EVG geht in Urabstimmung über unbefristete Bahn-Streiks

22 Jun 2023
Bahn-Streik
Tarifstreit mit der Deutschen Bahn EVG geht in Urabstimmung über unbefristete Streiks

Stand: 22.06.2023 15:04 Uhr

Bei der Bahn drohen möglicherweise noch im Sommer unbefristete Streiks mit zahlreichen Zugausfällen. Nach den gescheiterten Tarifverhandlungen will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ihre Mitglieder darüber jetzt entscheiden lassen.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn über einen neuen Tarifvertrag für gescheitert erklärt. "Ab sofort" werde eine Urabstimmung über unbefristete Streiks vorbereitet. Das kündigte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert an.

Bei der Urabstimmung müssen sich laut Burkert mindestens 75 Prozent der stimmberechtigten Beteiligten für "länger andauernde" Streiks aussprechen. Die Urabstimmung wird möglich, weil mit dem Scheitern der Verhandlung die vereinbarte Friedenspflicht ausläuft.

Bis zu einem Ergebnis könne es vier bis fünf Wochen dauern. Doch auch in dieser Zeit seien Warnstreiks nicht ausgeschlossen, so Burkert weiter. Er könne nicht ausschließen, dass diese auch in die Zeit der Sommerferien fallen könnten.

Sollten die Gewerkschaftsmitglieder für den unbefristeten Streik stimmen, hätten die Streikenden keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt, auch nicht auf Arbeitslosengeld. Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberseite können während des Ausstandes fortgesetzt werden. Über ein mögliches Ergebnis im Tarifstreit müsste dann erneut per Urabstimmung entschieden werden. 25 Prozent der Stimmberechtigten müssten in diesem Falle für den ausgehandelten Kompromiss stimmen.

Tarifkonflikt dauert seit Monaten an

Der Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der EVG dauert bereits seit Februar an. Bereits im März und April hatte die Gewerkschaft zu Warnstreiks aufgerufen. Im Mai hatte sie zu einem Ausstand aufgerufen, der rund 50 Stunden andauern sollte. Dieser war jedoch abgewendet worden, weil sich EVG und Bahn auf einen verpflichtenden Vergleich einigen konnten.

Seitdem ist es jedoch nicht gelungen, in Verhandlungen einen Kompromiss über einen Tarifvertrag zu erzielen. Die EVG fordert eine Lohnerhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit sollte nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen, darunter etwa 180.000 bei der Deutschen Bahn.

Die Bahn hat nach eigenen Angaben zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen in Aussicht gestellt. Details zu diesen Verbesserungen nannte sie aber nicht. Der Konzern will die Laufzeit des Tarifvertrags auf 27 Monaten festsetzen.

Die EVG lehnt diese Laufzeit jedoch als zu lang ab. Zudem kritisierte sie die angebotene Lohnerhöhung als zu niedrig und zu spät.

"Eskalation ist absolut unnötig"

Die Deutsche Bahn reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung der EVG. "Diese Eskalation ist absolut unnötig, wir waren ganz kurz vor dem Abschluss", erklärte Unternehmenssprecher Matthias Waha. Es sei ein "Unding", Reisende mit Streikdrohungen zu verunsichern und ihnen möglicherweise "die Sommerferien zu vermiesen". Bereits am Mittwoch hatte die Bahn der Gewerkschaft vorgeworfen, einen fast fertigen Tarifabschluss wegzuwerfen, 140 Seiten Text seien schon fertig gewesen.

Auch aus der Union hatte die EVG bereits heftige Kritik geerntet. "Es verwundert nicht, dass die EVG die Verhandlungen platzen gelassen hat. Das ist ein sturer Verein, der die Scheuklappen aufhat und mit dem Kopf durch die Wand will - bei allem Respekt vor der Tarifautonomie", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Ulrich Lange, der Nachrichtenagentur dpa.

Doch irgendwann sei das Maß voll. "Ständige Streiks sind doch kein Allheilmittel und treiben die Bahnfahrer, die mit alledem am Wenigsten zu tun haben, in den Wahnsinn", so Lange.

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