Bundestag stimmt über Selbstbestimmungsgesetz ab

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Leichtere Änderung von Geschlechtseinträgen - Bundestag stimmt über Selbstbestimmungsgesetz ab

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Audio: rbb24 Inforadio | 12.04.2024 | Isabel Lerch | Bild: dpa/Kappeler

Wer bislang sein Geschlecht und den Vornamen im Pass umtragen lassen wollte, musste großen Aufwand betreiben und brauchte ärztliche Atteste. Die Ampel-Koalition will das ändern. CDU/CSU und AfD warnen dagegen vor Gefahren durch das neue Gesetz.

Der Bundestag entscheidet am Freitag in namentlicher Abstimmung über das Selbstbestimmungsgesetz. Es sieht Erleichterungen zur Änderung von Geschlechtseinträgen vor.

Künftig sollen Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen per Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern können. Die bisherige Pflicht, eine ärztliche Bescheinigung dafür vorzulegen, soll wegfallen. Die Regelung soll das seit 1981 geltende Transsexuellengesetz ablösen. Bisher müssen Betroffene für eine Änderung des Geschlechtseintrags zwei psychologische Gutachten einreichen.

Fragen und Antworten | Selbstbestimmungsgesetz - Was sind trans Menschen und warum bekommen sie ein neues Gesetz?

Das Bundeskabinett hat den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Es gibt viele Vorurteile zu dem Thema und viele offene Fragen. Wir versuchen, die wichtigsten zu beantworten. Von Naomi Donath

Queer-Beauftragter sieht "gezielte Desinformationskampagne"

Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, warb im Vorfeld für eine breite Zustimmung zu dem von der Koalition eingebrachten Selbstbestimmungsgesetz. Es sei ein überfälliges Gesetz, das "trotz einer sehr aufgeheizten Debatte und gezielten Desinformationskampagnen" aus der Breite der Gesellschaft große Unterstützung erfahre, sagte Lehmann der Deutschen Presse-Agentur.

Inzwischen hätten 15 Länder weltweit ein solches Gesetz und "gute Erfahrungen damit gemacht". Argentinien habe beispielsweise seit mehr als zehn Jahren ein Gesetz, das Transmenschen mehr Recht auf Selbstbestimmung einräume. "Ängste und Befürchtungen des Missbrauches, die bisweilen vorgebracht werden, sind dort nicht eingetreten", erklärte Lehmann.

"Das bis heute geltende Transsexuellengesetz verletzt die Würde des Menschen", kritisierte Lehmann. Es widerspreche auch dem Recht auf Selbstbestimmung, denn bisher würden fremde Menschen wie Richterinnen oder Therapeuten über das Schicksal und die Anerkennung von transgeschlechtlichen Menschen entscheiden.

Nach den aktuell geltenden Regeln müssen sich Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen, einem langwierigen und kostspieligen Verfahren unterziehen. Verbände, die die Rechte von Transmenschen vertreten, kritisieren das Prozedere seit Jahren als demütigend und begrüßen die neue Gesetzesinitiative.

trans Jugendliche und Selbstbestimmung - "Ich möchte richtig angesprochen werden"

Die Bundesregierung hat am Mittwoch den Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Damit könnten 14-Jährige ihren Vornamen und Geschlechtseintrag beim Standesamt ändern - wenn die Eltern zustimmen. Doch es gibt Kritik. Von Naomi Donath

CSU: "Ampel-Fraktionen haben sich verrannt"

Scharfe Kritik am geplanten Gesetz übten zuletzt dagegen AfD und Union. Sie befürchten, dass Geschlechtseinträge dadurch künftig willkürlich geändert werden könnten. Die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), sagte am Mittwoch in Berlin: "Die Ampel-Fraktionen haben sich mit diesem Gesetz verrannt und schießen über das Ziel hinaus." Nicht nur der Kinder- und Minderjährigenschutz werde sträflich missachtet: "Die Ampel schafft mit dem Selbstbestimmungsgesetz nun sogar ein echtes Sicherheitsrisiko."

"Ab November wird es möglich sein, seine Identität mit einer einfachen Erklärung vor dem Standesamt zu ändern und die Sicherheitsbehörden erfahren hiervon nichts", kritisierte Lindholz. "Beim Standesamt erfolgt keinerlei Abgleich mit anderen Datenbeständen, um einen Missbrauch auszuschließen." Mit einem neu ausgestellten Pass werde ermöglicht, an deutschen Flughäfen auszureisen, auch wenn die Betroffenen bereits auf Fahndungslisten geführt werden. Es gebe "keinerlei Missbrauchsschutz", bemängelte Lindholz.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.04.2024, 6 Uhr

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