in diesem Jahr mit mindestens einem Stern des Gourmetführers schmücken. Das sind noch einmal sechs mehr als im vergangenen Jahr, als bereits ein Rekordwert erreicht worden war. "Wir sind selbst erstaunt über den neuen Rekord. Es gab noch nie so viele Sterne in Deutschland – gerade in Anbetracht der Situation nicht", so Ralf Flinkenflügel, Direktor des "Guide Michelin" für Deutschland und die Schweiz.

Sterne-Restaurants rücken vom Fine Dining ab

Die Branche ist in Aufruhr. Immer mehr Betriebe entfernen sich Stück für Stück vom Fine Dining. Das "Tantris DNA" bietet inzwischen mittags ein erschwinglicheres "Business-Menü" an. Das "Vendôme" startete das zeitlich beschränkte Angebot "Chef's Choice", eine Art Einsteigermenü zum günstigeren Preis. Und auch Billy Wagner vom "Nobelhart & Schmutzig" gab einen Strategiewechsel hin zu mehr "Casual Dining" bekannt. Andere geben ganz auf.

Dylan Waron-Brawn, Chef des "Ernst" in Berlin, wurde einst als Wunderkind gefeiert. Sein Restaurant, das nur acht Plätze am Tresen umfasst, holte schnell einen Michelin-Stern und rangiert auf Platz 55 der besten Restaurants der Welt. Im Herbst 2023 kündigte er an, Schluss mit dem Fine-Dining zu machen, sich stattdessen niedrigschwelligeren Kulinarik-Angeboten in seinem Tagesrestaurant "Julius" widmen zu wollen. Das "Ernst" ist kein Einzelfall. "Lode & Stijn", "theNOname", "CORDA" – das sind nur einige der Restaurants, die von der aktuellen Schließungswelle betroffen sind.

Michelin-Sterne 2024 - Figure 2
Foto STERN.de

Michelin-Verleihung: Edip Sigl neu im Koch-Olymp

Auch in diesem Jahr kann sich Kulinarik-Deutschland über zehn Drei-Sterne-Restaurants freuen. Allerdings gibt es einen Platzwechsel im Sterne-Olymp.Wie zu erwarten war, muss das Restaurant "Überfahrt" am Tegernsee den Absturz aus dem Kreis der Allerbesten hinnehmen. Jahrelang war dort Christian Jürgens  Küchenchef und holte für das Restaurant drei Sterne. Nach einem Skandal im vergangenen Jahr musste Jürgens gehen. Seit März geben dort wechselnde Spitzenköche ein Gastspiel, im Sommer wird Cornelia Fischer neue Küchenchefin. Im Spätsommer will das "Überfahrt" wieder in den regulären Betrieb gehen. Ob es sich dann auch die Sterne zurückerobert, bleibt abzuwarten.

Neu im erlauchten Kreis der Koch-Elite ist Edip Sigl. Sein oberbayerisches Restaurant "Ess:enz" war erst vor zwei Jahren mit zwei Sternen ausgezeichnet worden und hat nun auch den dritten Stern in der Tasche. "Eine ganz großartige Leistung. Hier stechen die absolute Top-Qualität der Produkte und die ganz persönliche Stilistik von Herrn Sigl heraus", hieß es dazu von den Inspekteurinnen und Inspekteuren. Das Team des Michelin hat zudem 50 Restaurants mit zwei Sternen – drei davon sind neu – und 280 Spitzenküchen mit einem Stern – davon 32 neu – bewertet. 77 Restaurants können nun einen Grünen Stern ihr Eigenen nennen. Das sind zehn mehr als 2023. Insgesamt mussten 27 Küchen einen oder mehrere Sterne abgeben. 

Flinkenflügel: "Die deutsche Küche wird immer besser"

Dass nun trotz Gastro-Krise mehr und mehr Restaurants top sein sollen, liege nicht etwa an einer Anpassung der Bewertungskriterien, betont Flinkenflügel. "Die Kriterien haben sich ja nicht verändert – die deutsche Küche wird immer besser", sagte Flinkenflügel dazu. In den vergangenen zehn Jahren habe sich bei der deutschen Koch-Elite viel bewegt. Es gehe lockerer, legerer und lustiger in den Spitzenrestaurants zu. "Da könnten wir auch ein wenig mehr Stolz nach außen zeigen über das, was sich hier in den vergangenen 10 bis 15 Jahren entwickelt hat."

mit Material der dpa

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche