Europa League: Revanche oder Trauma für Bayer Leverkusen?

15 Tage vor
Leverkusen

Wieder ein Halbfinale in der Europa League, wieder heißt der Gegner AS Rom - knapp ein Jahr nach einem denkwürdigen Abend hat Bayer Leverkusen die große Chance zur Revanche. Denn mit den Italienern hat die Werkself noch eine Rechnung offen.

Was sich José Mourinho da vor fast genau einem Jahr ausdachte und aufs Feld schickte, haben sie in Leverkusen bis heute nicht vergessen. Klar, eigentlich hörte das von ihm trainierte Team auf den Namen AS Rom und schien auf den ersten Blick eine ganz normale Fußballmannschaft zu sein. Beim genaueren Hinsehen glichen die elf Spieler, die „The Special One“ damals aufbot, aber eher einer abgezockten Sabotagetruppe.

Der wesentliche Grund, weshalb vom letztjährigen Halbfinal-Rückspiel der Europa League in Leverkusen nur böse Gedanken übrig sind. Nach dem 0:1 aus dem ersten Vergleich kam Bayer im Rückspiel trotz eines Torschuss-Verhältnisses von 23:1 nur zu einem 0:0, was zu wenig war, um ins Endspiel einzuziehen. Schon unmittelbar nach dem Schlusspfiff schlug die Enttäuschung darüber aber in blanke Wut um.

Denn die Spielweise der Italiener war so dermaßen destruktiv, dass man diese nicht einmal mit feinstem „Catenaccio“ umschreiben konnte. Von Beginn an parkte Mourinhos Team den Bus konsequent vor dem eigenen Tor und bewegte sich mit seinem dauernden Zeitspiel ganz dicht an der Grenze des Erlaubten. Die relativ eindimensionale Bandbreite der Worte, mit denen die Leverkusener hinterher ihr Ausscheiden kommentierten, reichte von „Frechheit“ über „Schande“.

„Jeder von uns will die Revanche“

Selbst Sportchef Simon Rolfes, von Haus aus ein besonnener Typ, war kaum einzufangen. Er ärgerte sich, „dass nach jedem Torschuss ein Römer fast mit der Trage runtergetragen werden musste, so schwer waren die ja verletzt“. Und Mourinho? Der sprach bloß von einem „fast schon epischen Spiel“, reihte sein Team doch mit Erfolg eine zersetzende Aktion an die nächste.

Fast genau ein Jahr nach diesen heiß diskutierten Taten treffen beide Mannschaften erneut aufeinander - wieder in der Europa League, wieder im Halbfinale. Und die gute Nachricht für den Deutschen Meister lautet vorweg: Mourinho ist mittlerweile nicht mehr da. Im Januar wurde der Star-Trainer beurlaubt, weil die gewünschten Resultate vor allem in der Serie A ausblieben. Dennoch ist sie überall spürbar, Leverkusens enorme Lust auf die Revanche.

„Alle Spieler und alle im Verein erinnern sich, wie sie im letzten Jahr gespielt haben“, sagte der im vergangenen Jahr noch verletzte Patrik Schick, der einst selbst für die „Giallorossi“ spielte, am Mittwochabend auf der Pressekonferenz: „Und natürlich wollen wir ihnen alle dieses Gefühl zurückgeben. Wir hätten es im Vorjahr verdient gehabt, weiterzukommen. Nun will jeder von uns die Revanche.“ Eine komplette Parallele sei in der Neuauflage jedoch nicht zu erwarten - was mit der personellen Veränderung auf der Trainerbank zusammenhängt.

„Es hat sich einiges geändert seit den Spielen letztes Jahr gegen Rom. Bei uns und bei ihnen“, erklärte Trainer Xabi Alonso, als er über die nun umgestaltete Ausrichtung der Römer sprach. Hatten sie sich unter Mourinho fast nur auf das defensive Gekicke konzentriert, dürfen sie beim neuen Trainer Daniele De Rossi auch mal in die Tiefe laufen, also etwas riskieren - und agieren so prompt deutlich offensiver.

Andrich will nicht überdrehen

Umso wichtiger sei es für Leverkusen, nicht zu überdrehen. Rolfes warnte gar vor zu vielen Gefühlswallung. „Dominanz bekommst du nur, wenn du mit Kopf spielst und nicht nur von Emotionen geleitet bist“, meinte der 42-Jährige vor der Abreise.

„Aber Emotionen gehören dazu und sind auch ein Antrieb. Den haben wir auf jeden Fall.“ Eine potenzielle Gefahr auf übermäßig viel Elan sehe auch Robert Andrich nicht.

„Da mache ich mir keine Sorgen. Die Jungs sind heiß, die Jungs wollen unbedingt die Revanche. Aber das kriegen wir als Mannschaft schon hin, dass wir nicht überdrehen“, sagte der deutsche Nationalspieler in einem Interview mit dem kicker. Das bittere Aus im Vorjahr habe die Bayer-Profis immerhin zusätzlich für die laufende Europa-League-Saison motiviert. Deswegen solle die Geschichte dieser beiden Teams neu geschrieben werden.

Weiterkommen wäre „eine kleine Genugtuung“

„Diese Niederlage gegen Rom war brutal hart, aber damals haben wir uns direkt geschworen, dass wir nächste Saison den nächsten Step machen wollen. Das war unser Antrieb nach dem sehr schmerzhaften Ausscheiden. Nach dem Motto: Dieses Jahr machen wir es besser und gehen noch einen Schritt weiter“, verriet Andrich und gab offen zu, dass ein Weiterkommen „nicht nur den Finaleinzug bedeuten würde, sondern auch eine kleine Genugtuung“ wäre.

Im Hinspiel (ab 21 Uhr im LIVETICKER) sei für Andrich alles in Ordnung „außer einer Niederlage. Wir sollten schon die Prämisse setzen, auf keinen Fall zu verlieren“. So würden sich die Leverkusener eine gute Ausgangslage für das entscheidende Rückspiel am kommenden Donnerstag sichern und den ersten Schritt gehen, um den Traum vom Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Europa-League-Triumph am Leben zu halten.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten