RTL-Jahresrückblick: Til Schweiger offenbart Erinnerungslücken wie ...

8 Dez 2023

Til Schweiger irritiert bei seinem ersten TV-Auftritt nach den Gewaltvorwürfen. Er erklärt seinen Ausraster unter anderem damit, dass er Sternzeichen Schütze ist. Im Gedächtnis bleiben die Geschichten nicht-prominenter Menschen.

Til Schweiger - Figure 1
Foto STERN.de

Von Simone Deckner

Er kommt unerwartet früh, der Auftritt von Til Schweiger. "Menschen, Bilder, Emotionen", der RTL-Jahresrückblick ist da gerade mal knappe 45 Minuten alt. Es ist das erste Mal, dass Schweiger live im Fernsehen über die Vorwürfe spricht, er habe am Film-Set im Suff ein Teammitglied geschlagen und andere in einem "Klima von Angst" drangsaliert. Der "Spiegel" hatte im April berichtet. Schweiger zog sich danach aus der Öffentlichkeit zurück. Im Oktober meldet sich der Regisseur, Produzent und Schauspieler dann im stern mit einem Interview zurück und erklärte, er habe sich beim dem betroffenen Mitarbeiter entschuldigt und therapeutische Hilfe gesucht.

Steffen Hallaschka steigt sanft ein, spricht erst mal über Schweigers neuen Film ("Das Beste kommt noch"), geht dann aber fix ans Eingemachte: 2023, war das eher ein Superjahr oder Kackjahr? "Das Jahr fing bombastisch an und hatte dann einen kleinen Knick", sagt Schweiger. Er habe "die Geschichte" anfangs gar nicht ernst genommen, erklärt er. Vieles an den Vorwürfen stimme nicht: "Herrschsüchtig war ich noch nie. Ich habe noch nie meinem Macht missbraucht", verteidigt sich der 59-Jährige.

Til Schweiger: "Ich kann mich nicht erinnern"

Es sei aber doch wohl "unstrittig", so Hallaschka, dass er einen Mitarbeiter im betrunkenen Zustand geschlagen habe. Schweiger: "Erst mal: Ich kann mich nicht erinnern – aber unser Kanzler kann sich auch nicht erinnern" spielt Schweiger auf die (Nicht)-Aussage von Olaf Scholz in der Cum-Ex-Steuergeldaffäre an. Für diese Entschuldigung, die eigentlich keine ist, gibt es auch noch Applaus vom Publikum. Schweiger sagt, der Vorfall tue ihm "schrecklich leid" tut, er habe sich ja auch dafür entschuldigt. "Ich will das auch gar nicht relativieren", sagt er und tut dann genau das: "Ich habe ihm auch keine geballert, es war nicht geschlagen – aber man fasst jemanden nicht ins Gesicht", sagt er.

Er habe sich in der Nacht "im besoffenen Kopf" ausgesperrt aus seinem Hotelzimmer. "Ich habe randaliert in Unterhose und wollte die Tür auftreten." Das sei erstaunlicherweise nicht gelungen. Nach nur einer Stunde Schlaf sei er dann zum Set gehetzt ("Es war ordentlich Druck auf dem Kessel"), wo ihm dann der Mitarbeiter gesagt habe, er könne so nicht drehen. Dann eskalierte die Situation.

"Hast du rückblickend deinen Alkoholkonsum mal in Frage gestellt?", hakt Hallaschka nach. "Natürlich!", sagt Schweiger. Der Schlüsselmoment sei gewesen, als ihm ein Freund sein Instagram-Video vorgespielt hätte, auf dem er, sichtlich betrunken, den Erfolg des Manta-Films feierte. Danach sei ihm klar gewesen: "Jetzt ist Schluss! Ich will nicht mehr die Kontrolle verlieren." Er hätte es dabei belassen können aber Schweiger findet, er sei nun wirklich kein Einzelfall: „Es gibt auch Politiker, die die Kontrolle verlieren“. Auf die zeige aber keiner mit dem Finger.

Til Schweiger - Figure 2
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Er habe "noch nie jemanden extra ungerecht behandelt", beteuert der Filmstar und ist sich dann nicht zu schade ausgerechnet die Sterne, genauer: sein Sternzeichen, als Begründung für sein Verhalten vorzuschieben: "Habe ich jemanden verletzt und ungerecht behandelt? Ja, allein schon, weil ich Schütze bin. Schützen sagen immer das, was sie denken." Vermutlich stand der Mond auch im dritten Haus oder hatte schon Feierabend oder was sonst noch so für schlechte Vibes auf der Erde sorgt. 

