Ringen um Sam Altman: OpenAI arbeitet weiter am Comeback des ...

22 Nov 2023

Gehen weiter gemeinsam: Ex-OpenAI-CEO Sam Altman (l.) und Microsoft-Chef Satya Nadella vor wenigen Tagen gemeinsam auf einer Bühne

OpenAI - Figure 1
Foto manager-magazin.de
Foto: Barbara Ortutey / dpa

Die vergangenen Tage beim KI-Start-up OpenAI glichen einem "Game of Thrones", einem Kampf um Macht, Milliarden und Einfluss . Nach dem überraschenden Rauswurf von Co-Gründer und CEO Sam Altman (38) am Freitag, wurde erst Mira Murati (34) berufen und dann wieder abberufen, um den Posten vorerst dem früheren Twitch-Boss Emmett Shear (40) zu übertragen. Inzwischen zeichnet sich ab: Eine Dauerlösung dürfte auch das nicht sein.

Im Hintergrund nämlich wird immer noch an einem Comeback von Sam Altman gearbeitet. Eine triumphale Rückkehr des geschassten CEOs auf den Chefsessel war am Sonntagabend zwar gescheitert; Altman schloss sich indes dem OpenAI-Großinvestor Microsoft an, um dort mit einigen treuen Topleuten von OpenAI eine eigene KI-Einheit aufzubauen. Doch die OpenAI-Saga ist noch längst nicht beendet.

In der rund 770-köpfigen Belegschaft, dem wichtigsten Kapital des Unternehmens, hat Altman viele Fans. Hunderte OpenAI-Beschäftigte haben den für die Demission Altmans verantwortlichen Verwaltungsrat in einem Brief öffentlich zum Rücktritt aufgefordert. Andernfalls, so die Drohung, würden sie kündigen und ihrem ehemaligen Chef Altman nachfolgen oder woanders anheuern. Ein enormes Druckmittel: Kommt es zum Exodus der klügsten Köpfe, wäre das vermutlich das Ende von OpenAI. Rivalen wie Google versuchen bereits, Topleute anzulocken; Salesforce-CEO Marc Benioff (59) warb über die Plattform X sogar persönlich und ganz offen  darum, "jeden OpenAI-Forscher" zu übernehmen.

Eine Rückkehr Altmans, verbunden mit neuen Strukturen im Verwaltungsrat, würde das Risiko einer Massenabwanderung beim ChatGPT-Macher unmittelbar begrenzen.

Damit nicht genug. Auch unter den Investoren gibt es nach wie vor Pläne für eine Reinstallation Altmans. Einige der Investoren des Unternehmens erwägen offenbar rechtliche Schritte gegen den Verwaltungsrat und kämpfen damit fortgesetzt für Altmans Wiedereinstellung, schreiben die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg  und die "Financial Times" . Zu der Riege zählen Risikokapitalgeber wie Thrive Capital, Khosla Ventures oder Tiger Global Management. Ob es tatsächlich zu einer Klage kommt, blieb am Dienstag allerdings zunächst unklar.

Großinvestor Microsoft offen für Altman-Rückkehr

Und selbst Microsoft-Chef Satya Nadella (56) hält sich alle Optionen offen. Er hat sich zwar in einem smarten Schachzug am Sonntagabend die Dienste von Altman für Microsoft gesichert und ihm weiter volle Unterstützung zugesagt. So hatte er verhindert, dass Altman kurzfristig woanders anheuerte. Doch in einem Interview mit Bloomberg signalisierte er nun, auch mit einer Rückkehr Altmans zu OpenAI einverstanden zu sein. Microsoft profitiere, egal ob Altman nun direkt unter dem Microsoft-Dach arbeiten würde oder ob er künftig wieder OpenAI steuere.

"Ich denke, es ist ganz klar, dass sich an der Governance etwas ändern muss."

Microsoft-Chef Sayta Nadella

Microsoft hat eine enge Partnerschaft mit OpenAI, hat insgesamt mehr als elf Milliarden Dollar in das Unternehmen gesteckt und soll heute 49 Prozent der Anteile halten. Nadella wiederholte, dass sein Konzern weiter an OpenAI festhalte. Unabhängig von der Personalie Altman müsse sich allerdings die Unternehmensführung ändern. "Ich denke, es ist ganz klar, dass sich an der Governance etwas ändern muss“, sagte Nadella dem US-Fernsehsender CNBC . Überraschungen wie zuletzt seien nicht gut.

Nach Informationen von Bloomberg erwägt Microsoft offenbar auch, künftig selbst eine größere Rolle im Verwaltungsrat einzunehmen. Obwohl ein größerer Einfluss Microsofts vermutlich die Regulierungsbehörden auf den Plan rufen würde, sei der Konzern davon überzeugt, dass die Stabilisierung seiner Partnerschaft mit OpenAI die regulatorischen Risiken bei Weitem überwiege, so Nadella.

OpenAI war 2015 als Non-Profit-Organisation mit einer klaren Charta und Mission gegründet worden: "Sicherstellen, dass allgemeine künstliche Intelligenz der ganzen Menschheit zugutekommt." Seit dem Einstieg von Microsoft 2019 gibt es eine profitorientierte Tochterfirma, an der auch andere Investoren beteiligt sind. Die Hoheit allerdings hat noch immer der Verwaltungsrat. Er ist einzig der Mission verpflichtet und nicht den Shareholdern; die unabhängigen Mitglieder des Gremiums haben selbst nicht mal Unternehmensanteile. Die höchst ungewöhnliche Konstruktion war der Versuch, die Ursprungsmission mit dem dafür notwendigen hohen Bedarf an Kapital und Rechenleistung zu verbinden.

Was macht Adam D'Angelo im Verwaltungsrat?

Dem Verwaltungsrat hatten bis zum Freitag auch Altman und der ebenfalls entmachtete Chairman Greg Brockman (35) angehört. Ansonsten saßen noch vier Personen in dem Gremium, darunter mit dem Chefwissenschaftler Ilya Sutskever (37) ein weiterer Co-Gründer von OpenAI. Er soll den Rauswurf von Altman mit betrieben haben. Inzwischen aber bereut er das dadurch verursachte Chaos. Bemerkenswert ist, dass auch Sutskever den genannten Brief mit der Aufforderung zu eigenen Entmachtung unterschrieben hat, wie das "Wall Street Journal"  berichtet. Via X erklärte Sutskever: "Ich werde alles tun, was ich kann, um das Unternehmen wieder zu vereinen."

Fakt ist: Der Verwaltungsrat hat die Macht, so haben es die Gründer von OpenAI in ihrer Mission einst beschlossen. Damit Altman zurückkehrt, müssten auch die anderen drei Mitglieder Adam D'Angelo (39; CEO des Auskunftsdiensts Quora), Technologieunternehmerin Tasha McCauley und Helen Toner (Strategiedirektorin am Georgetown Center for Security and Emerging Technology) zumindest mehrheitlich zustimmen.

Der Risikokapitalgeber Vinod Khosla (68), einer der ersten OpenAI-Investoren, weist dabei vor allem auf D'Angelo: Wenn der Sutskever in dessen Einschätzung folge, dann sei auch der Rückweg für Sam Altman wohl frei. "Wenn er es nicht tut, wird es ein mehrmonatiger Rechtsstreit", zitiert Bloomberg Khosla. Das offensive Spiel über die Medien und die Livebegleitung über X dürften die eigentlich unabhängigen Mitglieder des Gremiums dabei ordentlich unter Druck setzen.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten