Mike Josef gewinnt OB-Wahl: Zehn Aufgaben für Frankfurts neuen ...

Mit 51,7 Prozent ist Mike Josef (SPD) am Sonntag zum Frankfurter Oberbürgermeister gewählt worden. Bis zur Amtseinführung im Mai vergehen noch einige Wochen, in denen er sich vorbereiten kann, dann aber beginnen sechs Jahre für den Wahlsieger, die genutzt werden wollen. „Ich möchte Oberbürgermeister aller Frankfurterinnen und Frankfurter sein“, sagte Josef am Abend im Rathaus. Dies sind seine wichtigsten Aufgaben.

Manfred Köhler

Ressortleiter der Rhein-Main-Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

1. Die Stadt angemessen repräsentieren.

Unter Peter Feldmann hat das Ansehen Frankfurts gelitten. Seien Eskapaden rund um den Europa-Pokalsieg der Eintracht, seine Weigerung, trotz der Anklage wegen Vorteilsannahme zurückzutreten, das aufwendige Verfahren, um das Stadtoberhaupt abzuwählen – Frankfurt hat zuletzt ohne jede Not ein schlechtes Bild abgegeben. Das alles sollte nun andres werden. Mike Josef hat schon kurz nach seiner Amtseinführung am 12. Mai die Chance dazu. Am 18. Mai, also nur eine Woche später, steht die Mainmetropole im Mittelpunkt des nationalen Interesses, wenn am historischen Ort, in der Paulskirche, der 175. Jahrestag der Nationalversammlung, des ersten deutschen Parlaments, gefeiert wird.

2. Die Verwaltung ordentlich führen.

Peter Feldmann hatte das Rathaus soweit wie möglich auf seine Selbstdarstellungs-Bedürfnisse zugeschnitten, etwa durch die Zusammenführung des Hauptamts mit dem Presse- und Informationsamt. Doch eine starke Verwaltung braucht Unabhängigkeit. Der Oberbürgermeister ist Behördenchef, aber die Behörde selbst benötigt Strukturen, die ihr ungestörtes Arbeiten ermöglichen.

3. Den Magistrat zum Arbeiten bringen.

Zwei Jahre schon sind die Kommunalwahlen vorbei, im Mai 2021 hatte sich ein ungewohntes Bündnis aus Grünen, SPD, FDP und Volt zusammengefunden, um in den nächsten fünf Jahren mit einer Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung und eigenem Personal im hauptamtlichen Magistrat zu regieren. Doch geschehen ist wenig. Das neue Stadtoberhaupt sollte motivieren, ordnen, welche Aufgaben als erste angegangen werden, im Zweifelsfall Streit zwischen den Dezernenten schlichten. Die Stadtregierung bedarf dringend eines Managers, der sie dazu bringt, aus dem Wollen Handeln zu machen.

4. Der Stadt eine Richtung weisen.

Frankfurt ist verunsichert. Was wird aus dem Flughafen, wenn andere Drehkreuze an Bedeutung gewinnen, wenn der Luftverkehr wegen der Emissionen unter Druck gerät? Welche Perspektiven hat der Finanzplatz in einer Zeit der Industrialisierung der Bankenbranche und einer fortdauernden Konsolidierung? Wie kann die Stadt im internationalen Wettbewerb mithalten und womöglich ihre Position verbessern? Wie kann die Umweltbelastung reduziert werden, wie lässt sich trotz steigender Bevölkerungszahl die Lebensqualität in Frankfurt wahren? Viele Fragen, zumindest auf einige sollte der Oberbürgermeister eine Antwort wissen.

5. Konflikte in der Verkehrspolitik beilegen.

Die städtische Verkehrspolitik sorgt bei manchen für Zustimmung, bei anderen für Verärgerung, vor allem im Nordend schlagen die Wellen hoch. Ein Oberbürgermeister sollte den Ehrgeiz haben, die verschiedenen Interessen gegeneinander abzuwägen, nach Kompromissen zu suchen. Wer ernsthaft möchte, dass Bahnen, Busse und Radverkehr wichtiger werden, sollte dies nicht zu erreichen versuchen, indem er polarisiert. Und auf die vielen Einpendler ist Frankfurt dringend angewiesen, auch sie gehören berücksichtigt.

6. Die Lösung für Oper und Schauspiel finden.

Die Städtischen Bühnen am Willy-Brandt-Platz sollen abgerissen werden, weil sie hinfällig sind. Doch wohin mit den Neubauten für Oper und Schauspiel? Viel zu lange diskutiert die Stadt darüber schon, vor einigen Wochen hat die Kulturdezernentin einen Vorschlag gemacht. Der neue Oberbürgermeister sollte auch diese Diskussion an führender Stelle begleiten und vor allem darauf dringen, dass rasch ein Standort gefunden wird, so dass Architektenwettbewerbe ausgeschrieben werden können. Es muss nicht jede kommunalpolitische Aufgabe Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

7. Den Kontakt zur Wirtschaft pflegen.

Das Geschäftsmodell Frankfurts ist ganz einfach: In den Unternehmen wird der Wohlstand erwirtschaftet, mit den Steuerzahlungen der Betriebe und Beschäftigten lässt sich die herausragende soziale und kulturelle Infrastruktur finanzieren. Umso wichtiger, dass das Stadtoberhaupt der wichtigste Wirtschaftsförderer der Stadt ist. Was benötigen die Unternehmen, drohen sie mit dem Umzug, wie lassen sie sich halten? Wie können Unternehmer und Manager stärker als bisher zum Teil der Stadtgesellschaft werden? Reden hilft immer.

8. Wirklich „Bürger“-Meister sein.

In kleineren Orten ist es ganz einfach: Jeder kennt seinen Bürgermeister, und am Samstag trifft man ihn auf dem Marktplatz. In Frankfurt ist das zwangsläufig nicht so. Das Stadtoberhaupt sollte sich trotzdem soviel wie möglich bei denjenigen sehen lassen, die ihm nicht wegen ihrer Funktion sowieso ständig über den Weg laufen. Der Oberbürgermeister aller Frankfurt ist auch der Oberbürgermeister der Fechenheimer, der Sossenheimer und der Sindlinger.

9. Zu den Opernpremieren gehen.

Kulturpolitik ist eine der Paradedisziplinen in den Kommunen, Kultur hat einen Wert an sich, bestimmt aber auch das Bild einer Stadt. Wie schön, wenn diejenigen, die in der Kulturwelt arbeiten, oft bis an die Grenze der Erschöpfung, den Oberbürgermeister an ihrer Seite wissen.

10. Sich Zeit zum Nachdenken nehmen.

Niemand verlangt vom neuen Stadtoberhaupt, wie ein Flummi durch Frankfurt zu fliegen und überall und nirgends zu sein. Oberbürgermeister Frankfurts – was kann es Schöneres geben? So darf er auch einmal die schwere Tür zu seinem Büro hinter sich schließen, sich Störungen verbitten und nachdenken, wie es wohl weitergehen soll mit der Stadt, die ihm die Bürgerinnen und Bürger anvertraut haben – an einem Feiertag, an dem sie das neue Stadtoberhaupt wählten.

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