Champions-League-Viertelfinale: Paris Saint-Germain braucht ein ...

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Im Prinzenpark war alles für einen magischen Abend gegen den FC Barcelona angedacht: Das erste Champions-League-Viertelfinale an der Porte d´Auteuil mit Publikum seit acht Jahren, dazu eine großartige Choreographie des CUP (Collectif Ultra Paris), eine Gänsehaut-Stimmung mit dem Song aus dem Film „Krieg der Sterne“ kurz vor dem Anpfiff, sowie reichlich Prominenz auf der Ehrentribüne wie die ehemaligen Profis Ronaldinho, Luis Figo, Rai und Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps.

Am Ende erlebten die Zuschauer einen Abend voller Emotionen mit einigen Höhen und vielen Tiefen. Es herrschte aus Pariser Sicht eine große Portion Frust, nur sechs Tage vor dem Rückspiel im Montjuic. PSG musste sich mit dem 2:3 zum ersten Mal seit dem 3. November 2023 nach insgesamt 27 Spielen wettbewerbsübergreifend geschlagen geben.

In den Katakomben des Parc des Princes ging es danach vor allem um die merkwürdigen Entscheidungen von Coach Luis Enrique, angefangen mit seiner Startelf-Wahl: Shootingstar Warren Zaire-Emery saß beim Anpfiff auf der Bank, für ihn durfte der Südkoreaner Lee Kang-In beginnen, der aber das Vertrauen des Trainerstabs nie rechtfertigen konnte und ähnliche Probleme mit der Integration zu haben scheint wie sein Landsmann Min-Jae Kim beim FC Bayern. Im Sturm neben Kylian Mbappé und Ousmane Dembélé stand Marco Ascensio als Nummer neun.

Mbappé völlig orientierungslos

Als er wenige Minuten vor der Halbzeitpause tatsächlich einmal den Ball bekam, raunten die Fans. Schließlich schien es doch bis dahin ganz so, als habe PSG tatsächlich einen Spieler weniger auf den Rasen geschickt als die erlaubten elf Akteure. Währenddessen saß mit Randal Kolo Muani (95 Millionen Euro) und Goncalo Ramos (80 Millionen) ein sehr teures Sturm-Duo abermals nur auf der Bank. Vor allem der ehemalige Frankfurter Kolo Muani erlebte seinen persönlichen Tiefpunkt, seit er im vergangenen Sommer an der Seine für fünf Jahre unterschrieben hatte: Er wurde nicht einmal eingewechselt.

Einen Tiefpunkt erreichte aber auch Kylian Mbappé. Am letzten Sonntag sagte er noch beim TV-Sender TF1: „Gegen Barca ist es ein Spiel für große Spieler, und ich bin ein großer Spieler.“ Das ganze Spiel lang schien der Kapitän der französischen Nationalmannschaft aber völlig orientierungslos. Er wusste augenscheinlich nie, ob er auf dem linken Flügel Tempo machen oder in der Sturmspitze auf die Bälle seiner Mitspieler warten sollte. Bei Ballverlust blieb er stets stehen und sah keinen Grund, nach hinten mitzuarbeiten und seine Kollegen zu unterstützen.

Der Triumph in der Champions League ist das Ziel aller PSG-Träume. Diese gewinnt man aber – so man nicht über ein so eingespieltes Orchester wie Manchester City verfügt, vor allem mit einem Top-Torwart sowie einem herausragenden Stürmer, also wie der FC Bayern in der Spielzeit 2019/20 mit Manuel Neuer und Robert Lewandowski oder Real Madrid mit Thibaut Courtois und Karim Benzema 2021/22. Wenn Mbappé aber wie nun gegen Barcelona genauso oft (drei Mal) aufs gegnerische Tor schießt wie er im Abseits stand, ist wohl zumindest eine große Leistung des eigenen Torhüters nötig.

Trotz einer bisher starken Saison konnte Gianluigi Donnarumma aber in einem wichtigen Spiel auf der europäischen Bühne abermals nicht überzeugen. In der Luft griff der italienische Nationalkeeper völlig daneben. Auch beim Herauslaufen zeigte er wieder einmal erhebliche Schwächen. „Wenn der Torwart und der Stürmer gar nicht funktionieren wie am heutigen Abend, dann ist eine solche Niederlage völlig verdient“, meinte der ehemalige französische Nationalspieler Samir Nasri, heute Experte bei Canal Plus France. Donnarumma war nicht auf der Höhe, Mbappé wirkte wie ein Fremdkörper. „Ich hatte das Gefühl, dass er total unglücklich ist. Außer er hat sich für das Rückspiel geschont“, sagte Nasri.

Nach einem schwachen ersten Durchgang folgten zu Beginn der zweiten Halbzeit immerhin einhundert irre Sekunden voller Wucht der Enrique-Elf mit zwei Treffern von Dembélé und Vitinha. Das Spiel drohte komplett zu kippen, doch diese runderneuerte PSG-Elf wirkte in der Schlussphase zu naiv bei Ballverlusten und dementsprechend zu wackelig in der Defensive.

„Auf diesem Niveau sind solche Details eminent wichtig“, übte PSG-Kapitän Marquinhos Selbstkritik: „Wir wurden bitter bestraft gegen eine Mannschaft, die sehr effizient agiert. Nun sind wir in der Pflicht, diese Probleme sofort zu regeln, um noch eine realistische Chance aufs Weiterkommen zu haben.“ In Katalonien am kommenden Dienstag braucht Paris Saint-Germain nun, was der Verein in seiner Champions-League-Geschichte allerdings noch nie erlebt hat: Ein kleines Wunder.

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