Eintracht Frankfurt ist plötzlich wieder Jäger

11 Mär 2024
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Stand: 11.03.2024, 18:18 Uhr

Von: Ingo Durstewitz

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Er zeigt es an, der Timmy Chandler: Doch Niels Nkounkou hat eine andere Idee als den Pass zum Kollegen, besser war sie nicht.

Er zeigt es an, der Timmy Chandler: Doch Niels Nkounkou hat eine andere Idee als den Pass zum Kollegen, besser war sie nicht. © IMAGO/Rene Schulz

Mit dem 2:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim scheint sich Eintracht Frankfurt stabilisiert zu haben und kann den Blick zumindest zaghaft weiter nach oben richten.

Zum Partycrasher hat es Niels Nkounkou nicht mehr geschafft, die Sause war ja schon im vollen Gange im dicht bevölkerten Waldstadion zu Frankfurt. Doch der Franzose hätte die nächste Eskalationsstufe zünden können, so schwer wäre es nicht gewesen in diesem einseitigen Spiel der Eintracht gegen Hoffenheim, das entschieden war. 3:1 stand es kurz vor Schluss, der Widerstand der auf neun Männeken dezimierten Sinsheimer war gebrochen. Und dann wechselte Eintracht-Trainer Dino Toppmöller auch noch zwei Ikonen ein, Methusalem Makoto Hasebe und Urgestein Timothy Chandler. Das Stadion bebte.

Als Niels Nkounkou kurz darauf mit großen Schritten durchs Mittelfeld pflügte, nahm das Brodeln im Rund zu, denn Timmy Chandler war ganz frei, im Vollsprint unterwegs Richtung des TSG-Tores, Nkounkou hätte den Ball nur in den Lauf passen müssen und der Frankfurter Bub hätte blank vor dem Kasten gestanden. Rein gemacht hätte er ihn eh, der Timmy, klar. Doch Nkounkou war offenbar in seinem eigenen Tunnel verschwunden, hakte ab nach links, und der Angriff versandete im Nichts. Nichts war es mit der Kirsche auf der Torte zum 125. Geburtstag.

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Eintracht Frankfurt: Götze spielt wie Götze

Doch auch so herrschte im Frankfurter Lager eitel Sonnenschein am Sonntagabend, der verdiente 3:1-Erfolg gegen die Kraichgauer war „Balsam für die Seele“, wie Torwart Kevin Trapp befand. Die Eintracht raffte sich zu ihrer besten Leistung in diesem Jahr auf, phasenweise spielte sie mitreißenden Fußball, schnell, wuchtig, draufgängerisch – und mit viel Tiefgang. Beinahe zwangsläufig mündeten viele Angriffe in brenzligen Situationen. „Wir hatten viele Abschlüsse, was uns in den letzten Wochen gefehlt hat“, bekundete Sportvorstand Markus Krösche. „Es war ein Schritt nach vorne.“

Natürlich muss man den Dreier richtig einordnen. Die Hoffenheimer spielten nach der Roten Karte gegen John Anthony Brooks 70 Minuten in Unterzahl, zudem ist die TSG ohnehin eine Mannschaft, die der Eintracht liegt. Sie versucht, selbst Fußball zu spielen, bietet daher Räume, die sie schwer verteidigen kann, weil die Verteidiger eher hüftsteif und nicht allzu behände sind; am Sonntag hatte die TSG zudem auf den Außen personelle Probleme. Alles wie gemacht für die Eintracht. Überbewerten sollte man den Erfolg daher nicht, aber ihn auch nicht geringschätzen.

Leistung gibt Eintracht Anlass zur Hoffnung

Die saubere Leistung kann der Eintracht einen Schub geben, gibt Anlass zur Hoffnung, dass das Team die Kurve bekommen und wieder eine andere Stabilität, eine andere Leistungskultur und ein anderes Spielvermögen in sich vereint hat. „Es sieht jeder, was in der Mannschaft steckt“, sagt Robin Koch, bald wieder Nationalspieler.

