Grünen-Chefin Ricarda Lang blamiert sich beim Thema Asylpolitik

24 Nov 2023
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Stand: 24.11.2023, 13:55 Uhr

Von: Nadja Zinsmeister

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Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang geriet in einem Interview über die Asylpolitik ordentlich ins Straucheln – bei einer verhältnismäßig einfachen Fragestellung.

Ricarda Lang - Figure 1
Foto Frankfurter Rundschau

Karlsruhe/München – Die Grünen-Chefin Ricarda Lang hat während eines Interviews mit dem Deutschlandfunk am Freitagvormittag scharfe Kritik des Journalisten einstecken müssen, nachdem sie sich auf eine Frage scheinbar verwirrt über die Migrationspolitik in Deutschland geäußert hatte. Lang wurde gefragt, wie die Bundesregierung die Zahl der Asylanträge reduzieren will. Das Thema Asyl soll auch Thema auf dem viertägigen Parteitag der Grünen sein, der am Donnerstagabend (23. November) in Karlsruhe begonnen hat.

Nachdem sich der Journalist Heinemann und die Grünen-Chefin zunächst über Probleme und Ziele der geplanten Klima-Maßnahmen in Deutschland diskutiert hatten, lenkte der Redakteur das Thema schließlich auf die Migrationsfrage. Wie der ARD-„Deutschlandtrend“ vom Oktober zeigte, ist ein Großteil der Bevölkerung unzufrieden mit der Flüchtlingspolitik. Rund 64 Prozent der Befragten sind mittlerweile der Meinung, die Bundesrepublik solle weniger Geflüchtete aufnehmen. Das Thema hat für zahlreiche Menschen inzwischen eine höhere Priorität als die Klimakrise.

Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang verrennt sich mit Ukraine-Aussage angesichts Asylpolitik in Deutschland

Grünen-Chefin Lang antwortete im Interview unter anderem auf die Frage, was man als derzeitiges Regierungsmitglied aus dem Wahlergebnis in den Niederlanden mitnehme. Dort hatte aufgrund der mitunter wachsenden Unzufriedenheit hinsichtlich der Asylpolitik der Rechtspopulist Geert Wilders die neuen Wahlen gewonnen. 

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, äußerte sich im Interview zu Migrationsfragen. Dabei unterlief ihr ein Fehler. (Archivbild) © M. Popow/IMAGO

„Ein Problem, das wir sehen in der Wahl der Niederlande, ist, dass wenn alle sich nur noch auf das Thema Migration fokussieren [...] und es zur Mutter aller Probleme macht, dann führt das zu einer gesellschaftlichen Stimmung, die unglaublich stark genutzt werden kann“. Sie fordere zwar nicht, Migrations-Probleme zu verschweigen, aber sich mehr auf die Lösung statt auf das Problem zu konzentrieren.

Moderator klärt Lang über Flüchtlinge aus dem Ukraine-Krieg auf: „Benötigen keinen Asylantrag“

Dann folgt Langs Fauxpass. „Stichwort Lösungsfindung – wann wird denn die Anzahl der Asylanträge in Deutschland sinken?“, fragt der Redakteur daraufhin. „Das kann ich Ihnen nicht ganz einfach sagen“, antwortet die Politikerin. Das hänge von der internationalen Situation ab. „Ein Beispiel: Die Ukraine, geht der Ukraine-Krieg weiter?“ – der Journalist unterbricht sie. „Das hat mit Asylanträgen nichts zu tun, wie Sie wissen“, entgegnet er im Gespräch.

„Nein, natürlich hat das was damit zu tun. Der Großteil der Menschen, der im letzten Jahr zu uns hergekommen ist, der kommt aus der Ukraine“, setzt Lang ihre Erklärung fort. Es sei das gute Recht der Ukrainer nach Deutschland zu kommen, wenn im eigenen Land „Bomben fallen“ und eine starke Leistung Deutschlands, sie aufzunehmen. Der Journalist unterbricht und verbessert sie erneut: „Die Menschen benötigen keinen Asylantrag. Frau Lang, um die ging es jetzt gar nicht.“

Grünen-Chefin Lang: Nach Asyl-Frage geht es aktuelle Situation in den Kommunen

Die Grünen-Chefin will sich anschließend verteidigen, kommt aber nicht mehr zu Wort. Es ist daher nicht deutlich, ob sie sich verbessern oder ihre Antwort in einen größeren Kontext einordnen wollte. Stattdessen lenkt der Redakteur das Thema auf die aktuelle Situation der Kommunen, deren starke Überlastung und die Frage, wie es weitergehe. „Wir haben ein Recht in Deutschland, das sagt, jeder Mensch hat das Recht einen Antrag zu stellen und das Recht auf eine Prüfung“, betont Lang. Nun arbeite man auf europäischer Ebene an einer besseren Verteilung.

Ricarda Lang im Interview über Asylpolitik: Grünen-Chefin steht wegen Parteitag stark unter Druck

Die Grünen-Chefin steht aktuell vor allem angesichts des Parteitags der Grünen stark unter Druck. Die zunächst am Donnerstagabend vorgesehenen Beratungen zum Thema Migration und Asyl auf dem Parteitag mussten wegen zentralen Themen wie der Haushaltspolitik auf Samstagabend vertagt werden. Nach zwei Jahren Regierungsbeteiligung der Grünen im Bund gibt es angesichts der bisherigen Kompromisse in der Migrations- und Klimaschutzpolitik deutlichen Unmut an der Parteibasis. Für die Grünen-Regierungsmitglieder geht es in Karlsruhe daher auch um den Rückhalt für die Regierungsarbeit.

Neben weiteren zentralen Inhalten wie dem Wahlprogramm für die Europawahlen 2024 wählten die insgesamt 825 Delegierten auf dem Parteitag außerdem die Führung der Bundespartei neu, die Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour traten erneut an. Die Grünen-Co-Vorsitzende Ricarda Lang wurde dabei mit 82,3 Prozent wiedergewählt, nachdem sie ohne Gegenkandidatin für den für Frauen reservierten Platz angetreten war. (nz mit dpa)

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