Großangriff der Hamas: Israel stellt sich auf langen Krieg ein – und ...

8 Okt 2023
Was in den vergangenen Stunden geschah

Israel hat als Reaktion auf die überraschenden Großangriffe der islamistischen Hamas im Gazastreifen vernichtende Schläge gegen die palästinensische Organisation beschlossen. Ziel sei, die militärischen und regierungstechnischen Kapazitäten der Hamas und des Islamischen Dschihad so zu zerstören, »dass sie für viele Jahre nicht mehr in der Lage und bereit sind, die Bürger Israels zu bedrohen und anzugreifen«, gab das Büro von Regierungschef Benjamin Netanyahu nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am frühen Sonntagmorgen bekannt. Unter anderem wurde beschlossen, die Einfuhr von Strom-, Brennstoff- und Warenlieferungen in den Gazastreifen abzuschneiden.

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Foto DER SPIEGEL

»Wir beginnen einen langen und schwierigen Krieg, der uns durch einen mörderischen Angriff der Hamas aufgezwungen wurde«, wurde Netanyahu zitiert. Die erste Phase ende jetzt mit der »Vernichtung des größten Teils der feindlichen Kräfte, die in unser Gebiet eingedrungen sind«, hieß es nach der Sitzung des Sicherheitsrats. Zugleich habe man eine Offensivphase eingeleitet, die ohne Einschränkung fortgesetzt werde, bis die Ziele erreicht seien. »Wir werden die Sicherheit der Bürger Israels wiederherstellen und wir werden siegen«, hieß es.

Unterdessen konnten nach israelischen Medienberichten Geiseln, die in einem Haus in Ofakim an der Grenze zum Gazastreifen festgehalten worden seien, von israelischen Soldaten befreit werden. Sie hätten das Gebäude nach stundenlangen Verhandlungen gestürmt und zehn Terroristen getötet, berichteten die Nachrichten-Website Ynet und der Sender i24NEWS. Drei israelische Soldaten seien verletzt worden.

Auch in der Nacht hat die islamistische Hamas im Gazastreifen den Beschuss des Erzfeindes in der Nacht fortgesetzt. Gegen mehrere Städte, darunter die Küstenmetropole Tel Aviv, gab es heftige Raketenangriffe. Das israelische Militär bombardierte im Gegenzug weitere Kommandozentralen der Hamas.

Zudem identifizierte die israelische Marine in den vergangenen Stunden sieben Terroristen in der Gegend des Zikim-Strandes auf israelischem Gebiet, wie das Militär erklärte. Marinesoldaten und Flugzeuge hätten das Eindringen der Terroristen in Wohngebiete verhindert. Kampfflugzeuge hätten drei operative Kommandozentralen der Hamas angegriffen, die von der Terrororganisation genutzt würden, um vom Gazastreifen aus Terroranschläge gegen Israel zu verüben.

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Foto DER SPIEGEL

Die israelische Polizei evakuiert eine Frau und ein Kind in Ashkelon

Foto: Tsafrir Abayov / dpa

Derweil geht die Gewalt auch im Westjordanland weiter. Bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee wurden am Samstag in mehreren Orten sechs Palästinenser getötet, darunter ein 13 Jahre alter Junge, wie das Gesundheitsministerium in Ramallah mitteilte. Ein weiterer Mann wurde palästinensischen Angaben zufolge nach einem versuchten Messerangriff von israelischen Soldaten erschossen.

Das sagen die USA

Nach dem Großangriff der radikalislamischen Palästinensergruppe Hamas gegen Israel hat US-Präsident Joe Biden den Israelis die unverbrüchliche Unterstützung der USA zugesagt. »Die USA stehen an der Seite des israelischen Volkes angesichts dieser terroristischen Angriffe«, sagte Biden am Samstag in einer Fernsehansprache.

Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin versicherte, in den kommenden Tagen werde das Pentagon »daran arbeiten sicherzustellen, dass Israel hat, was es braucht, um sich selbst zu verteidigen und Zivilisten zu schützen«. Seit seiner Gründung hat Israel von den USA Militärhilfen im Umfang von mehr als 125 Milliarden Dollar erhalten, wie 2021 aus einem Bericht des US-Außenministeriums hervorging.

Die USA teilten zudem mit, bislang »keine Hinweise« auf eine mögliche Verwicklung des Irans in den Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel zu haben. Es sei »zu früh« zu sagen, ob der Iran direkt in die großangelegten Offensive eingebunden sei, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses am Samstag. Dennoch gäbe es »keinen Zweifel« daran, dass die Hamas unter anderem vom Iran »finanziert, ausgerüstet und bewaffnet werde«.

Was war passiert?

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas hatte am Samstag tagsüber nach Militärangaben mehr als 3000 Raketen auf Israel abgefeuert. Gleichzeitig drangen am Morgen bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor.

Eine am Samstag Richtung Israel abgefeuerte Rakete

Foto: Fatima Shbair / AP

Bislang kamen in Israel nach Medienberichten mindestens 300 Menschen ums Leben. Rund 1590 Menschen seien verletzt. Auf Seiten der Palästinenser im Gazastreifen wurden mindestens 232 Menschen getötet und knapp 1700 verletzt, wie das dortige Gesundheitsministerium bekanntgab.

Der überraschende Angriff der Hamas startete genau 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg von 1973. Der damalige Angriff feindlicher arabischer Staaten auf Israel am höchsten jüdischen Feiertag gilt als bislang schwerstes nationales Trauma.

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