ZDF-Kleidungsstil: Knöchelfrei, kein Spaß dabei

2 Tage vor
ZDF

Während sich zu dieser EM gerade viele Leute im Land mächtig ins Zeug legen, sich rührend um unsere Gäste kümmern, die Fans auf den Straßen vom Balkon aus mit Bier versorgen, die Stadionbesucher trotz kaputt gespartem Schienennetz sicher ans Ziel bringen oder aus dem Turnier ausgeschiedene Mannschaften mit Blasmusik verabschieden, gibt es eine Gruppe, die ihren Aufgaben offensichtlich nur unzureichend nachkommt: Was machen eigentlich die Stylisten der ZDF-Sportstudio-Gäste und des Moderators den ganzen Tag?

Ein Blick auf die Beine und Schuhe der Ex-Nationalspieler Per Mertesacker und Christoph Kramer sowie des Moderators Jochen Breyer, die im Studio die Spiele analysieren, lässt einen allzu oft erschauern. Bei der Übertragung des Vorrundenspiels Italien gegen Kroatien wird das besonders deutlich: Die Farben der Hosen, zweimal Dunkelblau und einmal Grau, sind solide, doch die Probleme beginnen beim Schnitt. Mertesacker hat eine dunkelblaue Chino an, die um die Taille herum etwas locker sitzt und sich beim Sitzen unangenehm im Lendenbereich staut, an den Waden aber eng anliegt und weit vor dem Knöchel endet. Darunter trägt er weiße, sehr saubere Stan-Smith-Turnschuhe. Auch seine Sofapartner sitzen mit engen Hosen da, bis auf Kramer zeigen alle ein gutes Stück nacktes Bein. Und immer kombinieren sie dazu diese blütenweißen Turnschuhe, die durch ihre helle Farbe naturgemäß klobiger wirken als blaue oder schwarze.

Gerade bei Mertesacker, Schuhgröße 46, wirkt die enge Hose in Kombination mit den Schuhen völlig unproportioniert. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass sie gezwungen sind, auf dem Sofa zu lümmeln, anstatt zu stehen oder auf Stühlen aufrecht zu sitzen. Am nächsten Tag, als Frankreich gegen Polen spielt, lassen Mertesackers etwas hellere Hosen wieder jede Menge Unterschenkel frei, am Rande der weißen Sneakers sieht man sogar Füßlinge.

Schöne Stoffhosen sind etwas ganz anderes, sie fallen wie ein Vorhang über die Beine. Sie sollten nicht auf dem halben Unterschenkel wie eine Wurstpelle sitzen bleiben. Das ist kein attraktives Pressing, liebe Experten!

Und elegante Schuhe sollten schmal sein und die Füße nicht breiter erscheinen lassen, als sie sind. Die knöchelhohen Turnschuhe von Jochen Breyer sehen aus, als stammten sie aus der Orthopädieabteilung.

Wer sich jetzt aufregen will, dem kann der Verfasser dieser Zeilen nur entgegnen: Natürlich hat jeder das Recht, schlecht behost und schlecht besohlt zu sein. Aber die Annahme, es gebe keine Regeln für eine gute Garderobe, ist blanker Unsinn. Wie wir uns heute kleiden, basiert auf Traditionen und Gruppenidentitäten: Ursprünglich gab es in der stilprägenden englischen Herrengarderobe Outfits für den Gentleman in der Stadt (zum Beispiel, je nach Anlass, Anzug, Blazer, Smoking, Frack) und auf dem Land (zum Beispiel Jagdkleidung, gewachste und gesteppte Jacken, Tweed- und Cordanzüge, Gummistiefel, Schiebermützen et cetera). Diese Ideale in der westlichen Welt, wie ein eleganter Mann auszusehen hat, wurden im 20. Jahrhundert durch traditionelle Arbeiterkleidung wie Jeans, Blaumann und Cowboystiefel oder Freizeitkleidung wie Turnschuhe weiterentwickelt und teilweise zu einer Idee von sportlicher Eleganz aufgelockert – was aber keineswegs heißt, dass alles erlaubt ist. Es gibt Regeln für die Männergarderobe, zum Beispiel einen weitverbreiteten Konsens über stimmige Farbkombinationen, über das Schneiderhandwerk, über die Frage, was ein guter Stoff ist und wann Stoffe und Kleidung einem Körper schmeicheln und wann nicht – auch bei funktionaler Kleidung.

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