OpenAI zeigt das neue ChatGPT – ist das die Zukunft von Apples Siri?

14 Mai 2024

Das neue ChatGPT erkennt Gefühle, kann sich unterhalten und versteht, was man ihm zeigt. Besonders spannend ist das, weil es bald im iPhone verbaut werden könnte. 

OpenAI - Figure 1
Foto STERN.de

"Du siehst gut gelaunt aus", attestiert die weibliche Computerstimme, nachdem der OpenAI-Mitarbeiter der KI sein Gesicht per Livekamera zeigt und nach seiner Stimmung fragt. Vorher hatte sie schon die Nervosität in der Stimme seines Kollegen erkannt. Und mit ihm Atemübungen zur Beruhigung gemacht. Die genutzte KI ist keiner der bekannten Sprachasstistenten wie Apples Siri – sondern die neue Version von ChatGPT namens GPT-4o.

Die hat OpenAI gestern erstmals in einem live gestreamten Event vorgestellt. Auf einer an ein schickes Wohnzimmer erinnernden Bühne zeigte Technik-Chefin Mira Murati, was das neue GPT-Modell so draufhat. "GPT-4o kann Gesprochenes, Text und Visuelles logisch verarbeiten", erklärte sie über das neue KI-Multitalent. "Das ist uns besonders wichtig – denn wir sprechen von der Zukunft der Interaktionen zwischen Mensch und Maschinen."

Das kann das neue ChatGPT

Die bei der Präsentation gezeigten Fähigkeiten sind tatsächlich beeindruckend. GPT-4o kann einfach angesprochen werden, lässt sich dann aber auch mit per Kamera oder in einem PC-Fenster angezeigten Informationen zusätzlich füttern. So ließ sich einer der Entwickler etwa Programm-Code erklären, den er in einem anderen Fenster geöffnet und dann in GPT herüber kopiert hatte.

Dabei unterscheidet sich GPT-4o auch vom schon länger verfügbaren Sprachmodus in ChatGPT. Während der immer erst zwischen Stimme und Text übersetzen musste, funktioniert die neue Version wie ein natürliches Gespräch. Und erlaubt es sogar, die Computerstimme zu unterbrechen, statt immer abwarten zu müssen. Die Interaktion wirkt dadurch viel natürlicher. 

OpenAI - Figure 2
Foto STERN.de
KI mit Stimmung

Noch beeindruckender ist aber die Fähigkeit, die Stimmung der Nutzer zu erkennen und darauf einzugehen. In der oben beschriebenen Atemübung hyperventilierte der Präsentator absichtlich – was GPT sofort erkannte. Um dann behutsam darauf hinzuweisen, lieber langsamer zu atmen. 

Auch die Emotionaliät der Computerstimme lässt sich anpassen: Beim Vorlesen einer Gute-Nacht-Geschichte passte sich GPT-4o dem Wunsch nach mehr Emotionalität an – und laß die Geschichte mit deutlich hörbarem Gefühl in der Stimme vor. 

Um zu beweisen, dass es nicht nur um geprobte Inhalte ging, hatte OpenAI in sozialen Medien um Nutzerfragen gebeten, die dann live auf der Bühne beantwortet wurden. 

London

Das Apple-Event in Bildern: Dünner, bunter und zum Drücken
GPT-4 für alle

Einige der neuen Funktionen können nun auch noch mehr Nutzer ausprobieren: Sofort nach der Präsentation schaltete OpenAI sein modernes Modell GPT-4 auch für die kostenlosen Nutzer frei, bisher war es den Bezahlkunden vorbehalten. Ein Wermutstropfen: Wer den Sprachbot intensiv nutzen will, muss auch weiter dafür zahlen: Für die kostenlosen Nutzer gibt es nur wenige Befehle für das Highend-Modell, dann müssen sie sich mit GPT-3.5 zufrieden geben oder abwarten, bis eine nicht näher genannte zeitliche Begrenzung abgelaufen ist.

Auf die besonders  interessante neue Sprachausgabe müssen aber alle warten: Sie soll erst innerhalb des nächsten Monats zunächst für die Plus-Nutzer ausgerollt werden. 

OpenAI - Figure 3
Foto STERN.de
Wird GPT-4o das neue Siri?

Dann wird auch eine weitere große Ankündigung erwartet. Am 10. Juni beginnt Apples Entwicklerkonferenz WWDC – und für die hat der Konzern bereits eine große KI-Offensive angekündigt. Statt alles selbst zu entwickeln, soll Apple vor allem auf Partner setzen, um die eigenen Geräte in Punkto KI aufzurüsten. Neben Google soll vor allem OpenAI als wichtigster Kandidat gelten, laut Gerüchten könnte bereits eine entsprechende Vereinbarung in der Endphase sein.

Dass Apple seinen einstigen Vorreiter Siri längst als Schwachstelle betrachtet, ist bekannt. Nach dem Aufkommen generativer KI soll das dem Konzern aber noch schmerzlicher bewusst geworden sein, berichtete die "New York Times" letzte Woche. Software-Chef Craig Federighi soll demnach gemeinsam mit KI-Chef John Giannandrea wochenlang ChatGPT im letzten Frühjahr ausgiebig getestet haben – und den enormen Handlungsdruck des Konzerns erkannt haben.

Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?

Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Nach Eingabe Ihrer E-Mail-Adresse erhalten Sie eine E-Mail zur Bestätigung Ihrer Anmeldung.

Ihre Daten behandeln wir stets vertraulich.

Eine Frage der Umsetzung

Siri komplett verschwinden zu lassen, ist dafür aber nicht nötig. Wie eine Partnerschaft aussehen könnte, sieht man etwa bei Microsoft. Auch Apples Konkurrent setzt auf OpenAIs Technologie, benutzt aber ein eigenes Branding: Hinter dem KI-Tool Copilot steckt letztlich GPT-4. Genauso könnte auch Apple vorgehen: Siri würde weiter wie Siri klingen, wird im Hintergrund aber von OpenAI befeuert. Für die Kunden wäre der Mehrwert enorm: Sie bekämen die voll Leistung des neuen KI-Assistenten – direkt ins Gerät verbaut.

Spannend wäre noch der finanzielle Aspekt: Die Bezahl-Version von GPT-4o kostet 23 Euro im Monat. Würde Apple seinen Kunden das umsonst anbieten, würde OpenAI auf einen Schlag Unmengen von  potenziel zahlenden Kunden verlieren. Denkbar wäre deshalb eine zeitweise kostenlose Nutzung, etwa zwei Jahre mit dem Kauf eines Apple-Gerätes. Oder auch eine etwas abgespeckte Version. Ob und wie sich die beiden Unternehmen tatsächlich einigen, erfahren wir wohl spätestens im Juni.

Quellen: OpenAI, New York Times, Bloomberg

#Themen ChatGPT OpenAI Siri Apple GPT-4 Zukunft iPhone Mira Murati Kamera
Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten