"Wenn Dortmund Atletico ausschaltet, kann eine gewisse Dynamik ...

14 Tage vor

Champions-League-Spiele gegen Atletico Madrid? Für Andreas Möller nichts Unbekanntes. Im kicker-Interview erinnert er sich an die Duelle beim BVB-Titelgewinn 1997 und erklärt, wie es mit dem Halbfinaleinzug klappen kann.

Dortmund Atletico - Figure 1
Foto kicker

Über Atletico bis zum Titelgewinn? Andreas Möller weiß, wie das funktioniert. imago images (2)

Herr Möller, in der Saison 1996/97 traf Dortmund schon einmal im Rahmen der Champions League auf Atletico Madrid, damals in der Gruppenphase. Beim 1:0-Sieg im ersten Duell fehlten Sie, im Rückspiel verlor der BVB dann mit 1:2.

Die CL-Duelle MIT ATLETICO 1996/97

Es war immer schwierig gegen Atletico, weil sie auf die Kompaktheit sehr großen Wert gelegt haben. Atletico hat die Charaktereigenschaft, sehr nicklig und körperbetont zu spielen, das ist eine andere Identität wie zum Beispiel bei Real Madrid. Es ist eine sehr schwierige und defensiv sehr gut organisierte Mannschaft - das hat gar nicht unbedingt etwas mit Diego Simeone zu tun. Jeder einzelne Spieler hatte eine gewisse Zweikampfstärke. Das hat die Borussia jetzt ja auch dort gespürt.

Kohler, Feiersinger und Heinrich fehlten beim 1:2, vor allem in der Abwehr wurde umgestellt. Unter anderem stand ein gewisser Steinar Pedersen in der Startelf, der überhaupt nur vier Pflichtspiele für den BVB absolvierte.

Da war Not am Mann, wir haben wirklich aus dem letzten Loch gepfiffen. Aber wir konnten Ausfälle immer kompensieren, das war gut für die Moral.

Es ging auch ordentlich los, Heiko Herrlich traf zum 1:0, dann wurden Sie nach einer kurz ausgeführten Ecke überrumpelt. Fünf Minuten später traf Milinko Pantic kurios zum 1:2. Vom Pfosten prallte der Ball Keeper Stefan Klos an den Kopf und ins Tor.

Das war ein kurioses Ding. Wir hatten wirklich nicht den allerbesten Tag, und das Tor war noch der krönende Abschluss. Wir waren zwar nicht unterlegen, aber Atletico war einfach effektiver. Wir waren aber trotzdem überzeugt, diese Gruppenphase zu überstehen, schließlich hatten wir bis dahin alle drei Spiele gewonnen.

Das Besondere an dem Spiel war auch, dass es die einzige Niederlage in der ganzen Champions-League-Saison blieb. Was war das Erfolgsgeheimnis für den Titelgewinn 1997?

Andreas Möllers Karriere in Zahlen 429 BL-Spiele (110 Tore) für Frankfurt, Dortmund und Schalke 56 Spiele (19 Tore) in der Serie A für Juventus Turin 32 CL-Spiele (8 Tore) für Dortmund und Schalke 85 A-Länderspiele (29 Tore) für Deutschland Deutscher Meister 1995 und 1996 DFB-Pokalsieger 1989, 2001 und 2002 Champions-League-Sieger 1997, UEFA-Cup-Sieger 1993 Weltmeister 1990, Europameister 1996 Spielersteckbrief Andreas Möller

Das war einfach ein Charakterteam, ich würde es fast mit der Mannschaft vom EM-Sieg 1996 vergleichen. Eine unglaubliche Dynamik, ein toller Zusammenhalt. Jeder hatte das Gefühl, dass er wichtig ist. Und der Kader konnte Ausfälle kompensieren: Matthias Sammer fehlte ja in der Saison häufig verletzt, stattdessen spielte Wolfgang Feiersinger Libero. Ich denke da auch ans Halbfinalhinspiel gegen Manchester United, als René Tretschok das 1:0 gemacht hat. Auch der zweite Anzug hat voll mitgezogen. Ottmar Hitzfeld hat jedem das Gefühl gegeben, dass er wichtig ist.

Das Finale ist Fußball-Geschichte. Doppelpack Riedle, dazu der Weitschuss von Lars Ricken. Dortmund gewann 3:1.

Juve war der Topfavorit. Sie hatten Deschamps, Zidane, Boksic, Ferrara, Peruzzi - von zehn Spielen verlierst du acht. Für uns war die Meisterschaft weg, im Pokal waren wir raus. Wir haben alles reingeworfen. Das mit Feiersinger war nur eine tragische Geschichte.

Da gab es viele Diskussionen. Das war Wahnsinn.

Andreas Möller über Wolfgang Feiersingers Ausbootung im Finale

Warum?

Er hatte ja einen großen Anteil am Titel, ausgerechnet im Endspiel hat Hitzfeld aber auf Sammer gesetzt und Feiersinger saß auf der Tribüne. Da gab es viele Diskussionen, das war Wahnsinn. Dortmund und Hitzfeld, das war damals sowieso nicht mehr ganz so harmonisch, es gab bereits atmosphärische Störungen. Nach der Saison wurde Hitzfeld dann Sportdirektor und Nevio Scala übernahm als Trainer.

Gehen wir zurück in die Gegenwart. Erstmals seit 2013 könnte der BVB wieder ins Halbfinale einziehen. Was muss passieren, dass Dortmund das 1:2 aus dem Hinspiel noch umbiegen kann?

Vorschau

Dortmund muss hochkonzentriert sein und sollte nicht denken, dass man das Spiel gleich in den ersten Minuten drehen muss. Der BVB muss Druck aufbauen und schlau spielen, nicht gleich Tür und Tor öffnen. Und im Notfall muss man eben auch mal unattraktiv spielen. Ein Traumpass von hinten durch drei Leute ist da nicht angebracht, es dürfen anders als im Hinspiel keine Fehler passieren.

Was zeichnet Atletico generell aus?

Das ist eine Mannschaft, die immer brandgefährlich zurückschlagen kann. Sie brauchen nicht viele Chancen für Tore. Gegen sie muss man alle Aktionen mit höchster Präzision und Konzentration ausführen.

Klappt es für den BVB mit dem Halbfinaleinzug?

Natürlich klappt das! Weil es vor heimischem Publikum nochmal einen richtigen Schub geben wird. Der Funke muss natürlich von der Mannschaft kommen. Sie muss die Zweikämpfe annehmen und darf sich nicht provozieren lassen. Dann ist Dortmund in der Lage, Atletico zu schlagen.

Sollte es gelingen, ist dann sogar der Titel drin?

Das ist zu weit gegriffen. Aber wenn Dortmund Atletico ausschaltet, kann in den Wettbewerb eine gewisse Dynamik reinkommen, gar keine Frage.

So wie bei Ihnen damals 1997.

Genau. Mit Hummels oder Reus hat man ja auch noch erfahrene Spieler, die wahrscheinlich nicht mehr viele Gelegenheiten bekommen werden. So viele Spiele sind es ja auch nicht. Man kann dann schon ein bisschen träumen.

Wer ist für Sie der Topfavorit?

Manchester City. Der Sieger aus der Begegnung gegen Real wird aber der Titelfavorit sein. An den beiden Teams führt kein Weg vorbei.

Interview: Christoph Laskowski

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