Überraschung bei den French Open: Daniel Altmaier steht in Runde ...

Daniel Altmaier

Von Gerald Kleffmann

Da stand Daniel Altmaier, vor dem Mikrofon, er wollte eigentlich gerade Marion Bartoli, der früheren Wimbledon-Siegerin, ein Zeichen geben, dass es losgehen könnte. Aber dann überkamen ihn die Gefühle. Er schluckte, Tränen stiegen auf, die Augen wurden rot. Er musste sich kurz umdrehen und das Platz-Interview unterbrechen. Von den Rängen auf dem Court Suzanne-Lenglen, der zweitgrößten Arena der French Open, ertönten "Daniel! Daniel! Daniel!"-Gesänge.

Bartoli begann das Gespräch. Natürlich wollte sie wissen, wie das möglich war, so eine Partie zu gewinnen. 5:26 Stunden hatte sich der Deutsche mit dem Südtiroler Jannik Sinner duelliert, ehe Altmaier mit einem Ass seinen fünften Matchball zum 6:7 (0), 7:6 (7), 1:6, 7:6 (4), 7:5 verwandelte. "Ich liebe einfach das Spiel des Tennis", sagte Altmaier, als er sich wieder gesammelt hatte. Und wieder grölten die Menschen. Ja, da wurde ein Deutscher in Paris gefeiert, als sei er einer der ihren.

Der Deutsche wehrt selbst zwei Matchbälle gegen sich ab

Altmaier ist noch 79. in der Weltrangliste, er ist einer dieser Profis, die wieder und wieder mehr in sich sehen, als in dieser Region des Rankings festzuhängen. In dieser Saison hat er, 24 Jahre alt, schon angedeutet, dass irgendwann ein bedeutsamer Leistungsschub kommen könnte. Im Match gegen Sinner, den Weltranglisten-Neunten und Favoriten, lebte er all seine Fähigkeiten aus. Wobei er ganz knapp, nur einen Punkt, von einer Niederlage entfernt gewesen war. Sinner hatte zwei Matchbälle im vierten Satz, bei 5:4. Beim ersten half Altmaier ein Netzroller beim Passierball.

Dramatisch das Ende: Altmaier schlug im fünften Satz bei 5:4 zum Sieg auf, kassierte das Re-Break, nahm dann wieder Sinner das Aufschlagspiel ab und vergab bei 40:0 zunächst drei eigene Matchbälle. Fünfmal ging es über Einstand, und erst seinen fünften Matchball nutzte er. Er sank in die Hocke und riss die Arme hoch.

Altmaier: "Ein Match, an das man sich erinnern wird"

Wie er es schaffte, in dieser Partie, die bislang die längste dieser French Open war, immer wieder dranzubleiben, erklärte er so: "Einfach jeden Punkt mit dem größtmöglichen Einsatz spielen, das hält dich in der Gegenwart." An diese Einstellung hätte er sich stur gehalten. Altmaier erinnerte daran, dass es "so viele historische Matches" schon gab, "mit Matchbällen hier und da". Er kann schon mal selbstbewusst sein, er hat mehrmals klar gesagt, dass er von einem Grand-Slam-Sieg träume, aber nun? Sagte er bescheiden: "Ich weiß nicht, ob es ein historisches Match war, aber es war sicher eines, an das man sich erinnern wird."

In Paris war Altmaier schon mal gut, an diesem Ort schnitt er von allen vier Grand Slams sogar am besten ab. 2020 stand er am Bois de Boulogne im Achtelfinale, als Qualifikant hatte er auf dem Weg in die Runde der letzten 16 Jan-Lennard Struff und in dem Italiener Matteo Berrettini erstmals einen Top-Ten-Spieler besiegt. Er verlor dann gegen den Spanier Pablo Carreño Busta. "Ich liebe Sand", sagte er zu Bartoli, und dann dankte er nochmals den Zuschauer, "die Emotionen waren verrückt". Applaus. Jubel. Daniel-Rufe. In der dritten Runde trifft Altmaier nun auf den Bulgaren Grigor Dimitrow. Es kann für ihn noch weitergehen.

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