Neues zentrales Organspende-Register startet online
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Mehr als 800 Menschen aus Berlin und Brandenburg warten auf ein Spender-Organ. Um die Zahl der Organspender zu erhöhen und - auch Angehörigen - mehr Klarheit darüber zu verschaffen, was potentielle Spender wollen, geht jetzt ein Register an den Start.
In Deutschland fehlen Tausende Organspender. Auch in Berlin und Brandenburg warten zahlreiche Menschen auf die lebensrettende Transplantation - zum Beispiel die herzkranke Larissa. Eine Länderinitiative will nun die Gesetze ändern.
Jeder Bundesbürger ab 16 Jahren kann ab 18. März seinen Willen zur Organ- und Gewebespende rechtssicher, freiwillig und kostenlos von zu Hause im zentralen Organspende-Register online hinterlegen. Voraussetzung ist, dass er oder sie über einen Personalausweis mit Onlinefunktion und PIN (eID) verfügt.
Möglich ist das für Personen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr. Ein Widerspruch gegen eine Spende kann bereits mit Vollendung des 14. Lebensjahres erfolgen. Eine einmal hinterlegte Entscheidung kann jederzeit geändert und widerrufen werden.
Eingerichtet wurde das Portal www.organspende-register.de vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Daten sollen auf einem Server in Deutschland gespeichert werden.
Angesichts des anhaltenden Mangels an Spenderorganen forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zugleich aber weitergehende gesetzliche Maßnahmen.
Politik und Gesundheitswesen erhoffen sich dadurch mehr Klarheit bei der Frage, ob Bürger für oder gegen eine Organspende sind. Transplantationsmediziner hoffen, dass Gespräche mit Angehörigen über eine Organspende einfacher werden, wenn der Wille des möglichen Spenders schriftlich hinterlegt ist. Letztlich soll damit auch die Zahl der Organspender erhöht werden.
In Deutschland gilt derzeit, und so soll es auch mit dem neuen Register bleiben, die "erweiterte Zustimmungslösung". Für die Organentnahme nach dem Hirntod eines Menschen ist demnach die aktive Zustimmung des Betroffenen zu Lebzeiten, die Zustimmung eines engen Angehörigen oder eines Bevollmächtigten erforderlich.
Karl Lauterbach würdigte den Start des Onlineregisters als "Meilenstein für Digitalisierung". "Die Angehörigen werden entlastet, aber auch die Ärztinnen und Ärzte." Im medizinischen Notfall könnten die Krankenhäuser nun "durch den Blick ins Organspenderegister" Gewissheit über die Spendenbereitschaft erreichen.
Potenziell gebe es eine große Bereitschaft zur Organspende - nur müsse die Hürde dafür gesenkt werden, sagte der Minister. "Viele Menschen wollen spenden, werden aber nie zu Spendern." Dies ließe sich durch eine Widerspruchslösung ändern. Eine solche Lösung sähe vor, dass grundsätzliche jeder Mensch in Deutschland gesetzlich zur Organspenderin oder zum Organspender erklärt wird - und aktiv seinen Widerspruch dagegen einlegen muss, sollte er damit nicht einverstanden sein.
Der SPD-Politiker verwies darauf, dass das neue Onlineregister für den Fall der Einführung einer Widerspruchslösung weiterentwickelt werden könne. "Das Register ist eine gute Vorarbeit für die Widerspruchslösung", sagte er. Das Register könne in Zukunft als Plattform für all jene genutzt werden, die dokumentieren wollen, dass sie nicht zu einer Organspende bereit sind.
Derzeit warten rund 8.400 Menschen in Deutschland auf ein neues Organ. Darunter nach Angaben vorläufiger Zahlen der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) 450 aus Berlin und 351 Menschen aus Brandenburg (Stand 31. Dezember 2023).
Deutschland liegt im internationalen Vergleich bei der Zahl der Organspender auf den hinteren Rängen der Tabelle. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation verzeichnete im Jahr 2023 insgesamt 965 Spender. Darunter, so die DSO, 53 in Berlin und 25 aus Brandenburg. In den 45 Transplantationszentren wurden bundesweit 2.985 gespendete Organe eingepflanzt.
Zum Vergleich: in Spanien wurden im Jahr 2023 nach Angaben des "Deutschen Ärzteblatts" 5.861 Organtransplantationen vorgenommen. Auch Frankreich und Italien liegen deutlich vor Deutschland. In den genannen Ländern gilt, anders als in Deutschland, die "Widerspruchslösung". Wer nicht vor seinem Tod widerspricht, ist hier automatisch potentieller Organspender.
dpa/A. Franke
Das neue Organspende-Register in Deutschland startet in mehreren Stufen. Schritt eins ist ab März die Hinterlegung der eigenen Absichten potentieller Organspender im Register. In einem zweiten Schritt ist geplant, dass Kliniken, die Organe entnehmen, im Register hinterlegte Erklärungen suchen und abrufen können.
Bis zum 1. Juli müssen alle Entnahmekrankenhäuser an das Register angebunden sein und abrufberechtigte Personen benannt haben. Spätestens bis zum 30. September 2024 sollen Versicherte dann eine weitere Möglichkeit zum Zugang im Register erhalten.
Um auch Menschen ohne Internetzugang oder Computer eine rechtssichere Dokumentation zu ermöglichen, bleibt auch der Organspendeausweis zukünftig gültig.
Um sicher zu sein, dass der Wille eines Spenders im Ernstfall auch während des Übergangszeitraums bis Januar 2025 verlässlich berücksichtigt wird, sollten die persönliche Entscheidung zur Organ- und Gewebespende zusätzlich schriftlich (beispielsweise in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung) dokumentiert werden. (organspende-register.de)
Die nächsten Angehörigen sollten auch über die Entscheidung und deren Dokumentation informieret werden. Das schafft zusätzlich Klarheit und Sicherheit. Der Organspendeausweis bleibt weiterhin gültig. Organspendeausweis, Patientenverfügung oder andere schriftliche Erklärungen können weiterhin neben dem Organspende-Register für die Dokumentation der Entscheidung genutzt werden. Liegen mehrere Dokumente vor, so gilt immer das jüngste.
Sendung: Antenne Brandenburg, 18.03.2024, 5:30 Uhr