Die Nacht in der Ukraine: Ministerium: Felder könnten nach ...

Staudamm Ukraine Kachowka

Nach der Explosion des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine rechnet das ukrainische Agrarministerium ersten Schätzungen zufolge mit der Überschwemmung von etwa 10.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche am nördlichen Ufer des Dnipro in der Region Cherson. Am südlichen Ufer, im russisch besetzten Gebiet werde ein Vielfaches dieser Fläche überflutet, teilte das Ministerium am Dienstagabend auf seiner Webseite mit. Detaillierte Informationen sollen demnach in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden, wenn sich das Ministerium ein genaues Bild von der Lage gemacht habe.

Zudem werde „die von Menschen verursachte Katastrophe die Wasserversorgung von 31 Feldbewässerungssystemen in den Regionen Dnipropetrowsk, Cherson und Saporischschja zum Erliegen bringen“, so das Ministerium. „Die Zerstörung des Wasserkraftwerks Kachowka wird dazu führen, dass sich die Felder im Süden der Ukraine bereits im nächsten Jahr in Wüsten verwandeln könnten“, hieß es weiter.

Während der Wasserstand am Mittwoch nach Angaben der russischen Besatzungsbehörden in der nahe dem Staudamm gelegenen Stadt Nowa Kachowka allmählich zurückging, stieg der Pegel des Dnipro in den Gebieten flussabwärts weiter an. Insbesondere im Viertel Korabel im westlichen Teil der Stadt Cherson ist die Lage nach Worten des stellvertretende Kabinettschefs des ukrainischen Präsidenten, Oleksij Kuleba, schwierig. Dort habe das Wasser einen Stand von 3,5 Metern erreicht, mehr als 1000 Häuser seien überflutet.

Selenskyj: Russland wird nur höheren Preis zahlen

Die Ukraine wird sich laut Präsident Wolodymyr Selenskyj auch durch die Explosion des Staudamms am Dnipro im Süden des Landes nicht an der Rückeroberung besetzter Gebiete hindern lassen. „Die von russischen Terroristen verursachte Katastrophe im Wasserkraftwerk Kachowka wird die Ukraine und die Ukrainer nicht aufhalten“, sagte Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videobotschaft.

Nach Darstellung Selenskyjs diente die Sprengung des Staudamms dazu, die ukrainische Gegenoffensive auszubremsen. „Wir werden trotzdem unser gesamtes Land befreien“, kündigte er an. Solche Attacken könnten Russlands Niederlage nicht verhindern, sondern führten nur dazu, dass Moskau am Ende einen höheren Schadenersatz zahlen müsse. Der ukrainische Generalstaatsanwalt habe sich bereits an den Internationalen Strafgerichtshof mit der Bitte um eine Untersuchung der Explosion gewandt.

Den Menschen in der Region sagte Selenskyj derweil Hilfe zu. Die Regierung tue alles, um Hochwasseropfer zu retten und die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, warf Russland ein „beispielloses Kriegsverbrechen“ vor.

Kiew und Moskau schieben sich vor UN-Sicherheitsrat Schuld zu

Vor dem UN-Sicherheitsrat in New York wiesen sich Kiew und Moskau gegenseitig die Schuld für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms zu. Der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kislizia sprach am Dienstag bei einer kurzfristig einberufenen Dringlichkeitssitzung von einem „Akt des ökologischen und technologischen Terrorismus“. Die Sprengung sei „ein weiteres Beispiel für den Völkermord Russlands an den Ukrainern.“ Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte dagegen, dass der Vorfall auf „vorsätzliche Sabotage Kiews“ zurückzuführen und wie ein Kriegsverbrechen einzuordnen sei. Der Staudamm sei für ein „unvorstellbares Verbrechen“ benutzt worden.

Moskau wirft Kiew Terroranschlag gegen Zivilisten vor

Kurz vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrat hatte bereits das russische Außenministerium die Ukraine beschuldigt, den Kachowka-Staudamm zerstört zu haben und seinerseits von Terrorismus gesprochen. „Der Vorfall ist ein Terroranschlag, der sich gegen zutiefst zivile Infrastruktur richtet“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung der Behörde. Russland habe die Sitzung des UN-Sicherheitsrats initiiert, um die von Kiew ausgelöste große „humanitäre und ökologische Katastrophe“ zu verurteilen.

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