Auffallend: Offenbar hat sich in der Kabine eine Art Wagenburgmentalität entwickelt, nach dem Motto: Ihr da draußen, wir hier drinnen. Anders ist nicht zu erklären, dass einige Protagonisten offensiv betonten, dass sie sich in den öffentlichen Bewertungen nicht wiederfinden. Toppmöller findet, dass die herrschende Stimmung nicht mit dem sportlichen Abschneiden korrespondiert. „Wir haben uns in den letzten Wochen nicht so katastrophal gesehen“, sagte er und warf ein, dass die Eintracht in 2024 die fünftbeste Mannschaft stellt. „Auch wenn es sich manchmal nicht so angefühlt hat.“ Dabei entzündete sich die Kritik ja primär nicht an den Resultaten, sondern an der Art und Weise des Fußballs. Sei’s drum.

Interessant ist, dass die Rückserie so ziemlich ein Spiegelbild der ersten Saisonhälfte ist. Auch zu Beginn kam die Eintracht zunächst schwer in Fahrt, da entwickelte sich ein ähnlich zäher Fußball wie zuletzt. Und, noch eine überraschende Parallele: Auch damals stellte die Partie gegen Aufsteiger Heidenheim, ein schmuckloser 2:0-Heimsieg, den Wendepunkt dar. Es folgte ein souveräner 3:1-Auswärtserfolg in Hoffenheim. Und nun? Mühsames 2:1 in Heidenheim, gefolgt von der besten Darbietung in 2024: 3:1 gegen Hoffenheim. Duplizität der Ereignisse.

Eintracht Frankfurt: Punktausbeute wie in der Hinrunde

Auch die Punktausbeute gegen die bisher doppelt gespielten Kontrahenten ist identisch: 13 in der Hinrunde, 13 in der Rückserie. Das mag Zufall sein, kann aber, und das ist wahrscheinlicher, auch damit zusammenhängen, dass die Mannschaft nun wieder in ihrer besten Konstellation zusammen ist und die Spieler sich ihrer Topform nähern. So wie im alten Jahr nach einer Anlaufzeit.

Die Achse steht wieder, ganz hinten Torwart Kevin Trapp, davor Abwehrboss Robin Koch, ganz vorne das unwiderstehliche Powerbündel Omar Marmoush, dahinter ein brillanter Mario Götze – und in der Mitte die Stützpfeiler Ellyes Skhiri und Hugo Larsson. Gerade dieses Tandem war lange Zeit gesprengt, erst Skhiri beim Afrika-Cup, dann Larsson verletzt. Jetzt sind sie vereint. Wie wichtig die beiden für die Mannschaft sind, hat man am Sonntag gesehen. „Wir haben unsere alte Zentrale zurück“, sagt Sportchef Krösche. „Mit ihnen haben wir mehr Stabilität und Struktur; es ist einfacher, in die Tiefe zu spielen.“

Den sechsten Platz hat die Eintracht mit ihrem 40. Punkt (genauso viele wie vor einem Jahr unter Oliver Glasner) gefestigt, sieben Punkte Polster auf Hoffenheim. Geht da vielleicht sogar noch mehr? Eine Frage, über die Sportboss Krösche lachen muss. Klar, klingt ja auch absurd: Gestern noch Krisenmodus, heute Jäger der Champions-League-Klubs. Es zeigt aber die Schnelllebigkeit des Geschäfts. Ein Angriff auf Leipzig (sechs Punkte vorne) und Dortmund (sieben) scheint vermessen, weil die Leistungen zu schwankend sind und noch alle Topklubs warten. Andererseits hat die Eintracht gegen die Spitzenmannschaften meistens gut ausgesehen, deren aktivere Spielweise kommt ihr entgegen.

Am Sonntag geht es zum BVB. Die Herangehensweise ist, wie Krösche bedeutet, ganz klar: „Wir fahren nach Dortmund, um zu gewinnen.“ Er sagt es einfach so, nicht als Kampfansage.

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