Unbefristeter Streik bei der Bahn: Mögliche Dauer und Ausmaß

22 Jun 2023
Bahn-Streik

Es droht ein unbefristeter Bahn-Streik durch die EVG, da die Verhandlungen gescheitert sind. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wie lange könnte so ein Streik dauern?

Seit Februar dieses Jahres verhandeln die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und Deutsche Bahn wegen eines neuen Tarifvertrags. Im März und im Mai kam es bereits zu Warnstreiks. Nun hat die Gewerkschaft die Verhandlungen allerdings für gescheitert erklärt, da die Forderungen der EVG vom neuen Angebot der Bahn nicht erfüllt wurden. "Vor dem Hintergrund der seinerzeit in Fulda beschlossenen Forderungen wurde insbesondere die Laufzeit von 27 Monaten als deutlich zu lang sowie die angebotene Lohnerhöhung als zu niedrig und zu spät bewertet", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am 21. Juni 2023.

Was der Abbruch der Verhandlungen nun für Reisende bedeuten könnte und welche zwei Optionen es gibt, um den Tarifkonflikt aufzulösen, erfahren Sie in diesem Artikel. 

Unbefristeter Streik bei der Bahn: Was sind die Voraussetzungen?

Weil die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der EVG nun mehrfach gescheitert sind, scheint der Tarifkonflikt die nächste Eskalationsstufe zu erreichen. Nach den Warnstreiks könnten bei der Deutschen Bahn nun weitere Streiks im Juni drohen. Ob dies der Fall sein wird, wird wohl eine Urabstimmung entscheiden. Diese wurde von dem EVG-Bundesvorstand am Donnerstag (22. Juni) angekündigt.

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Video: dpa

Ein unbefristeter Streik ist neben dem Schlichtungsverfahren eine der Optionen und nach deutschem Streikrecht erlaubt.

Damit es zu einem unbefristeten Streik kommt, müssen laut der Website gehaltsvergleich.com  und der dpa folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

In den Tarifverhandlungen ist es bereits zu Warnstreiks gekommen. Die Tarifverhandlungen wurden offiziell für gescheitert erklärt. Das Schlichtungsverfahren wurde eingeleitet. Eine Urabstimmung wurde beschlossen. 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder haben in einer Urabstimmung für einen Streik gestimmt.

Ist bei der Urabstimmung die Entscheidung für einen Streik gefallen, ruhen derweil die Arbeitsverhältnisse. Die Streikenden haben in dieser Zeit keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt oder auf Arbeitslosengeld. Organisierte Arbeitnehmer erhalten allerdings Unterstützung von der Gewerkschaft.

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Wie lange kann ein unbefristeter Streik dauern?

Hat eine Gewerkschaft unbefristete Streiks angekündigt, sind diese, wie aus der Bezeichnung hervorgeht, nicht mehr zeitlich begrenzt. Sie unterscheiden sich dahingehend also von den Warnstreiks, die immer in einem bestimmten Zeitrahmen stattfinden. Wie lange ein unbefristeter Streik dauern kann, ist unterschiedlich und hängt von der Bereitschaft der Tarifpartner ab, schnell eine Einigung zu erzielen. Am Beispiel der GDL (siehe unten) sieht man allerdings, dass der unbefristete Streik auch als ein sehr starkes Druckmittel in den Tarifverhandlungen eingesetzt werden kann - ohne, dass es tatsächlich zu einem unbefristeten Streik kommen muss.

Während des Streiks werden die Verhandlungen fortgesetzt, bis über das Ergebnis eine erneute Urabstimmung abgehalten wird. Wird dieses von 25 Prozent der Gewerkschaftsmitgliedern angenommen, wird der Streik beendet.

Der längste Streik in BRD dauerte beinahe vier Monate: Laut einem Bericht von tagesschau.de handelte es sich dabei um den Streik der Stahl- und Werftarbeiter in Schleswig-Holstein, der im Herbst 1956 begann. 

Unbefristeter Streik bei der Bahn könnte gravierende Folgen haben

Schon seit Beginn des Tarifkonflikts ist er für viele Deutsche das Schreckgespenst der Verhandlungen zwischen EVG und Deutscher Bahn: der unbefristete Streik. Kommt es dazu, müssen Reisende in den kommenden Wochen gute Nerven beweisen, denn ein unbefristeter Streik der EVG, die für 230.000 Beschäftigte verhandelt, könnte für erhebliche Störungen im Verkehrssektor sorgen - insbesondere, weil in vielen Bundesländern die Sommerferien vor der Tür stehen. 

Kombiniert mit der Befürchtung des Fahrgastverbands "Pro Bahn", der zuletzt wegen der Einführung des Deutschlandtickets in den Sommerferien vor überfüllten Zügen an die beliebten Ausflugsziele an Meer und Bergen warnte, droht Deutschland im Sommer 2023 möglicherweise ein Verkehrschaos. Denn Reisende, die fest mit der Bahn geplant haben, könnten nun auf die Straßen oder Flughäfen ausweichen, was wiederum zu Staus und überlasteten Flughäfen führen könnte. 

Neben den Reisenden wären auch die Pendler stark von einem unbefristeten Streik der Bahn betroffen, denn sie müssten sich notfalls für längere Zeit nach einer Alternative umsehen, um an ihre Arbeitsstelle zu gelangen. Einfach zu Hause bleiben dürfen Arbeitnehmer bei einem Streik nämlich nicht.

Dass eine Gewerkschaft des ÖPNV in Deutschland mit einem unbefristeten Streik droht, gab es zuletzt 2007 und 2008. Damals schienen die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Bahn in einer Sackgasse gelandet zu sein. Der Tarifkonflikt streckte sich über 11 Monate, mit mehreren Verhandlungsabbrüchen und Warnstreiks, die teilweise drei Tage andauerten, der GDL. Ein unbefristeter Streik wurde von der GDL mehrfach ins Spiel gebracht. Letztendlich blieb dieser aber aus, weil sich die Tarifpartner laut dem Stern schlussendlich einigten.

Übrigens: Wer von einem Bahnstreik betroffen ist, muss nicht um die Gültigkeit seines Tickets fürchten. Alles Wichtige zu Kulanz und Erstattung bei der Bahn im Streikfall haben wir für Sie aufgelistet.

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