Bundestrainer Julian Nagelsmann möchte bei der Heim-EM zurück ...

17 Dez 2023

Nicht auszuschließen, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2024 im eigenen Land mit einem Retro-Team aus dem vergangenen Jahrzehnt unterwegs sein wird. Wenn sich die Dinge so fügen, wie Bundestrainer Julian Nagelsmann es bei seinem bemerkenswerten Auftritt auf dem Mainzer Lerchenberg vorgegeben hat, wäre der Altersschnitt der Nationalmannschaft auf einem Niveau, das auch die 2014er-Weltmeister Sami Khedira und Jerome Boateng noch repräsentieren könnten.

Julian Nagelsmann - Figure 1
Foto Berliner Zeitung
Zahlreiche Spieler könnten bei der EM über 30 Jahre alt sein

Vielleicht haben ja auch Turnierdirektor Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Arsenal-Nachwuchschef Per Mertesacker noch Lust auf ein Comeback, sie müssten sich jedenfalls nicht einsam fühlen: Manuel Neuer, 37 Jahre alt, Mats Hummels, 35, Thomas Müller, 34, Toni Kroos, 33, Ilkay Gündogan, 33, Pascal Groß, 32, Antonio Rüdiger, 30, Niklas Füllkrug, 30, könnten allesamt zum Kader für die Heim-EM gehören.

Und mittendrin der Bundestrainer, gerade 36, der am Samstagabend im ZDF-„Sportstudio“ über ein mögliches Comeback von Neuer sagte: „Wenn alles so weitergeht, wie es aktuell den Anschein hat, dann läuft es darauf hinaus.“ Er sei „viel im Austausch“ mit dem 117-fachen Nationalkeeper und finde dessen Leistung nach dem Comeback „herausragend gut“. Das hört sich verdächtig so an, als seien all die heftigen Irritationen, die im Zuge der Demission von Neuers vertrautem Ex-Torwarttrainer des FC Bayern, Toni Tapalovic, vor knapp einem Jahr offenkundig geworden waren, aus dem Weg geräumt.

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Nicht gut für Marc-André ter Stegen, auch schon 31, der aktuell wegen einer Rückenoperation mindestens zwei Monate lang ausfällt. Der Barca-Keeper verpasste deshalb bereits die Länderspielniederlagen gegen die Türkei und Österreich, wo er durch Kevin Trapp – 33 (!) Jahre alt – ersetzt wurde. Der Torwart von Eintracht Frankfurt wurde von Nagelsmann nicht eigens erwähnt. Auch eine Botschaft, die Trapp sicher zu interpretieren weiß.

Julian Nagelsmann - Figure 2
Foto Berliner Zeitung

Konkret wurde der Bundestrainer bei den viel diskutierten Personalien Ilkay Gündogan und Joshua Kimmich – und überraschend auch auf die Frage nach einer möglichen Rückkehr von Toni Kroos. Der Mittelfeldspieler von Real Madrid hatte sich nach 106 Länderspielen und dem EM-Aus im Sommer 2021, wo er noch einer der besseren deutschen Spieler in einem enttäuschendem Turnier gewesen war, aus dem DFB-Team zurückgezogen. Nagelsmann tat kund, mit Kroos in regelmäßigem Austausch zu sein, und er fügte vielsagend an: „Meines Wissens ist Toni mit einem deutschen Pass ausgestattet.“ Ergo: als „herausragender Spieler und Mensch“ grundsätzlich verfügbar für den guten Dienst an der Nation und deren ziemlich abgewirtschafteter Elitetruppe.

Die will der noch ziemlich taufrische Bundestrainer mit mehr Widerstandskraft versehen. „Wir müssen uns in der Nationalmannschaft über andere Tugenden in die Spiele kämpfen, als die Spieler das aus ihren Vereinen gewohnt sind.“ Nichts da mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei also. Nagelsmann setzt also auf einen „Sechserblock, der gewillt ist, defensiv alles zu tun“. Ohne Ilkay Gündogan, der nach vorne geschoben werden soll. Mit Kroos, der auch lieber Fußball spielt als Bälle wegzugrätschen?

Joshua Kimmich wird auf die Rechtsverteidiger-Position rücken müssen

Und ziemlich sicher ohne Joshua Kimmich in der Zentrale. Der Münchner ist laut Bundestrainer ein Kandidat für die Position rechter Verteidiger. Geklärt sei auch: Der gelernte Offensive Kai Havertz wird künftig nicht mehr hinten links verteidigen. Das Experiment sei „vorbei“. Nagelsmann räumte ein, dass seine zuletzt gewählte personelle „Verteilung nicht hundertprozentig passend ist für den Status, in dem wir gerade sind“. Es wird also künftig mehr Bolzball gespielt, wenn nicht alles täuscht. Der Coach spricht von der dringenden Notwendigkeit, „das Emotionsniveau zu heben“.

Sein persönliches Emotionsniveau schütze er auch dadurch, dass er seine Mediennutzung stark eingeschränkt habe. Seine Erfahrung: „Wenn dich die positiven Dinge extrem triggern, verletzen dich die negativen Dinge mehr.“ Er könne allerdings nicht verhindern, dass seine Schwester ihm ab und an Schlagzeilen zukommen lasse, die er besser gar nicht zu Gesicht bekommen sollte. Da gibt es offenbar noch innerfamiliären weihnachtlichen Gesprächsbedarf.

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