Nahost-Konflikt: Iran spielt Israels Nadelstich herunter

13 Tage vor
Iran

Bilder von einem Platz in der Stadt Isfahan im Morgenlicht zeigte das iranische Staatsfernsehen am Freitag: Das Leben gehe seinen gewohnten Gang, meldete der Sender. In der Nacht waren im zentraliranischen Isfahan und im westiranischen Täbris laute Explosionen zu hören gewesen, die iranischen Streitkräfte aktivierten die Flugabwehr gegen den erwarteten israelischen Angriff und schossen nach eigenen Angaben mehrere Drohnen ab.

Doch am Morgen ließ das Regime die Iraner wissen, der Spuk sei vorbei. Ein erneuter Gegenschlag auf Israel sei nicht nötig. Eine weitere Eskalation zwischen dem Iran und Israel ist damit vorerst nicht zu erwarten - doch Israels Nadelstich-Angriff überbrachte eine Botschaft, die das Teheraner Regime beunruhigen dürfte.

Drohnen auf Isfahan im Zentrum

Israel hatte seit dem iranischen Raketenangriff vom vergangenen Sonntag eine militärische Antwort angekündigt. Die USA und andere westliche Staaten versuchten, die israelische Regierung zur Mäßigung zu bewegen. Am Freitag machte sich Erleichterung breit - der Ölpreis ging nach einem steilen Anstieg wieder zurück. Der Westen hatte auch den Iran zur Zurückhaltung aufgerufen.

Isfahan, rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran, ist ein Zentrum der iranischen Rüstungsindustrie; im vergangenen Jahr hatten Drohnen eine Waffenfabrik in der Nähe der Stadt angegriffen. Nördlich von Isfahan liegt Natanz, eine Anlage zur Urananreicherung, die vor zwei Jahren durch einen Anschlag beschädigt wurde. Beide Angriffe dürfte Israel verübt haben.

Mini-Drohnen starten aus dem Iran

Diesmal tauchten lediglich einige Mini-Drohnen über Isfahan auf, wie iranische Medien meldeten. Auch über Täbris in der Nähe der Grenzen zur Türkei und zu Aserbaidschan im Nordwesten Irans sei ein kleinerer Drohnen-Angriff abgewehrt worden. Die Drohnen waren nach iranischen Angriffen keine Kampfdrohnen, die mehrere Meter lang sind, sondern sogenannte Micro Air Vehicles (MAV). Weil MAVs eine viel geringere Reichweite haben als Kampfdrohnen, müssen die Drohnen bei den jüngsten Angriffen im Iran gestartet worden sein.

Obwohl die Angriffe an sich harmlos waren, signalisierte Israel damit, dass wichtige iranische Einrichtungen im Visier seiner Streitkräfte sind. Die USA erklärten, sie stünden zwar zu Israel, hätten sich aber an keinen „offensiven Operationen“ gegen den Iran beteiligt.

Das sagt die iranische Behörde

Die iranischen Behörden ließen verlauten, „Eindringlinge“ hätten die Drohnen vom iranischen Boden aus aufsteigen lassen. Es habe keinen Angriff auf den Iran von außen gegeben, erklärte Hossein Dalirian, Sprecher der iranischen Cyperspace-Agentur.

Teheran spielte die Bedeutung der Angriffe herunter. Es gebe keine Pläne für einen neuen Militärschlag auf Israel, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen iranischen Regierungsvertreter. Iranische Nutzer von sozialen Medien verspotteten den israelischen Angriff; in einem Video auf X wirft ein Mädchen einen Papierflieger gegen eine Betonwand und kichert. Mehdi Toghyani, ein iranischer Parlamentsabgeordneter aus Isfahan, sprach von einer israelischen „Verzweiflungstat“, die gescheitert sei.

Ein Ergebnis, bei dem beide Seiten sagen können, sie hätten die jeweils andere Seite angegriffen, ohne weiter zu eskalieren.

Nahost-Experte Joe Macaron

Die betont gelassene Reaktion der iranischen Behörden und die Tatsache, dass der israelische Angriff teilweise ins Lächerliche gezogen werde, zeige, das Teheran die Gemüter beruhigen wolle, meint ein renommierter Iran-Experte. Allerdings habe Israel dem iranischen Regime mit den Drohnen zeigen wollen: „Wir sind nicht nur in eurer Nähe, wir sind in eurem Land“, sagte der Experte, der wegen der sensiblen Lage nach dem Angriff nicht namentlich genannt sein wollte. Auch wenn die Gefahr einer neuen Eskalationsrunde erst einmal gebannt sei, könnten nadelstichartige Angriffe Israels weitergehen, etwa in der Form von Cyber-Angriffen oder Sabotageakten.

Vorerst keine Militärschläge zu erwarten

Auch der Nahost-Experte Joe Macaron von der US-Denkfabrik Wilson Center erkennt eine israelische Botschaft in dem Angriff in der Nacht zum Freitag. Der jüdische Staat habe dem Iran klarmachen wollen, dass die israelischen Streitkräfte auch auf dem Territorium der Islamischen Republik angreifen könnten, sagte Macaron. Unter dem Strich gebe es jetzt „ein Ergebnis, bei dem beide Seiten sagen können, sie hätten die jeweils andere Seite angegriffen, ohne weiter zu eskalieren“.

Macaron erwartet, dass es zumindest vorerst keine weiteren Militärschläge von Israel und Iran geben wird, auch wenn der Konflikt zwischen beiden Staaten weiter schwelt.

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