Drag-Queen Olivia Jones ordnet das Gesagte dankenswerterweise sofort ein: "Das ist eine Erklärung, aber keine Entschuldigung. Man darf es gar nicht so weit kommen lassen wie Til: Die Dosis macht das Gift", erklärt sie und nutzt die Chance, um kurzerhand für ihre eigene Show beim Konkurrenzsender ProSieben zu werben: "Ich würde den gern mal zum Promibüßen einladen", sagt Jones.

Ratschen wie auf der Wohnzimmercouch

Neben ihr sitzen Koch Tim Mälzer (hat seit zehn Monaten keinen Alkohol angerührt), Reality-TV-Star Evelyn Burdecki und FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann um einen großen Tisch und ratschen über die Themen des Jahres. Das Setting kennt man aus amerikanischen Talkshows wie "The View", in denen Stars wie Whoopi Goldberg mit Kolleginnen über die spannendsten Themen der Woche sprechen. Es funktioniert auch hier erstaunlich gut. Tim Mälzer und Strack-Zimmermann kabbeln sich wie Heranwachsende, aber die streitlustige Politikerin offenbart auch, dass sie im Monat rund 100 Mal Anzeige erstattet gegen Trolle, die sie im Netz bedrohen: "Wir sind ja kein Freiwild!"

Evelyn Burdecki begräbt öffentlich ihre Hoffnung, dass sich ihre Promi-Freunde Amira und Oliver Pocher doch noch wieder vertragen ("Bei manchen Sachen sollte man sich nicht einmischen"), und Olivia Jones haut im Glitzerlook gewohnt pointiert Kommentare heraus wie: "Ich habe manchmal weniger Angst vor Künstlicher Intelligenz als vor menschlicher Dummheit." Tim Mälzer will eigentlich nicht über die AfD reden ("Das ist nicht mein Parkett"), tut es dann aber doch und vermutet, dass die Partei auch deshalb gerade so viel Zulauf habe, weil sie "klare Worte" benutzt. Diese Klarheit vermisse er bei viele Parteien, so der TV-Koch, macht aber unmissverständlich klar, wo er steht: "Man muss sich klar positionieren gegen diese rechte Suppe."

In Erinnerung bleiben aber vor allem die Geschichten der Nicht-Promis aus diesem Jahr: Die Frau, die 1850 Barbies gesammelt hat, auch das Modell mit einer Bein-Prothese. Der Arzt, der in einer dreistündigen Operation auf freiem Feld das Leben eines jungen Mannes rettete, der in einen Mähdrescher geraten war. Der Glückspilz, der von einem Baum direkt auf eine Eisenstange fiel und wie durch eine Wunder nahezu unverletzt blieb. Der Mann, der fast 14 Jahre unschuldig im Gefängnis saß und nun frei ist. Der Vater, dessen Frau an Krebs starb und er nun allein seine drei Kinder großzieht. 

Überlende des Hamas-Attentats spricht

Und dann ist da noch Dafna Gerstner. Sie hat das Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober überlebt, als sie gerade bei ihrer Familie zu Besuch war. Ihr Mann und sie harrten 19 Stunden in einem Schutzraum aus, ebenso wie ihr Vater. Ihr Bruder wurde von den Terroristen ermordet. "Es gibt kein Wort im Lexikon, das diesen Tag beschreiben kann. Es hat alles geändert für uns, für immer", sagt sie. Gerstner, deren Wahlheimat München ist, lebt bis heute in einer Hotelanlage mit den anderen Nachbarn in Israel. 400 Menschen, alle heimatlos und traumatisiert. Auch wenn es schwer ist im Moment, Dafna Gerstner hat die Hoffnung auf Frieden noch nicht aufgegeben.

Zum Schluss durfte dann noch mal ein Promi ran: Mick Jagger, einer den die Deutschen immer noch innig lieben. Er hatte zuvor gefühlt 25 Mal in einem Einspieler gesagt er sei "great" und freue sich auf "Menschen, Bilda, Emozioni" und den Steffen. Als der Steffen ihn dann aber fragt, ob es nicht manchmal auch eine ganz schöne Last ist, als 80-jähriger Mick Jagger immer noch den 30-Wildfang geben zu müssen, setzt der Rockstar ihn auf den Pott: "Sie gehen aber pessimistisch ans Leben heran", tadelte er ihn, "wie alt sind sie denn?" Dabei hatte Hallaschka, der 51 Jahre alt ist, zuvor in einem Interview doch noch erklärt: "Ich mag Kulturpessimismus nicht!" Sei's drum! Die Moderation erledigte der Mann, der einst beim Radio startete, mit sehr viel Fingerspitzengefühl – anders als im vergangenen Jahr, in dem sich Thomas Gottschalk und Ex-Außenminister Theodor zu Guttenberg als Moderatoren-Duo noch vergaloppierten. Aber mit 2023 ist es dann auch langsam gut.

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